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GKK braucht Geld. FFW verschiebt Premiere. Amazon zieht die Arschkarte.

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Jür­gen Mül­ler

Sams­tag, 1. Mai. Es ist kein Zufall, dass Gale­ria Kar­stadt Kauf­hof die­se Woche die Öffent­lich­keit such­te. Ab sofort gilt die Insol­venz­an­zei­ge­pflicht wie­der, und damit tickt die Uhr für etli­che vom Lock­down betrof­fe­nen Ein­zel­händ­ler. GKK-CEO Miguel Mül­len­bach hat­te am Mitt­woch gegen­über der BILD-Zei­tung ange­deu­tet, dass man erneut nach staat­li­cher Unter­stüt­zung rufen wird müs­sen. Das Unter­neh­men hat­te erst vor weni­gen Mona­ten einen Ret­tungs­kre­dit von bis zu 460 Mil­lio­nen Euro erhal­ten. Jetzt wird die Finan­zie­rungs­lü­cke mit wei­te­ren 200 Mil­lio­nen taxiert. Das Mana­ger-Maga­zin zitiert einen Brief Mül­len­bachs an die Mit­ar­bei­ter: „Es ist schon aus­ge­spro­chen para­dox, dass wir zwar dan­kens­wer­ter­wei­se von der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land einen ver­zins­ten Kre­dit zur Über­brü­ckung bekom­men haben, wir aber gleich­zei­tig durch den fort­ge­setz­ten und aus mei­ner Sicht nicht mehr alter­na­tiv­lo­sen Lock­down dar­an gehin­dert wer­den, das not­wen­di­ge Geld für Zins und Til­gung zu ver­die­nen.“

Insol­venz­ver­wal­ter Arndt Gei­witz, der bekannt­lich nicht nur bei GKK invol­viert ist, schlägt im Inter­view mit dem Mana­ger-Maga­zin eben­falls Alarm: Mit­tel­fris­tig sei­en mehr als die Hälf­te aller Ein­zel­händ­ler von einer Insol­venz bedroht. Die meis­ten über­leb­ten die Kri­se nicht, ohne Fremd­ka­pi­tal auf­zu­neh­men. Damit gin­gen sie geschwächt aus die­ser Kri­se her­vor. Der Staat müs­se hel­fen, so Gei­witz: „Wenn der Bund ein­zel­nen Bran­chen tem­po­rär Ihren Beruf ver­bie­tet, um die All­ge­mein­heit zu schüt­zen, dann ist das natür­lich völ­lig legi­tim. Nur ist es dann auch an der Poli­tik und der All­ge­mein­heit, die­se Bran­chen nicht mit einer erdrü­cken­den Schul­den­last zurück­zu­las­sen.“

Da hat Gei­witz Recht. Im Fall von GKK mel­den sich frei­lich erneut kri­ti­sche Stim­men. „Das wäre ver­brann­tes Geld, das der Staat nie wie­der­se­hen wird“, sagt etwa der BWL-Pro­fes­sor Mar­tin Fass­nacht im Gespräch mit Busi­ness Insi­der. „Das sind kei­ne guten Nach­rich­ten für die Beschäf­tig­ten und es tut mir leid, dies so dras­tisch sagen zu müs­sen, aber das Kon­zept GKK ist nicht mehr über­le­bens­fä­hig.“

Die Ant­wort der Regie­rung steht noch aus. Im Wahl­jahr dürf­te die Poli­tik die 20.000 GKK-Mit­ar­bei­ten­den jedoch kaum hän­gen las­sen.

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Diens­tag, 4. Mai. Um 3.200 Arbeits­plät­ze geht es bei Adler. Den 140 Filia­len dro­he das end­gül­ti­ge Aus, warnt das Manage­ment in einer dra­ma­ti­schen Pres­se­kon­fe­renz. Über­brü­ckungs­hil­fen sei­en nicht aus­be­zahlt wor­den, zudem bestehe ein Finan­zie­rungs­be­darf von wei­te­ren 10 Mil­lio­nen Euro. „Es fehlt am Wol­len der Bun­des­re­gie­rung. Das führt dazu, dass Frau Mer­kel ihre per­sön­li­chen Arbeits­lo­sen pro­du­ziert“, so Insol­venz­ver­wal­ter Chris­ti­an Gerl­off laut TW. Die Ner­ven lie­gen blank.

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Mitt­woch, 5. Mai. Ani­ta Till­mann ver­kün­det die Absa­ge der Frank­furt Fashion Week (FFW) für Juli. Es haben sich offen­sicht­lich zu weni­ge Aus­stel­ler gefun­den, die ange­sichts der unge­wis­sen Pan­de­mie­ent­wick­lung mit den Rei­se- und Kon­takt­be­schrän­kun­gen bei gleich­zei­tig extre­mem Kos­ten­druck sich zur Mes­se-Pre­mie­re in Frank­furt com­mit­ten woll­ten. "Es bricht mir das Herz. Machen wir uns nichts vor, für die Fashionbran­che ist das dra­ma­tisch."

Es ist vor allem für Pre­mi­um und Neonyt dra­ma­tisch. Es ist die drit­te Absa­ge in Fol­ge, und das in dem extrem sen­si­blen Moment nach dem Frank­furt-Umzugs­be­schluss. Wenn die neue Mode­mes­se am Main im Janu­ar 2022 das ers­te Mal statt­fin­det, wer­den wir zwei Jah­re lang kei­ne gro­ße deut­sche Mode­mes­se besucht haben. Wer weiß, ob die Bran­che sich bis dahin nicht mit den eta­blier­ten regio­na­len Order­ver­an­stal­tun­gen in Düs­sel­dorf und Mün­chen, mit inter­na­tio­na­len Platt­for­men wie dem Pit­ti Uomo und digi­ta­len Infor­ma­ti­ons- und Order­mög­lich­kei­ten arran­giert hat. Die Digi­tal Fashion Week hat gera­de ihren Ter­min nach hin­ten ver­legt und über­schnei­det sich jetzt mit dem Online-Event FFW Stu­dio der Frank­fur­ter. Initia­tor Fashion Cloud hat zudem die Mes­se­ver­an­stal­ter CIFF aus Kopen­ha­gen und Mode­fa­b­riek aus Ams­ter­dam mit an Bord genom­men, was der Ver­an­stal­tung zusätz­li­che Schlag­kraft geben wird.

Ande­rer­seits birgt der zeit­li­che Abstand der FFW zu Ber­lin die Chan­ce, etwas wirk­lich Neu­es aus der Tau­fe zu heben. War­ten wir ab, was die Frank­fur­ter auf die Bei­ne stel­len wer­den.

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Don­ners­tag, 6. Mai. Indi­tex wur­de wie vie­le ande­re inter­na­tio­na­le Retail­er hart von der Pan­de­mie getrof­fen. Es reicht für das Geschäfts­jahr 2020 trotz­dem für eine Aus­schüt­tung von 646 Mil­lio­nen Euro an Zara-Grün­der Aman­cio Orte­ga. Viel­leicht soll­ten GKK und Adler mal in Spa­ni­en vor­spre­chen.

Auch Jeff Bezos hat 2 Mil­li­ar­den Dol­lar flüs­sig gemacht, mit Akti­en­ver­käu­fen. Der Ama­zon-Kurs war wäh­rend der Coro­na-Pan­de­mie durch die Decke gegan­gen. Das Unter­neh­men ver­zeich­ne­te vier Quar­ta­le hin­ter­ein­an­der Rekord­ge­win­ne und stell­te 500.000 neue Mit­ar­bei­ten­de ein. In Deutsch­land wuchs Ama­zon im ver­gan­ge­nen Jahr um 30% auf 25,9 Mil­li­ar­den Euro. Und schaff­te es, trotz­dem Ver­lust zu machen, wes­halb auch kei­ne Kör­per­schafts­steu­er an den Staat über­wie­sen wer­den muss­te.

Steu­er­op­ti­mie­rung ist natür­lich legi­tim. Aber Euro­pa der­ma­ßen die Arsch­kar­te zu zei­gen, ist dann doch eine Pro­vo­ka­ti­on, die nach einer Ant­wort schreit. Auch im Inter­es­se vie­ler hie­si­ger Fir­men, die nicht die Gewinn­ver­la­ge­rungs­mög­lich­kei­ten eines Glo­bal Play­ers haben, ist es höchs­te Zeit, dass die Poli­tik die­ser Wett­be­werbs­ver­zer­rung einen Rie­gel vor­schiebt.