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Fashion-Demo in New York. KadeWe-Promo in Berlin.

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Jür­gen Mül­ler

Frei­tag, 6. Sep­tem­ber. Die New York Fashion Week eröff­ne­te mit einer ganz beson­de­ren Show – über acht Häu­ser­blocks vom Herald Squa­re zum Bryant Park. Als gin­ge es dar­um zu demons­trie­ren, dass Mode nicht mehr vom Lauf­steg, son­dern von der Stra­ße kommt, was ja kei­ne ganz neue Erkennt­nis gewe­sen wäre. Aber bei die­sem Ope­ning zeig­ten die Mode­ma­cher kei­ne Pro­duk­te, son­dern sich selbst. Unge­fähr 1000 Pro­fis war­fen sich in “Fashion for Our Future”-Shirts, dar­un­ter Bran­chen­grö­ßen wie Micha­el Kors und Thom Brow­ne. Und natür­lich Anna Win­tour, die unter ihrem stren­gen Bob und der Son­nen­bril­le sogar so etwas wie ein zar­tes Lächeln andeu­te­te. Um den Hals: Ein Kama­la Har­ris Fan-Schal.

Es ging den Ver­an­stal­tern – dem Ver­band der ame­ri­ka­ni­schen Mode­de­si­gner CFDA im Ver­bund mit Vogue und der Demo­kra­tie­initia­ti­ve “I Am A Voter” dar­um, zum Auf­takt der heis­sen Pha­se des US-Prä­si­dent­schafts­wahl­kampfs einen Appell los­zu­wer­den: Vote! Das ist zunächst nicht par­tei­po­li­tisch gemeint. Doch es kann – nicht nur wegen Win­tours Bekennt­nis –  kein Zwei­fel bestehen, wem die Sym­pa­thien gehör­ten: Wenn nicht für Har­ris, so doch wenigs­tens gegen Trump.

Vie­le US-Unter­neh­mer mögen es anders sehen, weil ihnen die wirt­schafts­po­li­ti­sche Agen­da der links­ver­däch­ti­gen Demo­kra­tin Har­ris suspekt ist und der Unter­neh­mer Trump näher (auch wenn er ein mehr­fa­cher Plei­tier ist). Ganz grund­sätz­lich soll­ten aber alle, die Mode machen und damit Geld ver­die­nen, ein Inter­es­se an einer libe­ra­len Gesell­schaft haben. Das gilt auch hier­zu­lan­de. Denn Krea­ti­vi­tät und Inno­va­ti­on gedei­hen dort am bes­ten, wo sie sich mög­lichst frei ent­fal­ten kön­nen. Mode dient dem indi­vi­du­el­len Aus­druck, ihr Anti­po­de ist die Uni­form. Es ist bezeich­nend, dass die­se Gleich­ma­cher in Auto­kra­tien und Dik­ta­tu­ren beson­ders Kon­junk­tur haben.

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Mon­tag, 9. Sep­tem­ber. Ein Jog­ging­ho­senver­bot ist immer noch eine siche­re Sache, wenn man Schlag­zei­len machen möch­te. In der SZ darf der Pforz­hei­mer Gas­tro­nom Lam­bros Petrou aus­führ­lich begrün­den, wes­halb er kei­ne Schlab­ber­ho­sen in sei­nem Eta­blis­se­ment sehen möch­te. Seit­dem ist es im “Art Cafe” umso vol­ler.

Bes­ser noch als ein Jog­ging­ho­sen­ver­bot wäre es übri­gens, so lang­sam mal das Lager­feld-Zitat zu ver­bie­ten, mit dem so ziem­lich jeder Arti­kel zu die­sem The­ma ein­ge­lei­tet wird.

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Don­ners­tag, 12. Sep­tem­ber. Soll man Timo Weber und Simo­ne Heift um ihre Auf­ga­be benei­den?

Einer­seits ja. Denn die bei­den füh­ren mit dem Kade­We das größ­te Waren­haus Kon­ti­nen­tal­eu­ro­pas mit zwei rie­si­gen Satel­li­ten in Mün­chen und Ham­burg: Kade­We, Ober­pol­lin­ger und Als­ter­haus sind Soli­tä­re in der deut­schen Ein­zel­han­dels­land­schaft.

Ande­rer­seits Nein. Denn die Kade­We Group hat seit ihrem Bestehen prak­tisch jedes Jahr Ver­lus­te pro­du­ziert. Auf über 300 Mil­lio­nen Euro sum­mier­ten sich die Fehl­be­trä­ge seit 2015. Was spricht ange­sichts die­ser desas­trö­sen Bilanz dafür, dass sich dies jemals ändern lässt?

Ein wich­ti­ger Punkt: René Ben­ko, für den die Depart­ment Stores als Cash-Gene­ra­to­ren und für Luft­bu­chun­gen her­hal­ten muss­ten, ist weg. Dass mit der Cen­tral Group Immo­bi­li­en und ope­ra­ti­ves Geschäft jetzt in einer Hand – noch dazu in der von Ein­zel­han­dels­pro­fis – lie­gen, ist eine sta­bi­le Basis. Jetzt muss das Manage­ment lie­fern, an vor­ders­ter Front der CEO und die CMO.

Ihr Inter­view für die aktu­el­le TW und der Auf­tritt auf dem IGDS World Depart­ment Store Sum­mit ges­tern in Ber­lin waren zual­ler­erst ver­trau­ens­bil­den­de Maß­nah­men. Mit dem uner­war­te­ten Insol­venz­an­trag im Janu­ar ist bei Mit­ar­bei­ten­den, Lie­fe­ran­ten und ande­ren Part­nern viel Por­zel­lan zer­schla­gen wor­den. Die­ses Por­zel­lan gilt es wie­der zu kit­ten.

Neben der Schlie­ßung der aku­ten Bau­stel­len wird es lang­fris­tig aller­dings auch dar­um gehen, das Geschäfts­mo­dell zu über­den­ken und es – viel­leicht stär­ker als bis­her – auf die loka­len Märk­te aus­zu­rich­ten. Das Depart­ment Store-For­mat, wie es inter­na­tio­nal in Tou­ris­ten­me­tro­po­len wie Paris und Lon­don funk­tio­niert, lässt sich womög­lich nicht 1:1 auf Ber­lin, Mün­chen und Ham­burg über­tra­gen.

In der kur­zen Signa-Ära hat­te man bei Invests in ers­ter Linie die Wert­stei­ge­rung der Immo­bi­li­en im Blick. Die loka­len Märk­te in Ber­lin, Mün­chen oder Ham­burg brau­chen aber kei­ne Luft­schlös­ser für Inves­to­ren. Son­dern Ein­kaufs­tem­pel für die Kon­su­men­ten.

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