„No Balenciaga at Met Gala“ meldete Stylenotcom auf Instagram. Eben noch die meistgeklickte Modemarke im Web (laut Lyst), fand sich offenbar kein Star, der Balenciaga auf dem Red Carpet am Montagabend tragen wollte. So schnell kann’s gehen. Bei Konzernschwester Gucci kann man ein Lied davon singen. Vielleicht war Gucci gerade deshalb in New York auffällig vertreten. Unter anderem in Gestalt von Kreativchef Alessandro Michele. Oder war es Jared Leto? Die beiden sind immer schwerer auseinanderzuhalten. Bei der Met Gala trieben sie es auf die Spitze und erschienen zur Freude der Fotografen im Partnerlook.
Vielleicht hatte Balenciaga die Präsenz aber auch schlicht nicht nötig. Der – buchstäbliche – Undercover-Auftritt von Kim Kardashian ist uns schließlich allen noch vor Augen. Vor einem halben Jahr fand sie in dem schwarzen Morphsuit nur mit Hilfe von Demna Gvasalia die Treppe hoch. Eine Treppe, die übrigens Chancen und Risiken birgt. Auf der einen Seite darf auf hohen Schuhen im Blitzlichtgewitter nichts schiefgehen. Andererseits kann man nirgendwo sonst die ganze Pracht der Kleider mit ihren meterlangen Schleppen und der ganzen Stofffülle so schön zeigen. Was etwa Blake Lively in Versace und Tessa Thompson in Caroline Herrera bestens zu zelebrieren wussten.
Es war aber erneut Kim Kardashian, die in New York die Konkurrenz ausstach. In dem glitzernden 4,8‑Millionen-Dollar-Kleid, das der Reality-TV-Star sich aus dem Museum geborgt hat, hatte Marilyn Monroe vor 60 Jahren das legendäre Geburtstagsständchen für JFK gesungen, es war der letzte öffentliche Auftritt der Pop-Ikone. Kardashian hatte sich die Haare monroeblond gefärbt und vor der Gala sieben Kilo abgenommen. Die Drei-Wochen-Diät brachte ihr in den USA prompt die Kritik ein, sie begünstige damit Essstörungen bei ihren Followern. Aber was sollte sie machen? Zu Marilyns Zeiten war Stretchsatin halt noch nicht erfunden.
Glamour ja, aber bitte nachhaltig
Das Kleid war ihr zu groß, befand die Münchner Modetheoretikerin Barbara Vinken danach im Spiegel. Während die Monroe bei dem Auftritt verletzlich und nackt gewirkt habe, was gerade ihre Erotik ausgemacht habe, handele es sich bei Kardashian lediglich um seriell reproduzierbare Aufrüstung. Doch selbstperfektionierte Ewigkeit sei nicht der Stoff, aus dem die wirklichen Stars seien. Es sei Kardashian bei der Met Gala nicht um das Tragen eines Kleides gegangen, sondern um das Übertragen symbolischen Kapitals von einer Ikone auf die nächste Bewerberin, so Vinken. Sage nochmal einer, bei Mode handele es sich um etwas Oberflächliches…
Um Botschaften ging es auch anderen Celebrities: Glamour ja, aber bitte nachhaltig. So trug Emma Stone ihr eigenes Hochzeitskleid auf. Billie Eilish trat in einem (leider ziemlich hässlichen) Upcycling-Dress von Gucci vors Publikum. Cara Delevingne verzichtete gleich ganz auf Textil und erschien oben ohne mit goldener Bodypaint. Und Nina Hollein, die Frau von Met-Direktor Max Hollein, trug ein selbstentworfenes und selbstproduziertes Kleid, mit dem sie sich zwischen all den großen Designernamen keinesfalls zu verstecken brauchte.
Wie stets gab es auf dem Red Carpet auch etliche Stil-Ausfälle zu sehen: Katy Perry, Camila Cabello, Gigi Hadid, Lenny Krawitz. Ja, auch Männer waren da, sogar Elon Musk ließ sich blicken. Und deutsche Celebrities? Am Dienstag kursierten auf Instagram Met Gala-Fotos von den No Angels und Harald Glööckler. Wir hätten’s fast geglaubt. Wenn es nicht bei ‚Galerie Arschgeweih‘ gewesen wäre.
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Und sonst?
…verzeichnet nicht nur Amazon rückläufige Umsätze im Onlinehandel (was das Unternehmen am vergangenen Freitag 200 Milliarden Dollar Börsenwert gekostet hat). Auch Zalando meldete gestern ein Umsatzminus von 1,5% und einen Fehlbetrag von 61 Millionen Euro im ersten Quartal. Der Corona-Höhenflug der Onliner ist vorbei, das Bruttowarenvolumen, das über die Plattformen gehandelt wird, wächst indes weiter. Die Berliner halten an ihrem 30 Milliarden-Ziel für 2025 fest.
…ist Hugo Boss 'back on track'. Man hat das Rad in Metzingen nicht neu erfunden, aber bringt die PS wieder voll auf die Straße. 80 Millionen Euro hat das Unternehmen im ersten Quartal in Marketing investiert, doppelt so viel wie im Vorjahr, und zugleich den Umsatz und vor allem das Ebit kräftig gesteigert. Daniel Grieder widerlegt damit ein Stück weit Henry Ford. Der war der Meinung, dass „die Hälfte meiner Werbung hinausgeworfenes Geld ist. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte.“
…kommen anstrengende Gespräche auf Birkenstock-Händler zu. Die einen, weil sie die Marke gerne weiterführen würden, die anderen, weil sie nicht so viel Ware ordern möchten. Birkenstock hat nämlich angekündigt, sich von der Hälfte seiner 5000 Vertriebspartner trennen und zugleich den Umsatz bis 2025 verdoppeln zu wollen.
…gibt es manchmal komische zeitliche Zufälle: Während Sotheby’s in Köln diese Woche Gegenstände aus Karl Lagerfelds Nachlass versteigert, wird in Amsterdam Karl Lagerfeld verkauft. Die amerikanische G‑III Group, seit 2015 mit 19% an der Firma beteiligt, übernimmt die restlichen 81% für 200 Millionen Dollar.