Freitag, 8. September. David Schneider und Robert Gentz bleiben an Bord. Die Verträge der Zalando-Gründer wären Ende November ausgelaufen. Dass sie jetzt erst um weitere vier Jahre verlängert werden, ist für einen DAX-Konzern höchst ungewöhnlich. Wieso man sich soviel Zeit damit ließ, darüber kann man nur spekulieren. Wollten Schneider und Gentz womöglich nicht mehr weitermachen? Man könnte es den beiden nach mehr als zehn Jahren erfolgreicher Aufbauarbeit nicht verdenken. Mit 40 hat man das Leben ja noch vor sich. Zumal bei Zalando längst nicht mehr alles Friede Freude Eierkuchen ist und der Spaßfaktor, von dem Schneider in der TW spricht, wahrscheinlich nicht mehr derselbe ist wie am Anfang. Die Gründerzeit im E‑Commerce ist beendet, der Wind hat sich nach dem historischen Covid-Boom gedreht, statt schnellem Umsatzwachstum geht es jetzt um anstrengende Profitgenerierung. Zalando bekommt das zu spüren und schockte die eigene Belegschaft im Frühjahr mit einer Kündigungswelle.
Für den Aufsichtsrat wird sich die Frage gestellt haben, ob es zielführend ist, in der aktuellen Situation die Pferde zu wechseln, auch wenn so ein Signal womöglich den dümpelnden Aktienkurs belebt hätte. Oder ob man diejenigen, die das Unternehmen besser kennen als jeder andere, gerade jetzt weiter in die Verantwortung nehmen muss.
Man hat sich auf Letzteres geeinigt. Die Börse hat den Verbleib der Gründer erstmal mit einem Kursminus abgestraft. Aber was kurzfristig die Shareholder ärgert, muss langfristig nicht unbedingt schlecht fürs Unternehmen sein.
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Dienstag, 12. September. Birkenstock hat den Börsengang in New York angekündigt. Wenn alles gut geht, wird der Sandalenhersteller aus Linz am Rhein mit bis zu 10 Milliarden Dollar bewertet werden. Was für eine fantastische Erfolgsgeschichte! Auch wenn man 250 Jahre gebraucht hat, um ein Unicorn zu werden.
Es zeigt sich mal wieder die enorme Power, die eine Brand entwickeln kann, wenn sie den Trend reitet. Vor gut einem Jahrzehnt sah man die Korktreter erstmals auf dem Laufsteg. Birkenstock-CEO Oliver Reichert war noch 2016 in Berlin keck darauf bedacht, keine Modeprodukte anzubieten. Was ihn nicht davon abgehalten hat, die Zeitmagazin-Konferenz zur Berlin Fashion Week zu sponsern und später etliche Designerkooperationen einzugehen. Unter der Ägide von LVMHs Investmenttochter L Catterton wurde die einstige Ökolatschenmarke dann nach allen Regeln der Kunst zu einem modischen Musthave entwickelt.
Der Börsengang wird diese Arbeit jetzt krönen. Zumal mit Birkenstock keine Luftnummer verkauft wird, sondern ein hochprofitables Unternehmen, das bei einem Umsatz von zuletzt 1,24 Milliarden Euro 187 Millionen Gewinn erzielte. Und das seine Produkte übrigens überwiegend in Deutschland produziert. Schöne Grüße an die Schuhbranche.
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Mittwoch, 14. September. "Das Comeback des Jahres" verkündet die TW in einer Breaking News-Mail: Strenesse geht wieder an den Markt. Hat dieser Markt darauf gewartet? Nein. Hat das Projekt eine Chance? Vielleicht.
Die Unter 40-Jährigen dürften mit der Marke nichts mehr anzufangen wissen. Diese Zielgruppe hat die Premiumetage an Zara & Co verloren, und Contemporary sucht die Kunden im Multilabelfachhandel vielerorts auch vergebens. Aber hinter dem Strenesse-Projekt stehen anders als beim letzten Rettungsversuch frisches Geld und gut vernetzte Branchenprofis. Auch wenn der Einzelhandel in Krisenzeiten traditionell wenig offen für Neues ist, können Marcus Sayn-Wittgenstein, Noro Hoferer und die anderen Beteiligten auf den Goodwill der Einkäufer bauen, von denen viele sich noch gerne an die große Zeit von Strenesse erinnern. Das ist kein geringer Startvorteil.
Am Ende wird es darauf ankommen, dass die Produkte am POS performen. Davor müssen eine Menge richtige Entscheidungen getroffen werden. Den Forumpreis der TW gibt's dann frühestens 2025.