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Frankfurt Fashion Weak

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Jür­gen Mül­ler

Die Show am Sonn­tag in der Bör­se war wahr­schein­lich ein Höhe­punkt im Desi­gner­le­ben von René Storck. Und obwohl die Mode­wo­che noch bis über­mor­gen läuft, dürf­te die­ses Ope­ning auch gleich der Höhe­punkt der Frank­furt Fashion Week gewe­sen sein. Zwar muss­te sich Storck vom Spie­gel vor­hal­ten las­sen, dass Dem­na mit sei­ner Balen­cia­ga-Show in der New Yor­ker Stock Exch­an­ge vor ein paar Wochen die­sel­be Idee hat­te (was im Zwei­fel ja auch für den Frank­fur­ter Krea­ti­ven  spricht). Aber hey – René Storck hat dem Spie­gel ein Inter­view gege­ben!

Was danach kam, taug­te nur noch für die BILD-Zei­tung. Bei Samu­el Gärt­ners Show über den Eiser­nen Steg ging es vor allem um Gina-Lisa Loh­finks gelif­te­ten Po und ihre absurd auf­ge­pump­ten „brand­neu­en Brüs­te” – „Körb­chen­grö­ße F“, wie der BILD-Repor­ter mit Ken­ner­blick fest­stell­te. Peter Feld­mann ließ sich trotz selbst auf­er­leg­ter öffent­li­cher Aus­zeit beim Ope­ning bli­cken. Er sei als Pri­vat­mann gekom­men und nicht in sei­ner Funk­ti­on als Stadt­ober­haupt, so sein Spre­cher gegen­über BILD. Nicht über­lie­fert ist, ob „Deutsch­lands pein­lichs­ter Bür­ger­meis­ter“ vom Mode­zir­kus erneut „hor­mo­nell außer Gefecht gesetzt“ wur­de wie zuletzt beim Anblick der Ste­war­des­sen auf dem Sevil­la-Flug der Ein­tracht.

Wenn man das alles so liest, bereut man nicht, nicht nach Frank­furt gereist zu sein. Anja Gockel gehör­te zu den weni­gen Pro­fis, die dort ihre Kol­lek­ti­on zeig­ten. Ihre Fir­ma sitzt in der Nach­bar­schaft, in Mainz. Albrecht Ollen­diek war ein wei­te­rer Lokal­ma­ta­dor, von dem man jen­seits des Mains schon mal gehört hat. Busi­ness­mä­ßig war das alles nicht rele­vant, abge­se­hen von ein wenig PR. Für die Frank­fur­ter All­ge­mei­ne nahm eine Kol­le­gin aus der Lokal­re­dak­ti­on in der Front­row Platz. FAZ-Mode­chef Alfons Kai­ser zog es vor, nach Mai­land zu rei­sen. Da waren die Män­ner­schau­en.

„Mode ist auch politisch“, zitiert der Stern die Frankfurter Wirtschaftsdezernentin. Mag sein. Aber die Politik versteht leider nicht allzu viel von Mode.

Man hat­te es so kom­men sehen. Nach der Ber­lin-Ent­schei­dung der Pre­mi­um haben die Frank­fur­ter trot­zig an ihren Fashion Week-Plä­nen fest­ge­hal­ten. Die Wirt­schafts­för­de­rung über­nahm die Regie. „Mode ist auch poli­tisch“, zitiert der Stern die Frank­fur­ter Wirt­schafts­de­zer­nen­tin. Mag sein. Aber die Poli­tik ver­steht lei­der nicht all­zu viel von Mode.

Neben Stand­ort­wer­bung mag es auch dar­um gegan­gen sein, einen irgend­wie gla­mou­rö­sen Rah­men für die Mes­se Frank­furt zu schaf­fen. Die ver­leg­te gleich drei Top-Ver­an­stal­tun­gen – die Texpro­cess, die Tech­tex­til und ein eigens kre­iertes Sum­mer Spe­cial der Heim­tex – in die­se Woche. Aber die­se inter­na­tio­na­len Leit­mes­sen für Home & Living, für Tex­til­ma­schi­nen und für tech­ni­sche Tex­ti­li­en brau­chen kei­ne Gar­ni­tur, jeden­falls nicht so eine. Wie­vie­le Mes­se­be­su­cher haben sich wohl auf dem „Fashion Kids DIY Upcy­cling Work­shop“ im Hes­sen Cen­ter bli­cken las­sen? Oder in der Leder­hand­schuh­ma­nu­fak­tur von Eve­lyn Too­mis­tu? Oder auf der „Cat­walk only for birds and dogs“-Performance im Myzeil?

Die heu­te star­ten­de Neonyt – in Ber­lin einst eine auf­stre­ben­de Fach­mes­se für sus­tainable fashion – wird in Frank­furt zum Ein­kaufs­markt für End­ver­brau­cher. Auf den Panels des Neonyt Lab erzäh­len sich zahl­rei­che Exper­ten gegen­sei­tig, dass Nach­hal­tig­keit wich­tig ist. Und eben­falls die­se Woche roll­te der ehe­ma­li­ge Neonyt-Macher Thi­mo Schwenz­fei­er an neu­er Wir­kungs­stät­te in Ber­lin den roten, par­don: grü­nen Tep­pich beim Gre­en­tech Fes­ti­val aus. Dort erhielt Die­sel-Grün­der Ren­zo Rosso übri­gens einen Spe­cial Pri­ce für Sus­taina­bi­li­ty. Eine schö­ne Poin­te nach über 40 Jah­ren in der bekann­ter­ma­ßen öko­lo­gisch beson­ders bedenk­li­chen Den­im-Ver­ar­bei­tung. Aber ich schwei­fe ab…

All das ist – gelin­de gesagt – sub­op­ti­mal. Jeden­falls aus Sicht der Mode­bran­che. Wenn die Ban­ken­stadt Frank­furt sich ein wenig Glit­zer gön­nen möch­te – geschenkt. Aber wenn es aus einer Busi­ness­per­spek­ti­ve dar­um gin­ge, Mode aus Deutsch­land kom­mu­ni­ka­tiv zu mehr Durch­schlags­kraft zu ver­hel­fen, dann wäre es sinn­voll, die Kräf­te zu bün­deln. Ört­lich und zeit­lich. Nichts gegen die Frank­fur­ter Krea­tiv­sze­ne. Aber am Main gibt es sicher bes­se­re Ver­wen­dungs­mög­lich­kei­ten für Steu­er­gel­der als eine Fashion Week.