Das Internet verschärft den Preisdruck. In den Weiten des World Wide Web gibt es immer einen, der billiger ist. Die totale Preistransparenz ist schön für die Kunden, aber anstrengend für die Anbieter. Preisdisziplin – also die Einhaltung unverbindlicher Preisempfehlungen der Lieferanten – wird endgültig zur Illusion. Nicht selten sind es gar die Online-Shops der Markenindustrie selbst, die den Handel zur Reaktion zwingen. Das Preisangebot ist halt der einfachste Weg, im Internet Aufmerksamkeit zu generieren. Als beispielsweise Hugo Boss seinen Webshop startete, gab es auffällig viele Sale-Aktionen. Auch bei Esprit gab es regelmäßig Ärger mit den Wholesale-Kunden. Das britische Warenhausunternehmen John Lewis bietet seine Ware im Webshop heute noch ein paar Prozent günstiger an als in den Filialen. Price Competitiveness sei für die Akzeptanz eines Online-Angebots unabdingbar, so John Lewis-Managing Director Andy Street neulich auf dem Global Department Store Summit in Paris.
Weil der Preis im Internet eine überragende Rolle spielt, werden insbesondere jene stationären Anbieter in Erklärungsnot geraten, deren Hauptargument der Preis ist. Denn die preissensiblen Kunden werden künftig vor allem online Ware suchen und kaufen. "Der stationäre Handel muss die Frage beantworten, warum Kunden höhere Preise zahlen sollen", so Prof. Oliver Hinz im September auf der Internationalen Handelstagung des GDI. "Ein Fokus auf Preiskommunikation ist nicht ratsam." Ein Anbieter wie Saturn/Media-Markt, zu dessen Erfolgsfaktoren die lokal differenzierte Preisbildung gehörte, fällt der Transparenz des Internets zum Opfer.
Die Preistransparenz tangiert aber nicht nur den Wettbewerb, sie stellt manche Anbieter auch intern vor Herausforderungen. Globale Brands sind auch aus Gründen der Markenführung gezwungen, ihr Pricing international zu harmonisieren. Das Problem haben beispielsweise einige US-Jeans-Marken, die im Heimatmarkt anders positioniert sind als in Übersee. Blöd, wenn die deutschen Käufer einer Premium-Jeans erfahren, dass ihre Hose in Amerika eine Plebs-Marke ist und nicht einmal die Hälfte kostet.
Eine generelle Gefahr droht ganz unabhängig von der direkten Konkurrenz: Der Preis ist stets auch ein Maß für die Wertschätzung eines Produkts. Wenn Mode künftig noch mehr über den Preis verkauft wird, verliert das Produkt insgesamt an Begehrlichkeit und die Branche an Glaubwürdigkeit. Für die meisten Verbraucher ist Bekleidung heute schon eine Commodity. Diese Entwertung schadet allen Anbietern.
Folge 1: Was, wenn es einmal 50% sind?
Folge 2: Neue Nachbarn im Global Village
Folge 3: Der Preis ist heiß
Folge 4: Der Sargnagel für den Land-Handel
Folge 5: Der Generalist gewinnt. Die Spezialisten auch.
Folge 6: Vom Wettbewerb auf den ‑Stufen zur Konkurrenz der Wertschöpfungsketten
Folge 7: Commerce, Content und Community sind die Innovationstreiber
(Foto: Google-Datencenter)