Montag, 31. August. Amazon kauft 1800 E‑Transporter von Daimler. Das ist nicht nur für die Stuttgarter ein gutes Geschäft. Bei der von der Bundesregierung ausgelobten Umweltprämie von bis zu 9000 Euro kommen damit auch ein paar Millionen Subventionen für Amazon zusammen. Der Online-Gigant wird damit sein Liefernetz dichter spinnen – und dem lokalen Einzelhandel das Leben noch schwerer machen. Wenigstens kauft Jeff Bezos ein deutsches Fabrikat und sichert damit hierzulande Arbeitsplätze.
Die Nachricht wirft ein Schlaglicht auf die Logistikambitionen von Amazon. Dazu zählen nicht nur eigene Lieferflotten zu Land und in der Luft und Paketstationen, die überall aus dem Boden sprießen, sondern auch Initiativen wie Amazon Flex (eine Art Uber für die letzte Meile) und das Delivery Service Partner Programm (Kooperation mit Logistikdienstleistern) sowie Innovationen wie Amazon Key, das den Amazon-Lieferboten Zugang zu Wohnung, Garage oder Auto ermöglicht. 10 Milliarden Pakete hat der Onlinehändler in den vergangenen fünf Jahren über sein eigenes Netz weltweit ausgeliefert. Allein in diesem Jahr sollen 5 Milliarden dazu kommen.
Ebenfalls heute übrigens hat die US-Luftverkehrsbehörde Amazon Grünes Licht gegeben zum Test von Lieferdrohnen. Was vor fünf Jahren wie ein PR-Gag anmutete, soll früher oder später Realität werden. Ziel sei es laut ‚Spiegel‘, mit der Prime-Air-Flotte Einkäufe binnen 30 Minuten ausliefern zu können.
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Dienstag, 1. September. Rene Lezard, Strenesse, jetzt Escada – die Todesanzeigen häufen sich. Für Escada ist es bereits der zweite Gang zum Amtsgericht. Die einen werden sagen: Jetzt erst? Die anderen: Gibt’s die noch?
Tatsächlich ist Escada hierzulande kaum mehr im Einzelhandel präsent, abgesehen von seinen acht eigenen Boutiquen. Laut ‚Manager Magazin‘ soll der Konzern 2018 weltweit aber immer noch gut 204 Millionen Euro Umsatz gemacht haben. Und zugleich 31 Millionen Verlust. Megha Mittal hatte das Unternehmen 2009 aus der ersten Insolvenz übernommen, den weiteren Niedergang der einstigen 700 Millionen-Perle aber nicht verhindern können. Nach langer Käufersuche wurde Mittal im vergangenen Oktober beim US-Finanzinvestor Regent fündig. Der spielt, folgt man dem ‚Manager Magazin‘, eine äußerst dubiose Rolle. Kurioses Detail: Nach einer ersten Entlassungswelle in diesem Frühjahr hat Escada in seiner Zentrale Räume untervermietet – an Wirecard, ausgerechnet. Beide Unternehmen haben ihren Sitz in Aschheim, was die kleine Gemeinde bei München für das ‚Manager Magazin‘ zu „Deutschlands berüchtigtstem Tatort für Wirtschaftskriminelle“ macht.
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Shitstorm für Adele. Die Sängerin zeigt sich auf Instagram anlässlich des Notting Hill Carnival in einem Jamaika-Bikini und mit Bantu Knots – Mini-Dutts, wie sie in Afrika getragen werden – und löst damit eine Welle der Empörung in den sozialen Medien aus. Nicht etwa, weil das Outfit einigermaßen bizarr daherkommt, sondern weil sie sich damit „kultureller Aneignung“ schuldig gemacht habe. Nähme man solche Einsprüche ernst, es wäre das Ende der Mode. Denn die entwickelt sich insbesondere durch Aneignung des Anderen, Fremden, Neuen weiter. Wahrscheinlich dürfte ein Yves Saint Laurent heutzutage als Mann auch keine Frauen mehr in Smokings stecken, ohne einen Shitstorm zu verursachen.
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Mittwoch, 3. September. Ein spannendes Experiment gibt es zurzeit bei Penny in Berlin-Spandau. Der Discounter stellt in seinem „Nachhaltigkeitserlebnismarkt“ die Preise einzelner Lebensmittel den wahren Kosten gegenüber, die etwa auch die Überdüngung, den Verlust von Artenvielfalt und die Treibhausgasemissionen berücksichtigen. So kann der Verbraucher sehen, dass Hackfleisch eigentlich fast dreimal so teuer sein müsste (7,62 statt 2,79 Euro das Pfund) und für H‑Milch statt 79 Cent 1,75 Euro fällig wären. Berechnet hat das die Uni Augsburg.
Was aus der Preisgegenüberstellung außer lobenswerter Aufklärung folgt, ist freilich unklar. Soll man auf den Kauf verzichten, um nicht der Umweltzerstörung Vorschub zu leisten? Soll man kaufen und ein schlechtes Gewissen dabei haben? Werden die Preise bei Penny demnächst auf ein realistisches Niveau steigen, und wird der Discounter die Marge dann an den Staat oder NGOs zur Behebung der Umweltschäden abtreten? Oder soll man bei Penny statt bei Aldi kaufen, weil die wenigstens ehrlich sind?