Das Internet bedeutet den GAW. Den „Größten Anzunehmenden Wettbewerb“. Auch wenn bestimmt nicht jeder Anbieter multichannel-fähig werden wird – in der neuen Handelswelt konkurriert potenziell jeder mit jedem, im global village kommt es zu neuen Nachbarschaften. Das Modehaus Meier in Kleinkleckersdorf muss sich nicht mehr nur mit Barbara’s Boutique nebenan herumschlagen, sondern hat es mit Gap aus San Francisco, Neiman Marcus aus Dallas und Net à Porter aus London zu tun. Und mit den Webshops seiner größten Lieferanten Esprit und Hugo Boss. Engelhorn Sports zieht nicht nur die Kunden aus dem Rhein Neckar-Region an, sondern nimmt über seinen Online Shop auch Karstadt Sport in Hamburg Kunden weg. H&M lässt als Katalog-Versender Heine und Klingel alt aussehen. Modische Kunden kaufen ihre Ugg Boots nicht bei Görtz in Frankfurt, sondern bestellen billiger in Australien. Metzingen ist als Fabrikverkaufszentrum nicht mehr nur ein Sehnsuchtsort für Schnäppchenjäger auf der Schwäbischen Alb, sondern auf dem heimischen Sofa angekommen. Dort blättert und bestellt man auch Mode in Harper’s Bazaar, Brigitte oder Cover. Und frequentiert Online-Resterampen wie Vente Privee. Die Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen. Der Hyperwettbewerb zwingt alle, künftig noch mehr zu leisten und – um es mit Rewe zu sagen – „jeden Tag ein bisschen besser“ zu werden. Das klingt banal, ist es aber natürlich nicht.
Anders als man meinen möchte, ist zunächst nicht der stationäre Handel Hauptleidtragender der Entwicklung. Sondern die ersten Opfer der Online-Revolution sind die Katalogversender. Natürlich waren Quelle und Neckermann seit Jahrzehnten schwach auf der Brust. Aber auch ein solide geführtes Unternehmen wie Otto ist nicht ungefährdet von der Entwicklung. Den Unterschied zwischen Amazon und Otto hat ein Spiegel-Artikel neulich sehr anschaulich beschrieben. “Der Kampf Amazon gegen Otto ist auch der Kampf Maschine gegen Mensch, Rechner gegen Händler, Bits gegen Beratung.”
Der Internet-Gigant aus Seattle ist im schnellen Onlinegeschäft groß geworden und hat nicht die über Generationen gewachsenen Strukturen wie das Hamburger Versandhaus. Diese sind auf das langsamere und unflexiblere Katalog-Medium aufgebaut. Tatsächlich ist das schnelle Online-Medium dem stationären Einzelhandel viel näher, wo der Händler einen viel unmittelbareren Kontakt mit den Konsumenten hat und ungleich schneller auf den Markt reagieren kann. Und muss. Das sind die Katalogversender nicht gewohnt. Deren langfristige Planungs- und Beschaffungszyklen und die hierarchischen Aufbauorganisationen vertragen sich nicht mit den schnellen und flexiblen Reaktionszwängen im hochgradig prozessorientierten Online-Geschäft.
Folge 1: Was, wenn es einmal 50% sind?
Folge 2: Neue Nachbarn im Global Village
Folge 4: Der Sargnagel für den Land-Handel
Folge 5: Der Generalist gewinnt. Die Spezialisten auch.
Folge 6: Vom Wettbewerb auf den ‑Stufen zur Konkurrenz der Wertschöpfungsketten
Folge 7: Commerce, Content und Community sind die Innovationstreiber
(Foto: Google-Datencenter)