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Unsere Kunden sind der Grund, weshalb Marken mit uns arbeiten

Auf einen Kaffee mit…. Michael Kliger. Der Mytheresa-CEO über seine Pläne nach dem Börsengang, den Markt für Luxury online und warum Kuratierung eine gute Alternative zum Plattformgeschäft ist.

Sie haben beim Börsengang über 400 Millionen Dollar eingesammelt. Ein Gutteil geht in Altschulden, etwa 100 Millionen bleiben übrig, die Sie jetzt investieren können. Was macht Mytheresa mit dem vielen Geld?

Das Wichtigste für mich ist, dass wir jetzt schuldenfrei sind. Wir sind in einer hervorragenden Situation. Unser Geschäft boomt. Wie sich die Gesamtwirtschaft in den nächsten zwölf Monaten entwickelt, ist aber ein bisschen schwieriger zu beurteilen. Da ist es immer gut, eine saubere Bilanz zu haben und nicht auf Kredite angewiesen zu sein. Das zusätzliche Kapital es sind um die 100 Millionen werden wir nun einsetzen, um unser Wachstum zu unterstützen. Der Online-Luxusmarkt wird sich auf Sicht im Volumen verdreifachen. In einer Branche mit so viel Rückenwind zu operieren, ist natürlich toll. Aber wir müssen dann auch fortlaufend investieren in die Infrastruktur, die Logistik, die Kommunikation. Zum Zweiten wollen wir das Geld nutzen, um unsere Bekanntheit außerhalb Europas zu stärken.

Opening Bell an der New Yorker Börse: Michael Kliger, Isabel May, Sebastian Dietzmann, Gareth Locke und Martin Beer feierten in München mit.

Warum sollen die Kunden in Seoul, Shanghai oder Los Angeles bei einer Münchner Online-Boutique einkaufen? Was bekommen sie bei Mytheresa, was es dort vor Ort nicht gibt?

Das sind keine anderen Gründe als in Europa und in Deutschland. Mytheresa ist eine kuratierte Plattform. Unser Einkauf editiert aus dem Angebot der Top-Marken die besten Styles und Looks. Und da wir mit vielen Partnern intensiv zusammenarbeiten, sind wir auch in der Lage, exklusive Kollektionen aufzulegen. Wir sprechen eine globale Zielgruppe an. Was wir schaffen müssen, ist Bekanntheit zu generieren und Vertrauen aufzubauen.

Wenn Sie von Kuratierung sprechen: Dass Kering und Moncler auch bei ihren Online-Partnern auf Concessions drängen, kann Ihnen dann ja nicht gefallen. Denn das konterkariert Ihr Konzept. Sie sprachen neulich schon einmal davon, dass nicht überall die gleiche Soße sein sollte. Wie wollen Sie das verhindern, wenn die Brands über das Angebot entscheiden?

Kuratierung ist der Grund, weshalb unsere Kunden zu uns kommen. Und unsere Kunden sind der Grund, weshalb Marken mit uns zusammenarbeiten. In den aktuellen Diskussionen geht es im Kern um die Frage: Was bringt ihr mit zur Party? Eine Zusammenarbeit, nur um 1000 Taschen mehr zu verkaufen, das war für Luxury Brands noch nie das Thema. Denen ist die Qualität der Distribution wichtig, und da fühlen wir uns im Hinblick auf Präsentation und Kommunikation und auch, was das Thema Fullprice angeht, sehr gut aufgestellt. Wir bringen den Brands eine Kundenbasis, die sie sonst nicht sehen würden.

Unser Ansatz ist beim IPO honoriert worden. Wir sind als Wholesaler angetreten, und unsere Investoren fanden das gut. Wenn Online-Luxus in vier, fünf Jahren ein 110 Milliarden-Markt sein wird, dann wird es nicht nur ein Modell geben.

Auf der Highstreet sind die Eickhoffs dieser Welt auch von den Monolabelstores der Marken verdrängt worden. Wird das am Ende im Netz nicht auch passieren?

Man kann sicherlich bei vielem die Analogie zum stationären Handel ziehen. Es ist nur so, dass bestimmte Kunden den Multibrand-Ansatz einfach schätzen. Auch wenn es im Zusammenhang mit Luxus im ersten Moment komisch klingt: Ein wesentliches Nutzenversprechen und Treiber unseres Multilabel-Modells ist Effizienz. Unsere Kunden sind auch deswegen online, weil sie nicht die Zeit haben oder opfern möchten, auf der Highstreet unterwegs zu sein. Und sie wollen auch nicht in fünf verschiedenen Marken-Webshops nach dem schönsten Cashmere-Sweater suchen. Sondern sie besuchen lieber eine Adresse, die einen bestimmten Stil verkörpert, mit dem sie sich identifizieren können.

Über 400 Millionen Dollar hat der Börsengang eingebracht. Mytheresa ist damit rund 3 Mrd. Dollar wert.

Schließen Sie denn aus, dass Mytheresa eines Tages ein Marketplace-Modell einführt? Die Analysten, die seit Ihrem Börsengang ja ein Stück weit mitreden, stehen bekanntlich auf dieses Geschäftsmodell. Farfetch hat seinen Börsenwert in 2020 verfünffacht.

Ich schließe grundsätzlich gar nichts aus. Wir denken immer darüber nach, wie man etwas noch besser machen kann. Marktplatz ist super für bestimmte Kunden, und Kuratierung ist super für andere Kunden. Unser Ansatz ist beim IPO honoriert worden. Wir sind als Wholesaler angetreten, und unsere Investoren fanden das gut. Wenn Online-Luxus in vier, fünf Jahren ein 110 Milliarden-Markt sein wird, dann wird es nicht nur ein Modell geben. Unsere Maxime ist, so eng wie möglich mit den Markenpartnern zusammenzuarbeiten, und nicht, sie als Konkurrent zu sehen.

Mytheresa verkauft seit dem vergangen Jahr auch Menswear. Im Dezember hatte die bereits einen Umsatzanteil von 10 Prozent. Am Markt macht die Männermode aber gut 30% aus. Wann sind Sie soweit?

Mit 10 Prozent liegen wir nach so kurzer Zeit bereits über unseren eigenen Erwartungen. Natürlich soll das weiter wachsen. Wir könnten nun irgendeine Prozentzahl in eine Präsentation schreiben, aber das ist nicht zielführend. Unser Bestreben ist es vielmehr, ein Angebot zu kreieren, das es in dieser Form nicht gibt. Das eben keine Kopie von Mr. Porter oder Matches ist. Das Wachstum wird kommen, wenn wir unseren Job gut machen.

Wir wollen im Lifestyle unserer Kunden noch relevanter werden. Beauty oder Home oder Sports gehören dazu.

Und wann kommt Beauty?

Wir wollen im Lifestyle unserer Kunden noch relevanter werden. Beauty oder Home oder Sports gehören dazu. Aber wenn wir unser Angebot erweitern, dann muss es auch gut werden. Deshalb haben wir uns auch bei der Menswear Zeit gelassen. Und bei Beauty reden wir schon nochmal über andere Anforderungen. Ich schließe das also nicht aus.

Wie steht der Kurs heute Früh?

Da erwischen Sie mich auf dem falschen Fuß.

Meine Frage zielt natürlich darauf ab, inwieweit die Börse jetzt Ihr Tagesgeschäft tangiert.

Es ist uns sehr wichtig, dass unsere Aktionäre zufrieden sind mit ihrem Investment. Was nicht ganz so wichtig ist, ob der Kurs nun gestern oder heute hoch oder runter ging. Der Nachweis eines erfolgreichen Investments ergibt sich über Monate und Jahre. Natürlich soll und wird unser Kurs sich positiv entwickeln. Aber das soll unser Tagesgeschäft nicht beeinflussen.

Wie hat sich Ihre Arbeit für Sie persönlich und auch für Ihr Team durch den Börsengang verändert? Was bedeutet die ständige Bewertung für die Organisation und Entscheidungsprozesse im Unternehmen, was für die Kultur?

Die im Januar 2020 gelaunchte Menswear spielte im Dezember bereits 10 Prozent des Mytheresa-Umsatzes ein.

Natürlich verändert das going public etwas. Darauf haben wir unser Team auch gut vorbereitet. Wir haben finanzielle Stabilität gewonnen. Wir haben als unabhängiges Unternehmen jetzt mehr strategische Optionen als vorher. Wir haben eine erstklassige Governance. Aber wir arbeiten mit anderer Leute Geld. Dazu gehört Berechenbarkeit, Transparenz und Compliance. Wir müssen uns an Regeln und Prozesse halten, die der Finanzmarkt uns teilweise vorgibt. Manches kann man als bürokratisch empfinden. Ich sage immer: Das ist zum eigenen Schutz. Für den Einkäufer, den Mitarbeiter in der Logistik, den Kreativen ändert sich, denke ich, nicht wirklich etwas. Das, was uns erfolgreich gemacht hat, soll weiter gelten. Wir wollen auch künftig ein hochdynamisches, wachstumsstarkes und schnell reagierendes Unternehmen sein.

Wieviele Interviews haben Sie dieses Jahr schon gegeben?

Das weiß ich gar nicht. Viele.

Der Umgang mit Öffentlichkeit ist auch etwas, das sich ändert.

Ich war auch vorher kein Schweigemönch. Natürlich haben wir nun bestimmte Regeln, was die quiet period angeht. Aber wir wollen mit unseren Partnern, die uns als kleines Münchner Unternehmen über all die Jahre begleitet haben, weiterhin möglichst unkompliziert umgehen.

Gute Arbeit soll sich auszahlen. Aber erst kommt die Arbeit!

Wie bewerten Sie das Wettbewerbsumfeld von Mytheresa? Auf welche Player schauen Sie besonders?

Ich schaue wenig auf den Wettbewerb. Wenn Du Dich nur am Wettbewerb orientierst, dann kannst Du maximal so gut sein wie die anderen, und wir wollen besser sein. In einem Markt, der sich verdreifacht, muss ich anderen nicht zwingend Marktanteile abnehmen. Sondern ich muss zusehen, dass ich selbst erstmal das meiste richtig mache.

Sie persönlich haben auch profitiert vom Börsengang und könnten sich zur Ruhe setzen. Was motiviert Sie, weiterzumachen?

Ich bin wie viele in unserem Führungskreis beteiligt am Unternehmen, das stimmt. Aber das Geld, das ja auch nur auf dem Papier steht, ist nicht meine Motivation. Mir ging es in den vergangenen sechs Jahren darum, Mytheresa platt gesprochen auf die Landkarte zu setzen. Mytheresa ist heute ein anerkannter und führender Spieler im globalen Luxusmarkt. Das ist für ein Unternehmen, das mal als Boutique in München gestartet ist, erstmal eine tolle Sache und war so nicht vorgezeichnet, als Susanne und Christoph Botschen 1987 ihren Laden eröffneten. Wir haben noch viel vor und zum Glück auch noch viele Möglichkeiten. Hieraus beziehe ich meine Motivation. Da kommen dann am Ende bestimmt auch super Zahlen dabei heraus, ein super Umsatz, super Gewinne und dann ein super Aktienkurs. Die gute Arbeit soll sich auszahlen. Aber erst kommt die Arbeit!

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