
Zu den prominenten Opfern des Trumpschen Zoll-Irrsinns zählen die globalen Luxusmarkenkonzerne. Sie drohen zwischen die Fronten zu geraten. China und die USA sind weltweit die wichtigsten Absatzmärkte für Luxusware. Wegen des politisch drohenden Decouplings und weil der langjährige Wachstumstreiber China schwächelte, haben sich viele global player zuletzt stärker in Richtung USA orientiert. Zumal dort die Konjunktur brummte. Jetzt macht ihnen Donald Trump mit seinem wahnwitzigen Zoll-Roulette einen Strich durch die Rechnung. In den vergangenen vier Wochen gingen die Kurse der Luxusmarkenindustrie in die Knie: LVMH um 17 Prozent, Kering um 19 Prozent, Prada und Richemont um 18 Prozent. Der MSCI World verlor im gleichen Zeitraum lediglich 4 Prozent. Die Kurse von Massenanbietern wie Inditex und H&M lagen im April übrigens sogar im Plus (mit 3,5 bzw. 5,9 Prozent).
Unter den Luxusmarken hat sich Hermès mit einem 5 Prozent-Minus vergleichsweise wacker geschlagen. Die Monolabelfirma ist mit einem Börsenwert von 250 Milliarden Euro aktuell genauso hoch bewertet wie der um ein Vielfaches größere LVMH-Konzern mit all seinen Marken, darunter Louis Vuitton, Dior und Tiffany. Bernard Arnault wird deshalb nun noch neidischer auf das Unternehmen blicken als vor über zehn Jahren. Damals hatte der „Wolf im Kaschmirpelz“ Hermès zu übernehmen versucht, war aber am Widerstand der Inhaberfamilie gescheitert.
Arnault hat vor sechs Jahren noch öffentlichkeitswirksam eine Produktion in Texas eröffnet. Gemeinsam mit dem damaligen Präsidenten Trump, zu dessen erneuter Amtseinführung er mit seiner Familie eingeladen war. Wie die bei der Inauguration ebenfalls anwesenden Tech-Bros muss der LVMH-Chef jetzt mit ansehen, wie ihn die Politik seines vermeintlichen Kumpels buchstäblich ein Vermögen kostet.
Schadenfreude ist dennoch fehl am Platz. Der Zollkrieg schadet bekanntlich nicht nur den Luxusanbietern, sondern der gesamten globalen Modeindustrie. Die Folgen werden höhere Preise, Umsatzverluste, gestörte Lieferketten und ein verstärkter Wettbewerbsdruck sein. Dass man bei Trump immer damit rechnen muss, dass es anders kommt, kann niemanden beruhigen. Die Unberechenbarkeit des US-Präsidenten ist der größte Risikofaktor für die Weltwirtschaft.
Trumps Zölle treffen die Marken, die sich in erster Linie an eine Möchtegern-Zielgruppe wenden. Den wirklich Superreichen werden Preiserhöhungen egal sein.
Bei den Luxuskonzernen kommen strukturelle und hausgemachte Probleme dazu. Gucci steht exemplarisch für die unfassbare Macht der Mode, die eine Marke in kürzester Zeit groß machen und ebenso schnell wieder out sein lassen kann. Angesichts des massiven 25-prozentigen Umsatzeinbruchs, den Gucci diese Woche fürs erste Quartal verzeichnet, versteht man jetzt endgültig, weshalb Sabato de Sarno gehen musste. Seinen Nachfolger Demna erwartet ein ziemliches Himmelfahrtskommando. Man kann für ihn nur hoffen, dass er eine entsprechende Abfindungsklausel in seinen Vertrag verhandelt hat. Aber auch die meisten anderen Kering-Brands haben Umsatz verloren. Und LVMH hat vergangene Woche ebenfalls 2 Prozent Umsatzminus fürs erste Quartal gemeldet.
Über die Luxury Fatigue ist viel geschrieben worden. Im Kern liegt dieser latente Überdruss an einem Überangebot. An Brands, die Luxus versprechen, aber Produkte verkaufen, die das viele Geld nicht wert sind. An Marken, die Exklusivität behaupten, aber durch übermäßige Distribution und globale Onlinepräsenz ubiquitär sind. Dass Mytheresa jetzt Pradas globaler Online-Exklusivpartner ist, ist schön für Mytheresa und kurzfristig auch für Prada. Dass man die Marke mit einem Klick noch im hintersten Winkel der Rocky Mountains erhält, steigert langfristig nicht deren Begehrlichkeit.
Carl Tillessen hat in seinem brillanten Beitrag in profashionals neulich beschrieben, was im Luxury Business die Spreu vom Weizen trennt: LVMH & Co zielen letztlich auf den aspirational luxury consumer, dem sie teure, aber am Ende dennoch für viele Menschen erschwingliche Premiumware verkaufen. Wirkliche Luxusprodukte sind für eine High End-Zielgruppe gemacht – zeitlos gestaltet, aus kostbaren Materialien, exzellent verarbeitet, kompromisslose Qualität. Koste es, was es wolle.
Trumps Zölle treffen die Marken, die sich in erster Linie an eine Möchtegern-Zielgruppe wenden. Den wirklich Superreichen werden Preiserhöhungen egal sein.