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Karl Albrecht ist tot – die Aldisierung bleibt

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Mit Karl Albrecht starb in der ver­gan­ge­nen Woche nicht nur der reichs­te Deut­sche. Son­dern auch einer der größ­ten deut­schen Tex­til­ein­zel­händ­ler. Die TW schätzt den Tex­til-Umsatz von Aldi für 2012 auf 983 Mil­lio­nen Euro, Nord und Süd zusam­men, so genau weiß das außer­halb von Essen und Mül­heim aber kei­ner. Das ist zwar nur ein Bruch­teil des Waren­vo­lu­mens, das in den über 4000 Aldi-Märk­ten ins­ge­samt über die Kas­sen geht, aber es reicht für Platz 10 im Umsatz­ran­king der größ­ten deut­schen Tex­til­ein­zel­händ­ler. Wo mit Lidl, Ten­gel­mann und Tchi­bo drei wei­te­re ori­gi­nä­re Lebens­mit­tel­händ­ler ver­tre­ten sind.

Die­se, das ver­gisst man ger­ne, haben sich in den ver­gan­ge­nen zwei Jahr­zehn­ten ein Rie­sen-Stück aus dem Tex­til­markt geschnit­ten. Die Aldi­sie­rung hat den Wett­be­werb min­des­tens so sehr ver­än­dert wie die Ver­ti­ka­li­sie­rung oder die Inter­na­tio­na­li­sie­rung. In den 80er Jah­ren lag der Markt­an­teil der Lebens­mit­t­ler noch unter 2 Pro­zent, heu­te dürf­te er deut­lich über 10 Pro­zent lie­gen.

Für die Food-Leu­te sind Tex­ti­li­en ein lukra­ti­ves Neben­ge­schäft. Mit Pos­ten und Akti­ons­wa­re set­zen sie High­lights in ihren Sor­ti­men­ten, die Fre­quenz und Span­ne und – ger­ne mit Mar­ken­wa­re vom Grau­markt – Publi­ci­ty brin­gen. Gleich­zei­tig mischen sie erfolg­reich bei Basics mit. Durch die Kon­zen­tra­ti­on auf weni­ge Arti­kel kom­men sie auf enor­me Stück­zah­len und kon­kur­renz­los güns­ti­ge Prei­se. So haben die Dis­coun­ter einen Gut­teil des eins­ti­gen Brot-und-But­ter-Geschäfts des Fach­han­dels über­nom­men – Strümp­fe, Unter­wä­sche, Kin­der­be­klei­dung. Bedarfs­ar­ti­kel, die frü­her nicht zuletzt auch Fre­quenz in die Läden gebracht haben. Mit ihren the­men- und anlass­be­zo­ge­nen Aktio­nen mischen die ubi­qui­tä­ren Filia­lis­ten zudem regel­mä­ßig das sai­so­na­le Geschäft gan­zer Bran­chen auf. In den Wochen, in denen Tchi­bo und Aldi ihre Ski­be­klei­dung in den Markt drü­cken, könn­te der Sport­fach­han­del geschlos­sen Betriebs­fe­ri­en aus­ru­fen. Und schließ­lich haben die Lebens­mit­tel­händ­ler die Preis­wahr­neh­mung der Kon­su­men­ten und damit das Preis­ge­fü­ge am Markt mas­siv ver­än­dert. War­um 39 Euro für eine Strumpf­ho­se hin­le­gen, wenn man sie auch für 2,99 Euro an der Super­markt­kas­se bekommt.

Die Zeit des stür­mi­schen Non­food-Wachs­tums ist gleich­wohl  vor­bei. Alle sind sie auf den Zug auf­ge­sprun­gen, die Spon­tan­kauf-Kon­zep­te haben sich teil­wei­se tot­ge­lau­fen, Bedarfs­käu­fer wan­dern ins Inter­net ab. Die Non­food-Sor­ti­men­te zäh­len bei den Super­märk­ten und SB-Waren­häu­sern heu­te nicht sel­ten zu den Sor­gen­kin­dern. Dies frei­lich immer noch auf hohem Umsatz­ni­veau.

Der Mode­han­del hat zugleich vom Aldi-Dis­count gelernt. Die Albrechts gehö­ren erklär­ter­ma­ßen zu den Vor­bil­dern von Kik-Grün­der Ste­fan Hei­nig. Er hat deren Prin­zi­pi­en zugleich nur halb­her­zig adap­tiert. Denn der güns­ti­ge Preis ist bei Aldi nur ein Erfolgs­fak­tor. Der ande­re ist Qua­li­tät. Aldi-Kun­den wis­sen, dass Sie das Bes­te für weni­ges Geld bekom­men. Bei Kik geht es dage­gen aus­schließ­lich um den nied­rigs­ten Preis – alle ande­ren Fak­to­ren, die gera­de im Mode­han­del ein Ange­bot aus­ma­chen – die anre­gen­de Prä­sen­ta­ti­on, gute Bera­tung, Nach­hal­tig­keit, Stil, Pass­form und Halt­bar­keit der Pro­duk­te – ord­nen sich dem Bil­lig-Pri­mat unter. So ist Kik bis heu­te ein Unter­schich­ten-For­mat geblie­ben, wäh­rend auf dem Aldi-Park­platz Cham­pa­gner in Cayennes ver­la­den wird.

Das Unter­neh­men lebt, wie man gera­de wie­der nach­le­sen konn­te, gut davon. Den­noch ist die von die­ser Art des Tex­til-Dis­counts kul­ti­vier­te Armuts-Ästhe­tik eine Schwach­stel­le. Die Pro­fi­lie­rungs-Chan­cen für neue Wett­be­wer­ber eröff­net. Über eine bes­se­re Qua­li­tät von Ware und Prä­sen­ta­ti­on. Und über sau­be­re Geschäf­te: Da bekommt KiK im Netz regel­mä­ßig sein Fett weg.

Was pas­siert, wenn mehr oder weni­ger Waf­fen­gleich­heit beim Preis herrscht, zeigt sich auch in ande­ren Bran­chen: Schle­cker war lan­ge Zeit der Markt­füh­rer im Dro­ge­rie­han­del. Doch wer in sei­ner Nach­bar­schaft die Wahl zwi­schen Schle­cker und dm hat­te, wird immer zu dm gegan­gen sein. Inzwi­schen ist die Sache ent­schie­den.

Mit Pri­mark ist ein mäch­ti­ger Mit­be­wer­ber auf­ge­taucht, der die Vor­tei­le des Dis­counts im Hin­blick auf güns­ti­ge Prei­se mit modi­scher Aktua­li­tät ver­knüpft und eta­blier­te For­ma­te wie C&A alt aus­se­hen lässt. Nicht zuletzt der Vor­marsch der Iren dürf­te die Brenn­inkmey­ers ver­an­lasst haben, ihr Store-Kon­zept zu modi­fi­zie­ren. In Düs­sel­dorf, wo Pri­mark und C&A an der Scha­dow­stra­ße prak­tisch gegen­über­lie­gen, ist das sehr schön zu sehen. Auch bei Kik läuft gegen­wär­tig ein groß­an­ge­leg­tes Moder­ni­sie­rungs­pro­gramm. Pri­mark hat das Zeug zum Cate­go­ry Kil­ler, ins­be­son­de­re dort, wo die preis­ori­en­tier­ten Kun­den ein­kau­fen. Hin­ter dem iri­schen Mode­dis­coun­ter steht bezeich­nen­der­wei­se eben­falls ein Lebens­mit­tel­händ­ler.

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Heu­te stellt Pro­fa­shio­nals auf Som­mer­zeit um. Muss auch mal sein. In vier Wochen gibt es wie­der das vol­le Pro­gramm. Ich wün­sche eine schö­ne Urlaubs­zeit!

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