Es war zu schön, um wahr zu sein. Die Speedfactory in Ansbach wurde nicht nur von Adidas als Prestigeprojekt gefeiert, das Innovationskraft und Technologieführerschaft der Herzogenauracher beweisen sollte. Branchenexperten sahen darin auch einen Beleg für eine angeblich anstehende Rückkehr von Produktion in heimatliche Gefilde. Dass dieses Verynearshoring nicht mit der massenhaften Schaffung neuer Arbeitsplätze einhergehen würde, war immer klar. Trotzdem sind beim Speedfactory-Kooperationspartner Oechsler nun über 100 Mitarbeiter betroffen, und das in Deutschland aufgebaute und mit Forschungsgeldern subventionierte Know-how kommt jetzt asiatischen Zulieferern zugute.
Laut Adidas war die auf 500.000 Schuhe ausgelegte Produktion nicht voll ausgelastet. Ausschlaggebend für die Entscheidung seien aber vor allem organisatorische Gründe gewesen. Es habe sich herausgestellt, dass es sinnvoller sei, auch die Produktion der Speed-Factorys dort zu konzentrieren, wo die Lieferanten säßen.
Und – möchte man hinzufügen – wo auch der wichtigste Absatzmarkt für Adidas ist. Asien hat Europa im Umsatz längst überflügelt, die Region wächst viel dynamischer und das Unternehmen verdient dort mit Abstand am meisten Geld. Da ergibt es Sinn, seine Aktivitäten an den Erfordernissen von Fernost auszurichten. Fabriken in Ansbach und Atlanta helfen wenig, wenn es darum geht, in der Produktion schnell auf Trends in Shanghai reagieren zu können.
Es ist nach der Megacity-Marketingentscheidung, die Berlin außen vor ließ, ein weiterer Beleg dafür, dass in Herzogenaurach nicht nach nostalgischen Kriterien entschieden wird. Für uns mag Adidas ein deutsches Unternehmen sein, im eigenen Selbstverständnis ist es eine Global Brand, die ihre Entscheidungen rational am Weltmarkt ausrichtet.
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Einen Rückzieher machte diese Woche auch Nike. Und zwar von Amazon. Beaverton erklärte das vor gut zwei Jahren gestartete Pilotprojekt für beendet. Angeblich hatte sich Nike mit Amazon hauptsächlich zusammengetan, um eine bessere Übersicht über Fälschungen oder nicht autorisierte Wiederverkäufer auf der Plattform zu bekommen und diese einzudämmen. Das ist seit jeher ein Riesen-Problem: 2017 war Nike einer Studie von Morgan Stanley zufolge die meistverkaufte Bekleidungsmarke auf Amazon, und dies, ohne dass der Sportartikelkonzern damals direkte Geschäftsbeziehungen zu dem Online Retailer unterhalten hatte. Ähnlich geht es Brands wie Birkenstock oder Louis Vuitton, die Amazon ebenfalls boykottieren.
Künftig distanziert sich die Marke klar von diesem Vertriebskanal. Nike-Ware auf Amazon kommt künftig nicht mehr von Nike. Man wird zugleich davon ausgehen können, dass die Weltmarke hinter den Kulissen nun entsprechend Druck auf seine Wholesale-Partner machen wird, auch keine Nike-Produkte mehr über den Marketplace anzubieten, selbst wenn das hierzulande kartellrechtliche Grenzen hat.
So oder so dürfte das Leben für Nike-Partner nicht einfacher werden. Der 39 Milliarden-Riese hat angekündigt, sein Wholesale Business massiv zu konzentrieren. Mehr Kontrolle, höhere Margen. Langfristig plant der Konzern global nur noch mit 40 Großkunden zusammenzuarbeiten. Dafür soll der Direktvertrieb massiv ausgebaut werden – über eigene Stores, ausgewählte Marktplätze und vor allem die eigenen Websites. Im vergangenen Jahr erzielte Nike ein Wachstum von 35 % im digitalen Bereich. 2023 will man 30% des Geschäfts online machen. Und dass der neue CEO von Ebay kommt, ist auch kein Zufall.