Es ist ja irgendwie ein dröges Thema. Aber nur für diejenigen, die es nicht betrifft! So schlugen die Wellen hoch, als die Katag eine ganze Reihe von Unternehmen der Otto Group in ihre Zentralregulierung aufnahm. Seit 1. März muss die Industrie ihre Rechnungen nach Bielefeld schicken statt nach Hamburg, Karlsruhe oder Bad Salzuflen. Und Otto, Heine & Co dafür Rabatt gewähren. Die TW hat sich dieses Themas folgerichtig angenommen. Es ist also alles gesagt, nur noch nicht von jedem. Deshalb noch drei Anmerkungen von mir:
1. Die Katag ist noch nie ein klassischer Verbund gleichberechtigter Partner gewesen. Sonst gäbe es sie wahrscheinlich auch längst nicht mehr. Hadeka, Sütex, Kaufring, abz – die häufig genossenschaftlich organisierten Einkaufsverbände, wo alle mitreden und keiner entscheiden konnte, haben längst das Zeitliche gesegnet. Sie waren nicht nur Opfer der Marktentwicklung, die gegen die Kleinen lief, sondern ineffizienter Strukturen und unfähiger Manager. Die Katag AG, hinter der die Familie Terberger steht, ist dagegen im Kern ein als Kluftier-Club getarntes Großhandelsunternehmen. Es gibt ein paar geldwerte Services wie Versicherungsleistungen und Marketingunterstützung. Das Geld wird aber mit dem Vertrieb von Marken wie Basefield oder Staccato verdient. Da konkurriert die Katag genauso um die Flächen ihrer Handelspartner wie S.Oliver und Tommy Hilfiger oder Zero und McNeal. Die Mittelstandsfolklore ist in erster Linie Differenzierungsmerkmal und clever gepflegter ideologischer Überbau.
2. Dazu betätigt man sich als Melkmaschine der Industrie. Davon können potenziell alle Multilabel-Händler profitieren. Dass der Versandhandelsgigant Zentralregulierungspartner wird, ist demnach nur folgerichtig. Das hat mit Nachteilsausgleich nichts zu tun, es handelt sich vielmehr um kollektive Vorteilsnahme zu Lasten der Industrie. Die eine, zentrale Rechnungsadresse ist für die Lieferanten ein kostspieliger Service. Immerhin gibt es Zahlungsgarantien, die der Industrie über kurzfristige Liquiditätsengpässe ihrer Handelspartner hinweg helfen. Das eigentlich Überraschende ist, dass der Branchenprimus Otto offenbar vielfach schlechtere Konditionen hatte als die Katag. Warum sonst regen sich alle Lieferanten so auf? Fast untergegangen ist zudem, dass die Katag-Partner Vergünstigungen beim neuen Otto-Cross-Channel-Bezahlsystem Yapital erhalten. Damit erschließen sich die Hamburger potenziellen Zugang zu 370 Unternehmen mit 1400 Verkaufsstellen. Gut vorstellbar, dass Otto zunächst aus diesem Grund in Bielefeld angeklopft und Daniel Terberger damit erst auf Ideen gebracht hat.
3. Die Industrie hat wie immer in solchen Fällen ihre Verbände in Marsch gesetzt. Erwartungsgemäß vergebens. Da werden ohnehin nur die Schlachten der Vergangenheit geschlagen. Im Handel liegt der Segen nämlich schon lange nicht mehr im Einkauf. Gute Konditionen sind wichtig, sicher. Erfolgsentscheidend ist aber vielmehr die Qualität des Verkaufs. Dahinter stehen nicht nur gute Beratung, schöne Läden und eine Top-Präsentation. Sondern im Kern die Fähigkeit, die richtige Ware schnell und kostengünstig an den Point of Sale zu bringen. Das ist die Stärke vertikaler Retailer wie H&M und Inditex, die ihre Effizienzvorteile in Preis/Leistung und Marketing investieren und damit seit Jahren Marktanteile gewinnen und das klassische Multilabel-Business verdrängen. Dieser Strukturwandel wird trotz umjubelter Gegenbeispiele weitergehen. Deshalb investieren große Einzelhändler wie P&C in ein eigenes Produktmanagement, und Wholesaler und Fabrikanten eröffnen eigene Läden. Und im Internet zählt die Herkunft eines Anbieters sowieso nicht mehr, sondern nur noch die Marke. Katag und Otto melken so gesehen nicht nur ihre Lieferanten, sondern auch ihre Konkurrenten.
Noch dabei? Es ist wirklich ein dröges Thema…
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