“Anlaufstelle für den Handel von Morgen” will die K5 sein. Doch aktuell geht es für die “Future Retailer” darum, das Heute zu überstehen.
Wir haben keine E‑Commerce-Krise, so der Tenor diese Woche in Berlin. Sondern eine Konsumkrise. Das mag so sein. Zugleich hat diese Konsumkrise wenn nicht das Geschäftsmodell aber doch viele Online Retailer in eine veritable Krise gestürzt. Wachstumshybris, Sicherheitsorders wegen der Lieferkettenturbulenzen und der Druck der Investoren, die trotz der historischen Lockdown-Hausse eine Minus-Planung nicht akzeptiert hätten, trafen auf Inflation und rückläufige Nachfrage. Das hat zu massiven Überbeständen geführt.
Dazu kommen finanzielle Engpässe. Wegen der steigenden Zinsen sitzt das Geld nicht mehr so locker, und die Kapitalgeber stellen ihre E‑Com-Invests kühl kalkulierend auf den Prüfstand (die Stationären darf das – siehe Hallhuber – nicht beruhigen). Statt mit fremdem Geld Verluste zu produzieren, geht es jetzt darum, mit selbst verdientem Geld die Voraussetzungen für neues Wachstum zu schaffen.
Dazu wird es nicht zuletzt andere Qualitäten im Management brauchen. Die vor allem auf Wachstum getrimmte Startup-Generation lernt jetzt Wirtschaften 'the hard way'. Die Millennials müssen diese Zeitenwende im Online Business nicht zuletzt mental meistern. Viele werden es nicht schaffen. “Wir müssen endlich wieder echte Händler werden”, hieß es auf dem Podium in Berlin. Die meisten im Publikum waren das nie.
In den kommenden Monaten dürften deshalb noch mehr MyToys vom Markt genommen werden. Die Konsolidierungswelle rollt. Eine Chance auch für die Old Economy: Stationäre Player wie XXL Lutz (Übernahme von Home24) oder die Fraser Group (Einstieg bei Asos und Boohoo) werden ihre Chance nutzen und die Digitalsparten arrondieren, die sie selbst nicht aufbauen konnten.
Es kann wenig Zweifel daran geben, dass der Online-Kanal weiter wachsen wird. Die Frage ist nur: Wer macht dann das Geschäft?
Bei all dem kann es wenig Zweifel daran geben, dass der Online-Kanal weiter wachsen wird. Die Frage ist nur: Wer macht dann das Geschäft? “Was Zalando für P&C war, sind Temu und Shein für Zalando”, so Alexander Graf in Berlin. “Zalando ist der neue Karstadt.” Ob die Aktie am Dienstagnachmittag deswegen überraschend abgesackt ist?
Was Graf zugespitzt formuliert meint, ist, dass die technologischen Potenziale in der Kundenansprache und in der Supply Chain längst nicht ausgeschöpft sind, und dass es Player aus Asien gibt, die hier bereits sehr viel weiter sind. Insofern war es spannend, bei der K5 erstmals einen Vertreter von Shein zu erleben. Der erzählte wenig Neues und produzierte sogar ein paar Lacher, als er das Geschäftsmodell als besonders sustainable beschrieb. Das ist es, soweit die nachfragegesteuerte Produktion Ressourcen schont und Abfall vermeidet. Auf der anderen Seite triggert das System mit seiner Billigware den Konsum und sorgt für noch vollere Kleiderschränke.
Natürlich war Peter Pernot-Day nicht aus Kalifornien angereist, um die Konkurrenz aufzuschlauen. Der möglicherweise bevorstehende Börsengang wird eine Rolle gespielt haben. Nicht zuletzt will Shein sein Supply Chain-Ökosystem auch anderen Brands anbieten. Das sollte man sich zumindest anschauen. Ob Peter nach seinem Auftritt im Estrel Hotel noch einen Termin bei Zalando hatte? Die Berliner hatten seinerzeit mit zLabels ganz ähnliche Überlegungen für ein Pull-System à la Shein.
Und dann war bei der K5 das Wort Intelligenz in aller Munde, wahlweise “operational intelligence”, “assortment intelligence”, “artificial intelligence”, “augmented intelligence”. Alles käuflich zu erwerben bei Ausstellern und Beratern. Bei soviel Intelligenz kann ja dann nun eigentlich nichts mehr schiefgehen.