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Zalando der neue Karstadt?

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Jür­gen Mül­ler

“Anlauf­stel­le für den Han­del von Mor­gen” will die K5 sein. Doch aktu­ell geht es für die “Future Retail­er” dar­um, das Heu­te zu über­ste­hen.

Wir haben kei­ne E‑Com­mer­ce-Kri­se, so der Tenor die­se Woche in Ber­lin. Son­dern eine Kon­sum­kri­se. Das mag so sein. Zugleich hat die­se Kon­sum­kri­se wenn nicht das Geschäfts­mo­dell aber doch vie­le Online Retail­er in eine veri­ta­ble Kri­se gestürzt. Wachs­tums­hy­bris, Sicher­heits­or­ders wegen der Lie­fer­ket­ten­tur­bu­len­zen und der Druck der Inves­to­ren, die trotz der his­to­ri­schen Lock­down-Hausse eine Minus-Pla­nung nicht akzep­tiert hät­ten, tra­fen auf Infla­ti­on und rück­läu­fi­ge Nach­fra­ge. Das hat zu mas­si­ven Über­be­stän­den geführt.

Dazu kom­men finan­zi­el­le Eng­päs­se. Wegen der stei­gen­den Zin­sen sitzt das Geld nicht mehr so locker, und die Kapi­tal­ge­ber stel­len ihre E‑Com-Invests kühl kal­ku­lie­rend auf den Prüf­stand (die Sta­tio­nä­ren darf das – sie­he Hall­hu­ber – nicht beru­hi­gen). Statt mit frem­dem Geld Ver­lus­te zu pro­du­zie­ren, geht es jetzt dar­um, mit selbst ver­dien­tem Geld die Vor­aus­set­zun­gen für neu­es Wachs­tum zu schaf­fen.

Dazu wird es nicht zuletzt ande­re Qua­li­tä­ten im Manage­ment brau­chen. Die vor allem auf Wachs­tum getrimm­te Start­up-Gene­ra­ti­on lernt jetzt Wirt­schaf­ten ‘the hard way’. Die Mil­len­ni­als müs­sen die­se Zei­ten­wen­de im Online Busi­ness nicht zuletzt men­tal meis­tern. Vie­le wer­den es nicht schaf­fen. “Wir müs­sen end­lich wie­der ech­te Händ­ler wer­den”, hieß es auf dem Podi­um in Ber­lin. Die meis­ten im Publi­kum waren das nie.

In den kom­men­den Mona­ten dürf­ten des­halb noch mehr MyToys vom Markt genom­men wer­den. Die Kon­so­li­die­rungs­wel­le rollt. Eine Chan­ce auch für die Old Eco­no­my: Sta­tio­nä­re Play­er wie XXL Lutz (Über­nah­me von Home24) oder die Fraser Group (Ein­stieg bei Asos und Boo­hoo) wer­den ihre Chan­ce nut­zen und die Digi­tal­spar­ten arron­die­ren, die sie selbst nicht auf­bau­en konn­ten.

Es kann wenig Zweifel daran geben, dass der Online-Kanal weiter wachsen wird. Die Frage ist nur: Wer macht dann das Geschäft?

Bei all dem kann es wenig Zwei­fel dar­an geben, dass der Online-Kanal wei­ter wach­sen wird. Die Fra­ge ist nur: Wer macht dann das Geschäft? “Was Zalan­do für P&C war, sind Temu und Shein für Zalan­do”, so Alex­an­der Graf in Ber­lin. “Zalan­do ist der neue Kar­stadt.” Ob die Aktie am Diens­tag­nach­mit­tag des­we­gen über­ra­schend abge­sackt ist?

Was Graf zuge­spitzt for­mu­liert meint, ist, dass die tech­no­lo­gi­schen Poten­zia­le in der Kun­den­an­spra­che und in der Sup­p­ly Chain längst nicht aus­ge­schöpft sind, und dass es Play­er aus Asi­en gibt, die hier bereits sehr viel wei­ter sind. Inso­fern war es span­nend, bei der K5 erst­mals einen Ver­tre­ter von Shein zu erle­ben. Der erzähl­te wenig Neu­es und pro­du­zier­te sogar ein paar Lacher, als er das Geschäfts­mo­dell als beson­ders sus­tainable beschrieb. Das ist es, soweit die nach­fra­ge­ge­steu­er­te Pro­duk­ti­on Res­sour­cen schont und Abfall ver­mei­det. Auf der ande­ren Sei­te trig­gert das Sys­tem mit sei­ner Bil­lig­wa­re den Kon­sum und sorgt für noch vol­le­re Klei­der­schrän­ke.

Natür­lich war Peter Per­not-Day nicht aus Kali­for­ni­en ange­reist, um die Kon­kur­renz auf­zu­schlau­en. Der mög­li­cher­wei­se bevor­ste­hen­de Bör­sen­gang wird eine Rol­le gespielt haben. Nicht zuletzt will Shein sein Sup­p­ly Chain-Öko­sys­tem auch ande­ren Brands anbie­ten. Das soll­te man sich zumin­dest anschau­en. Ob Peter nach sei­nem Auf­tritt im Est­rel Hotel noch einen Ter­min bei Zalan­do hat­te? Die Ber­li­ner hat­ten sei­ner­zeit mit zLa­bels ganz ähn­li­che Über­le­gun­gen für ein Pull-Sys­tem à la Shein.

Und dann war bei der K5 das Wort Intel­li­genz in aller Mun­de, wahl­wei­se “ope­ra­tio­nal intel­li­gence”, “assort­ment intel­li­gence”, “arti­fi­ci­al intel­li­gence”, “aug­men­ted intel­li­gence”. Alles käuf­lich zu erwer­ben bei Aus­stel­lern und Bera­tern. Bei soviel Intel­li­genz kann ja dann nun eigent­lich nichts mehr schief­ge­hen.

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