Farfetch schluckt style.com – das ist vor dem erwarteten Börsengang der Boutiquen-Plattform natürlich ein Signal. Und der Zeitpunkt kein Zufall. Dass Conde Nast seine eigenen E‑Commerce-Ambitionen nach nicht einmal einem Jahr aufgibt, sieht vordergründig nach einer Niederlage aus, Tatsächlich gehört das Medienhaus zu den frühen Investoren von Farfetch, dessen Börsenwert auf bis zu 5 Milliarden Dollar taxiert wird. Das Investment von 20 Millionen dürfte sich mit dem IPO schneller und leichter auszahlen als mit dem langwierigen und teuren Aufbau eines eigenen E‑Commerce-Business’.
Die Nachricht belegt einmal mehr, wie schwer sich die etablierten Medienunternehmen in der neuen Medienwelt tun. Während Net à porter wie selbstverständlich Bekleidung im Gewand eines Modemagazins verkauft, gibt es auf Vogue.com bis heute lediglich bunte Bilder zu konsumieren. Das hat natürlich Gründe. Mit Sicherheit tun sich mit reichlich Fremdkapital ausgestattete Technologie-Start ups einfacher, Content zu integrieren als es etablierten, ihren Anteilseignern verpflichteten Contentproduzenten fällt, die für E‑Commerce notwendige Technologie und Logistik zu adaptieren. Zugleich haben die Verlagsmanager zweifellos die neue Konkurrenz zu lange unterschätzt und die Chancen der Digitalisierung nicht gesehen. Jetzt, über 20 Jahre nach dem Start von Amazon, ist der Zug abgefahren. Viele Verlage haben sich deswegen auf Beteiligungsgeschäfte verlegt. Springer hat es in Deutschland vorgemacht. Und auch Burda verdient sein Geld längst mit Tech-Investments und durch den Handel mit Beteiligungen wie Zooplus und Mytheresa.
Farfetch wird mit style.com zu einer noch besseren Verkaufsstory. “Wir haben die Kuratoren und die Kreateure von Mode”, freut sich Farfetch-Gründet Jose Neves gegenüber BoF. “Jetzt verbinden wir die Kreateure von Content.” Meint eine enge Partnerschaft mit Conde Nast-Titeln wie Vogue und GQ. Was das konkret bedeutet, wird man sehen. Mit Farfetch ist jedenfalls ein Player in den hart umkämpften globalen Luxury-Online-Ring gestiegen, der von Anfang an war, was Zalando & Co gerne werden möchten: ein Marktplatzbetreiber, über den andere Händler ihre Geschäfte abwickeln und der ohne Warenrisiko und mit vergleichsweise wenig working capital maximale Renditen erwirtschaftet. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Bislang hat Farfetch wie es aussieht noch kein Geld verdient, obwohl der Marktplatz bereits über 800 Millionen Dollar umschlägt und 20 bis 25 Prozent davon als Provision hängen bleiben. Aber der Börsengang wird das notwendige Kapital bringen, Auftritt, Reichweite und Angebot zu optimieren. Letzteres stellen 500 selbstständige Modeläden, für die Farfetch das verlängerte Regal ins Internet darstellt. Für viele bestimmt nicht die schlechteste Option, online zu gehen.
Die große Frage ist freilich, ob und wann Farfetch die Luxury Brands direkt einbindet. Diesen bietet man sich unter Farfetch Black & White als Online Service Provider an. Die Wachstumszwänge der Börse werden das Management früher oder später vor diese Entscheidung stellen. Das wäre ein Verrat an den kleinen Fachhändlern, die Farfetch groß gemacht haben. Aber das kennen die ja schon von ihren Partnern.
Und sonst?
…hat Primark eine Rückrufaktion für Kinderhemden gestartet. “Achtung Lebensgefahr!” alarmiert die Gala ihre Leser. Die Knöpfe können abfallen. Das passiert bei Premium-Marken natürlich nie.
…sorgt Zara für gute und weniger gute Schlagzeilen. Während in Deutschland der Betriebsrat auf die Palme geht, weil das Management “Risikopersonal” austauscht, meldet Spanien einen Gewinnsprung um 18 Prozent im 1. Quartal. Sowas geht halt nicht nur mit schöner Ware.
…machen Jörg Ehrlich und Otto Drögsler jetzt in Geschirr. Mit den Odeeh-Kreativen hat die Manufaktur Meissen schon mal Stilbewusstsein bewiesen.