Passiert large

Zollkrieg und Luxuskrise

Img
Jür­gen Mül­ler

Zu den pro­mi­nen­ten Opfern des Trump­schen Zoll-Irr­sinns zäh­len die glo­ba­len Luxus­mar­ken­kon­zer­ne. Sie dro­hen zwi­schen die Fron­ten zu gera­ten. Chi­na und die USA sind welt­weit die wich­tigs­ten Absatz­märk­te für Luxus­wa­re. Wegen des poli­tisch dro­hen­den Decou­plings und weil der lang­jäh­ri­ge Wachs­tums­trei­ber Chi­na schwä­chel­te, haben sich vie­le glo­bal play­er zuletzt stär­ker in Rich­tung USA ori­en­tiert. Zumal dort die Kon­junk­tur brumm­te. Jetzt macht ihnen Donald Trump mit sei­nem wahn­wit­zi­gen Zoll-Rou­lette einen Strich durch die Rech­nung. In den ver­gan­ge­nen vier Wochen gin­gen die Kur­se der Luxus­mar­ken­in­dus­trie in die Knie: LVMH um 17 Pro­zent, Kering um 19 Pro­zent, Pra­da und Riche­mont um 18 Pro­zent. Der MSCI World ver­lor im glei­chen Zeit­raum ledig­lich 4 Pro­zent. Die Kur­se von Mas­sen­an­bie­tern wie Indi­tex und H&M lagen im April übri­gens sogar im Plus (mit 3,5 bzw. 5,9 Pro­zent).

Unter den Luxus­mar­ken hat sich Her­mès mit einem 5 Pro­zent-Minus ver­gleichs­wei­se wacker geschla­gen. Die Mono­la­bel­fir­ma ist mit einem Bör­sen­wert von 250 Mil­li­ar­den Euro aktu­ell genau­so hoch bewer­tet wie der um ein Viel­fa­ches grö­ße­re LVMH-Kon­zern mit all sei­nen Mar­ken, dar­un­ter Lou­is Vuit­ton, Dior und Tif­fa­ny. Ber­nard Arnault wird des­halb nun noch nei­di­scher auf das Unter­neh­men bli­cken als vor über zehn Jah­ren. Damals hat­te der „Wolf im Kasch­mir­pelz“ Her­mès zu über­neh­men ver­sucht, war aber am Wider­stand der Inha­ber­fa­mi­lie geschei­tert.

Arnault hat vor sechs Jah­ren noch öffent­lich­keits­wirk­sam eine Pro­duk­ti­on in Texas eröff­net. Gemein­sam mit dem dama­li­gen Prä­si­den­ten Trump, zu des­sen erneu­ter Amts­ein­füh­rung er mit sei­ner Fami­lie ein­ge­la­den war. Wie die bei der Inau­gu­ra­ti­on eben­falls anwe­sen­den Tech-Bros muss der LVMH-Chef jetzt mit anse­hen, wie ihn die Poli­tik sei­nes ver­meint­li­chen Kum­pels buch­stäb­lich ein Ver­mö­gen kos­tet.

Scha­den­freu­de ist den­noch fehl am Platz. Der Zoll­krieg scha­det bekannt­lich nicht nur den Luxus­an­bie­tern, son­dern der gesam­ten glo­ba­len Mode­indus­trie. Die Fol­gen wer­den höhe­re Prei­se, Umsatz­ver­lus­te, gestör­te Lie­fer­ket­ten und ein ver­stärk­ter Wett­be­werbs­druck sein. Dass man bei Trump immer damit rech­nen muss, dass es anders kommt, kann nie­man­den beru­hi­gen. Die Unbe­re­chen­bar­keit des US-Prä­si­den­ten ist der größ­te Risi­ko­fak­tor für die Welt­wirt­schaft.

Trumps Zölle treffen die Marken, die sich in erster Linie an eine Möchtegern-Zielgruppe wenden. Den wirklich Superreichen werden Preiserhöhungen egal sein.

Bei den Luxus­kon­zer­nen kom­men struk­tu­rel­le und haus­ge­mach­te Pro­ble­me dazu. Guc­ci steht exem­pla­risch für die unfass­ba­re Macht der Mode, die eine Mar­ke in kür­zes­ter Zeit groß machen und eben­so schnell wie­der out sein las­sen kann. Ange­sichts des mas­si­ven 25-pro­zen­ti­gen Umsatz­ein­bruchs, den Guc­ci die­se Woche fürs ers­te Quar­tal ver­zeich­net, ver­steht man jetzt end­gül­tig, wes­halb Saba­to de Sar­no gehen muss­te. Sei­nen Nach­fol­ger Dem­na erwar­tet ein ziem­li­ches Him­mel­fahrts­kom­man­do. Man kann für ihn nur hof­fen, dass er eine ent­spre­chen­de Abfin­dungs­klau­sel in sei­nen Ver­trag ver­han­delt hat. Aber auch die meis­ten ande­ren Kering-Brands haben Umsatz ver­lo­ren. Und LVMH hat ver­gan­ge­ne Woche eben­falls 2 Pro­zent Umsatz­mi­nus fürs ers­te Quar­tal gemel­det.

Über die Luxu­ry Fati­gue ist viel geschrie­ben wor­den. Im Kern liegt die­ser laten­te Über­druss an einem Über­an­ge­bot. An Brands, die Luxus ver­spre­chen, aber Pro­duk­te ver­kau­fen, die das vie­le Geld nicht wert sind. An Mar­ken, die Exklu­si­vi­tät behaup­ten, aber durch über­mä­ßi­ge Dis­tri­bu­ti­on und glo­ba­le Online­prä­senz ubi­qui­tär sind. Dass Mythe­re­sa jetzt Pra­das glo­ba­ler Online-Exklu­siv­part­ner ist, ist schön für Mythe­re­sa und kurz­fris­tig auch für Pra­da. Dass man die Mar­ke mit einem Klick noch im hin­ters­ten Win­kel der Rocky Moun­ta­ins erhält, stei­gert lang­fris­tig nicht deren Begehr­lich­keit.

Carl Til­les­sen hat in sei­nem bril­lan­ten Bei­trag in pro­fa­shio­nals neu­lich beschrie­ben, was im Luxu­ry Busi­ness die Spreu vom Wei­zen trennt: LVMH & Co zie­len letzt­lich auf den aspi­ra­tio­nal luxu­ry con­su­mer, dem sie teu­re, aber am Ende den­noch für vie­le Men­schen erschwing­li­che Pre­mi­um­wa­re ver­kau­fen. Wirk­li­che Luxus­pro­duk­te sind für eine High End-Ziel­grup­pe gemacht – zeit­los gestal­tet, aus kost­ba­ren Mate­ria­li­en, exzel­lent ver­ar­bei­tet, kom­pro­miss­lo­se Qua­li­tät. Kos­te es, was es wol­le.

Trumps Zöl­le tref­fen die Mar­ken, die sich in ers­ter Linie an eine Möch­te­gern-Ziel­grup­pe wen­den. Den wirk­lich Super­rei­chen wer­den Preis­er­hö­hun­gen egal sein.

Schlagworte:, ,
Das könnte Sie auch interessieren:

4 Antworten zu “Zollkrieg und Luxuskrise

  1. Lie­ber Herr Mül­ler,
    Dan­ke für die gut struk­tu­rier­te Dar­stel­lung und Ein­schät­zung.
    Für uns bei van Laack hat das Gan­ze Poten­ti­al für einen Auf­wärts­trend, weil
    es (end­lich..) wie­der mehr auf ech­te Wer­te der Pro­duk­te ankom­men wird.
    Das mer­ken wir auch bereits mit einem (hauch­dün­nen…) Plus statt Minus und das bei stei­gen­den(!)
    Erträ­gen…
    (By the way:
    Der Wider­stand gegen Arnauld bei Her­mes kam von der Fami­lie Dumas ‑die Wert­hei­mer
    Brü­der machen doch Cha­nel…)
    Herz­li­che Grü­ße und alles Gute, Chris­ti­an von Dani­els

  2. Lie­ber Herr Mül­ler,
    herz­li­chen Dank – bes­tens beschrie­ben und end­lich mal eine "offe­ne" Ein­schät­zung bzw. ein Zurecht­rü­cken des mitt­ler­wei­le infla­tio­nä­ren Begriffs "Luxus". Man kann in jedem Fall die Bedeu­tung und Defi­ni­ti­on "Luxus" phi­lo­so­phisch unend­lich in die Län­ge zie­hen – jedes Indi­vi­du­um defi­niert selbst­ver­ständ­lich Luxus ent­spre­chend der urei­ge­nen Bedürf­nis­se und Mög­lich­kei­ten sehr unter­schied­lich.
    Den­noch ist es Zeit gera­de im Fashion Sek­tor den Luxus zu seg­men­tie­ren. Es sind ein­fach zu vie­le Luxus­an­bie­ter unter­wegs die mit guten, teu­ren und sehr anspre­chen­den Mar­ke­ting Stra­te­gien "Luxus Pro­duk­te" in den Markt drü­cken, die mass­los über­teu­ert sind und letzt­end­lich mehr­heit­lich ver­ein­sam­te und geschwäch­te See­len bedie­nen – "end­lich wer­de ich wahr­ge­nom­men".. "Altes Geld vs. Neu­es Geld"
    Herz­li­che Grüs­se und bes­te Grüs­se vom Zürich­see
    Klaus

Was ist Ihre Meinung dazu?

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert