Heidenreich e

“Mode bedeutet mir gar nichts”

Auf einen Kaffee mit... Elke Heidenreich. Die Schriftstellerin, Moderatorin und Literaturkritikerin hat mit Mode nichts am Hut. Und doch ein Buch über Kleidung geschrieben.

Auf den ers­ten Blick über­rascht es, dass Sie ein Buch über Mode schrei­ben. Wie kamen Sie auf die Idee?

Irr­tum. Es ist kein Buch über Mode, son­dern dar­über, was Klei­dung mit uns Men­schen macht.

Beim Lesen des Buchs wird deut­lich, dass Mode Sie tat­säch­lich Ihr gan­zes Leben beglei­tet und Sie sich auch inten­siv damit beschäf­ti­gen. Was bedeu­tet Mode für Sie?

Mode bedeu­tet mir gar nichts. Mich inter­es­sie­ren die Erin­ne­run­gen und Erleb­nis­se, die wir mit bestimm­ten Kla­mot­ten ver­bin­den.

War­um ist es nicht egal, was wir tra­gen?

Weil Klei­dung mit uns zu tun hat, unse­ren Stil aus­drückt, etwas über uns aus­sagt.

Hat sich im Lau­fe der Jah­re Ihre Ori­en­tie­rung an Mode­trends ver­än­dert?

Mode inter­es­siert mich nicht und ich bin noch nie irgend­wel­chen Trends nach­ge­lau­fen.

In einem Kapi­tel schrei­ben Sie im Ver­gleich mit Ihrer Mut­ter und Tan­te, dass man Stil nicht ler­nen kann. Man hat ihn oder hat ihn nicht. Wie defi­nie­ren Sie Stil?

Man muss ein Gefühl für die eige­ne Per­son haben, wis­sen, ob man eher der sport­li­che, der ele­gan­te, der weib­li­che, der bur­schi­ko­se Typ ist. Wenn man da sicher ist, ist es schon – fast! – Stil. Aber es gehört mehr dazu, das stimmt.

Haben Sie jemals ein Stil­vor­bild gehabt?

Nein.  Mir gefal­len Men­schen, die ihren Stil gefun­den haben, zum Bei­spiel Fri­da Kahlo oder Coco Cha­nel, über die ich ja auch schrei­be. Da stimmt alles. Aber des­halb muss es nicht auch für mich stim­men.

Der Kamel­haar­man­tel ist nicht nur Titel Ihres Buches, son­dern bekommt sogar ein gan­zes Kapi­tel gewid­met, in dem Sie schrei­ben, dass er ein für alle­mal von der Bild­flä­che ver­schwin­den soll­te. Was sagen Sie dazu, dass Camel gera­de wie­der schwer im Trend ist?

Die Geschich­te „Män­ner in Kamel­haar­män­teln“, die dem Buch den Titel gibt, ist eine Lie­bes­er­klä­rung an mei­nen toten Vater, der Kamel­haar­män­tel sehr läs­sig trug. Die engen tail­lier­ten, knie­kur­zen Män­tel­chen, die heu­te getra­gen wer­den, haben kei­ne läs­si­ge Ele­ganz. Das ist etwas zu bie­der.

In einem Kapi­tel schimp­fen Sie über den Hoodie…in letz­ter Zeit waren klo­bi­ge Snea­k­er, über­gro­ße Dau­nen­ja­cken und XXL-Sweat­shirts mit gro­ßen Let­tern im Luxus­markt die Umsatz­trei­ber, alle­samt The­men, die auf den ers­ten Blick nicht gera­de geschmacks­si­cher sind. Kön­nen Sie die­se Trends nach­voll­zie­hen, und was hal­ten Sie davon?

Ich sehe, dass das ange­sagt ist, ist aber nicht mein Fall. Und Kapu­zen­pull­over für drau­ßen sind sinn­voll, war­um man sie aber im Thea­ter trägt? Kei­ne Ahnung.

Was sagen Sie dazu, dass Kin­der heu­te häu­fig den­sel­ben Look tra­gen wie Ihre Eltern und umge­kehrt?

Das ist mir noch nie auf­ge­fal­len.

Gibt es etwas, was Sie der Mode­bran­che schon immer mal ger­ne sagen woll­ten?

Nein. Das ist nicht mein The­ma.

Inter­view: Sabi­ne Spie­ler.

“Wir ver­ges­sen die Namen, die Geschich­ten, aber fast nie ver­ges­sen wir die Klei­der.” In “Män­ner in Kamel­haar­män­teln” befasst sich Elke Hei­den­reich mit der schöns­ten Neben­sa­che der Welt. Wenn sie von Klei­dern erzählt, dann erzählt sie vom Leben selbst: von sich mit 16, von Freun­din­nen und Freun­den, von Lie­be und Tren­nung. Geschich­ten, komisch und trau­rig, in denen jeder sich wie­der­erkennt.