Gundel Ekeldoort, in Kürze wird ein neuer Papst gewählt.…
Um jeglichen Gerüchten den Boden zu entziehen: Ich trete nicht an.
Sie sind ja auch kein Kardinal!
Und kein cis-Mann! Ich werde seit meiner Geburt als Ente gelesen. Und wir sind ja hier nicht bei Conclave.
Der aktuellen Verfilmung des Bestsellers von Robert Harris, wo überraschend eine Transperson zum Papst gewählt wird?
Danke fürs Spoilern. Nein. Für mich wird kein weißer Rauch aufsteigen. Mich füllt meine Position als Modepapst auch bereits voll und ganz aus.
Modepapst, ist das nicht ein arg vermessener Titel? Gäbe es Unfehlbarkeit in der Mode, wären die Abschriften im Einzelhandel nicht so hoch, oder?
Hier wie dort gilt: Man muss an die Botschaft glauben. Und bezahlen.
Womit wir beim Thema wären. Wir wollten über das Verhältnis von Mode und Kirche sprechen.
Da gibt es viele Parallelen. In beiden Bereichen wird Kleidung genutzt, um Zugehörigkeit, Status und Rolle auszudrücken. Es gibt Vorgaben, welche Kleidung wann und von wem getragen werden darf. In der Kirche sind Schnitt, Farbe und Material liturgischer Gewänder genau geregelt – vergleichbar mit Dresscodes und Trends in der Modewelt. Kleidung dient in beiden Feldern der Inszenierung. Zusammenfassend kann man sagen: Kirche und Mode nutzen Kleidung als Mittel zur Kommunikation, Abgrenzung und Inszenierung – mit festen Regeln, Symbolik und gesellschaftlicher Wirkung. Mode gilt freilich als vergänglich und auf Ästhetik ausgerichtet, Religion steht dagegen für Beständigkeit und Sinnsuche.
Wow! So eine fundierte Antwort habe ich von Ihnen gar nicht erwartet.
Die ist ja auch von ChatGPT.
Apropos Dresscode: Donald Trump trug beim Requiem am vergangenen Samstag statt des vorgeschriebenen schwarzen einen marineblauen Anzug.
Mit diesem simplen Kniff hat er allen anderen die Schau gestohlen. Mit Ausnahme vielleicht von Franziskus.
Immerhin hat er seine gelbe Osterkrawatte abgelegt.
Das hätte man in Kombination mit dem blauen Anzug als Solidarität mit der Ukraine missverstehen können.
"Die Kirche hat das Marketing erfunden! Das Kreuz hat weltweit eine Wiedererkennbarkeit wie kein anderes Logo."
Wir schweifen ab. Was kann die Modebranche von der Kirche lernen?
Storytelling! Die Bibel wird seit 2000 Jahren verlesen. Auch Community Building hat die Kirche voll drauf. Aus zwölf Jüngern haben die Katholiken 1,4 Milliarden Mitglieder gemacht. Und das ganz ohne CRM-System.
Die Kirche als Marketing-Benchmark?
Die Kirche hat das Marketing erfunden! Das Kreuz hat weltweit eine Wiedererkennbarkeit wie kein anderes Logo. Die Glocken, die Gesänge, der Weihrauch, die Hostien, der Wein – multisensuales Branding at its best! Und haben Sie die Beerdigung am Samstag verfolgt? Gegen solche spektakulären Inszenierungen mit all den prächtigen Kleidern und Ritualen können die Schauen in Paris und Mailand einpacken. Eine Gästeliste wie der Vatikan hätte Anna Wintour vermutlich gerne für ihre Met Gala.
Die Vogue-Chefin hat vor ein paar Jahren im Metropolitan Museum eine große Ausstellung zum Thema Religion und Mode organisiert. Bei "Heavenly Bodies" gab es Entwürfe von berühmten Couturies zu sehen, die vom Katholizismus inspiriert wurden.
Kopiert wird in der Mode nicht erst seit H&M.
Modeleute haben zudem immer wieder versucht, die Kirche für sich einzunehmen. Unvergessen die Jogginghose, die Renzo Rosso Franziskus bei einer Audienz überreicht hat. War das nicht ziemlich plumpe PR?
Ich fand's nett von Renzo. Auch ein Papst hat schließlich mal Feierabend. Viel werbewirksamer dürften die roten Schläppchen gewesen sein, die Benedikt XVI so gerne trug. Seither wissen wir: Nicht nur der Teufel trägt Prada! Das sicher einflussreichste Motiv aber war der KI-generierte Streetwear-Papst im weißen Daunenmantel. Damit wurde der ganzen Welt klar, welche Revolution mit der Künstlichen Intelligenz auf uns zurollt.
Einen großen Unterschied gibt es natürlich schon, nicht wahr? Die Kirche verfolgt ideelle und spirituelle Motive, Unternehmen haben dagegen wirtschaftliche Ziele.
Am Ende geht es beiden um Wachstum. Die Kirche braucht Schäfchen, die Unternehmen Mäuse.
Die geballte Expertise von Gundel Ekeldoort gibt es hier.