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Verlustreiches KaDeWe. Unfaires Lieferkettengesetz. Tonnenweise Flugfracht.

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Jür­gen Mül­ler

Frei­tag, 16. Febru­ar. Nach den Bilanz­ver­öf­fent­li­chun­gen der KaDe­We-Grup­pe macht sich Ernüch­te­rung breit. Auf über 300 Mil­lio­nen Euro sum­mie­ren sich die Fehl­be­trä­ge dem­nach seit 2015. Das letz­te posi­ti­ve Ergeb­nis stand vor zehn Jah­ren in den Büchern. In den Rekord­um­satz von 728 Mil­lio­nen Euro, von dem die KaDe­We Group für 2022/23 sprach, sind u.a. der Waren­ein­satz der Con­ces­si­ons und der Umsatz der Mie­ter ein­ge­rech­net. Das ver­schlei­ert, dass für die KaDe­We-GuV allen­falls die Hälf­te die­ses Umsat­zes maß­geb­lich ist. 2021/22 waren das 301,8 Mil­lio­nen, unter dem Strich blie­ben damals 72,65 Mil­lio­nen Ver­lust. 2022/23 sieht es nicht bes­ser aus: „Die Gesell­schaft weist zum Bilanz­stich­tag einen nicht durch Eigen­ka­pi­tal gedeck­ten Fehl­be­trag in Höhe von 92,3 Mio. Euro aus und ist damit wei­ter­hin bilan­zi­ell über­schul­det“, zitiert die TW aus dem Geschäfts­be­richt.

Die­se Ergeb­nis­se sind – bald mehr noch als die Insol­venz­nach­richt – ein Schock. Denn auch wenn klar ist, dass die Häu­ser in ers­ter Linie als Cash­flow-Gene­ra­tor und Sicher­hei­ten für Ben­kos Finanz­jon­gla­ge dien­ten, könn­te man dar­aus nun grund­sätz­li­che Zwei­fel am Geschäfts­mo­dell ablei­ten. Ber­lin ist nicht Lon­don, und Mün­chen und Ham­burg sind nicht Paris. Ver­tra­gen die­se Stand­or­te womög­lich kei­ne Luxu­ry Depart­ment Stores sol­chen Zuschnitts? Die Wirt­schafts­prü­fer von PwC hat­ten schon 2020 gewarnt, dass die KaDe­We Group „den Nach­weis eines pro­fi­ta­blen Geschäfts­mo­dells bis­her schul­dig geblie­ben“ sei, so der Spie­gel. Der künf­ti­ge Eigen­tü­mer wird die­sen Nach­weis erbrin­gen müs­sen.

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Diens­tag, 20. Febru­ar. Was ist bes­ser für die Umwelt: Online bestel­len oder im Laden ein­kau­fen? Eine Ana­ly­se der Uni Saar­brü­cken ergab: Wäh­rend die Wis­sen­schaft den Online-Han­del aus öko­lo­gi­scher Per­spek­ti­ve als bes­ser ein­stuft, sehen die Kun­den das genau anders her­um und hal­ten den sta­tio­nä­ren Han­del für umwelt­ver­träg­li­cher.

Das hält die Leu­te indes nicht davon ab, im Inter­net zu bestel­len. So ver­zeich­nen die Flug­ge­sell­schaf­ten der­zeit einen Fracht-Boom aus Chi­na. Nicht der Kon­flikt im Roten Meer sor­ge aktu­ell für Eng­päs­se bei der Luft­fracht, schreibt der Spie­gel, son­dern die rasant gestie­ge­ne Nach­fra­ge nach Bil­lig­wa­re. Shein und Temu ver­sen­den einem Bericht des US-Kon­gres­ses vom Juni 2023 zufol­ge zusam­men 600.000 Pake­te täg­lich per Flug­zeug nach Ame­ri­ka. In Deutsch­land wer­de die Zahl inzwi­schen auf etwa 400.000 am Tag geschätzt. Bran­chen­ex­per­ten zufol­ge flie­gen Shein und Temu jeweils 4000 bis 5000 Ton­nen Waren ins Aus­land. Täg­lich. Flug­scham war ges­tern.

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Mitt­woch, 21. Febru­ar. Die Kon­kur­renz aus Chi­na hal­te sich nicht an die Regeln, klagt Kik-Chef Patrick Zahn im Pio­neer-Pod­cast mit Gabor Stein­gart. Dadurch kön­nen sie ande­re Prei­se erzie­len als die hie­si­gen Unter­neh­men. „Auf­grund der 150-Euro-Rege­lung wer­den die Pake­te nicht geöff­net, nicht kon­trol­liert.“ Der Markt wer­de so geflu­tet mit Arti­keln, die nicht geprüft sind, etwa auf Che­mi­ka­li­en. Und ver­zollt wird die­se Ware auch nicht.

Zahn ist zwar einer­seits ein Befür­wor­ter des aktu­ell viel dis­ku­tier­ten Lie­fer­ket­ten­ge­set­zes – und gleich­zei­tig dage­gen. Der zusätz­li­che Auf­wand kos­te Kik jähr­lich 3 Mil­lio­nen Euro, allein 20 zusätz­li­che Mit­ar­bei­ter sei­en im Unter­neh­men mit dem The­ma befasst. „Das ist für mich aber weni­ger eine Kosten‑, als viel­mehr eine Wett­be­werbs­fra­ge. Für mich ist ent­schei­dend, dass nach­her alle mit den glei­chen Vor­aus­set­zun­gen arbei­ten und antre­ten auf dem Markt.“

Momen­tan sehe es nicht danach aus, als ob sich alle an die Regeln hal­ten, so Zahn. Im Gegen­teil führ­ten die Restrik­tio­nen dazu, dass Pro­du­zen­ten etwa in Ban­gla­desch teil­wei­se kein Inter­es­se mehr dar­an haben, mit Euro­pä­ern zusam­men­zu­ar­bei­ten. Damit sei frag­lich, ob das von der Poli­tik gut gemein­te Lie­fer­ket­ten­ge­setz tat­säch­lich zu Ver­bes­se­run­gen in den Pro­duk­ti­ons­län­dern führt. „Gegen die ein­zel­nen Punk­te im Lie­fer­ket­ten­ge­setz kön­nen Sie gar nichts sagen. Das sind alles Punk­te, hin­ter denen wir als Staats­bür­ger und als Unter­neh­men ste­hen. Aber die­ses Nicht-zu Ende-Den­ken von The­men, das beschäf­tigt mich schon sehr.“