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Fashion Evolution

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Jür­gen Mül­ler

Es ist Fashion Revo­lu­ti­on Week. Wer hat’s gemerkt? Es ist merk­wür­dig still geblie­ben in der dies­jäh­ri­gen Akti­ons­wo­che. Das mag damit zusam­men­hän­gen, dass die Men­schen zur­zeit ande­res umtreibt: die ira­ni­sche Atta­cke auf Isra­el, der Krieg in Gaza, Putins Über­fall auf die Ukrai­ne. Deutsch­land ist inter­na­tio­nal Schluss­licht beim Wirt­schafts­wachs­tum. Die Ampel strei­tet übers Geld und was auch immer. Bay­ern ver­bie­tet das Gen­dern und Can­na­bis in Bier­gär­ten. Trump und Höcke ste­hen vor Gericht. Und dann war auch noch Cham­pi­ons League. Wenigs­tens da gab es gute Nach­rich­ten.

Viel­leicht erklärt sich die schwa­che Reso­nanz aber auch so, dass sich die Kon­sum­prä­fe­ren­zen bei vie­len Men­schen ver­scho­ben haben. Die  Lebens­hal­tungs­kos­ten sind rasant gestie­gen. Und wer zuse­hen muss, wie er selbst über die Run­den kommt, kann sich um das Schick­sal asia­ti­scher Nähe­rin­nen nicht all­zu vie­le Gedan­ken machen.

Die Fashion Revo­lu­ti­on Week erin­nert bekannt­lich an die Rana Pla­za-Kata­stro­phe in Ban­gla­desch. Elf Jah­re ist das inzwi­schen her. Es war der Weck­ruf für das Beklei­dungs­busi­ness, dass in der Sup­p­ly Chain auch Sozi­al- und Umwelt­stan­dards ein­zu­hal­ten sind. Seit­her haben wir uns auf unzäh­li­gen Bran­chen­po­di­en gegen­sei­tig erzählt, wie furcht­bar alles ist. Mode gilt heu­te vie­len nicht mehr als gla­mou­rö­ses, son­dern auch als schmut­zi­ges Geschäft. Inso­fern haben die Akti­vis­ten im Ver­bund mit den Medi­en eini­ges erreicht. Weil die Öffent­lich­keit mitt­ler­wei­le für das The­ma sen­si­bi­li­siert ist, reagiert die Poli­tik. Deutsch­land und die EU grei­fen immer stär­ker ein und zwin­gen die Unter­neh­men zu kos­ten­trei­ben­den Doku­men­ta­tio­nen und Kon­trol­len.

Bis­wei­len treibt die Regle­men­tie­rung aber auch arge Blü­ten. Wie etwa die Fast Fashion-Son­der­steu­er, die zur­zeit in Frank­reich dis­ku­tiert wird – Popu­lis­mus meets Pro­tek­tio­nis­mus. Es wür­de schon rei­chen, wenn Zoll­be­stim­mun­gen geän­dert wür­den und die chi­ne­si­sche Kon­kur­renz sich an die­sel­ben Stan­dards wie die hie­si­gen Impor­teu­re hal­ten müss­ten. „Die Poli­tik macht sich bei dem The­ma einen extrem schlan­ken Fuß“, kri­ti­sier­te Kik-Chef Patrick Zahn neu­lich bei Mar­kus Lanz.

Nachhaltigkeit wird über kurz oder lang zu einem Hygienefaktor im Modebusiness, der von den Unternehmen buchstäblich einzukalkulieren ist.

Trotz­dem ist in Sachen Sus­taina­bi­li­ty in den ver­gan­ge­nen Jah­ren viel pas­siert. Viel­leicht kei­ne Revo­lu­ti­on, wohl aber eine Evo­lu­ti­on. Natür­lich gibt es in der Bran­che immer noch die­je­ni­gen, die das The­ma negie­ren. Weil es den meis­ten Kun­den herz­lich egal sei, unter wel­chen Bedin­gun­gen Ware pro­du­ziert wur­de, sie schon gar nicht höhe­re Prei­se bezah­len wol­len und statt­des­sen lie­ber Schrott bei Shein kau­fen. So in etwa die Argu­men­ta­ti­on.

Die Pro­gres­si­ven haben sich indes längst auf den Weg gemacht. Sei es, um sich zu pro­fi­lie­ren, oder auch nur, weil es das Risi­ko­ma­nage­ment heut­zu­ta­ge ver­langt. Wir sind in Sachen Sus­taina­bi­li­ty frei­lich längst nicht am Ende. Das wer­den wir nie sein, so lan­ge wir glo­ba­le Lie­fer­ket­ten haben und ‘Mode’ – also die gefühl­te Alte­rung eigent­lich noch trag­ba­rer Beklei­dung durch sich ver­än­dern­de Trends und Geschmacks­mus­ter – der Trei­ber die­ses Geschäfts ist. So gese­hen ist so etwas wie ’nach­hal­ti­ge Mode’ ein Wider­spruch in sich. Viel­leicht soll­ten wir bes­ser von ‘ver­ant­wor­tungs­be­wuss­ter Mode’ spre­chen.

Fest steht: Der sozi­al und öko­lo­gisch ver­ant­wor­tungs­be­wuss­te Umgang mit Res­sour­cen wird über kurz oder lang zu einem Hygie­ne­fak­tor im Mode­busi­ness, der von den Unter­neh­men buch­stäb­lich ein­zu­kal­ku­lie­ren ist. Viel­leicht braucht die­se Erkennt­nis dann auch kei­ne Erin­ne­rung durch eine Fashion Revo­lu­ti­on Week mehr.

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Und sonst?

….. hebt Adi­das sei­ne Pro­gno­se fürs Geschäfts­jahr an. Das rosa Aus­wärts­tri­kot ent­puppt sich offen­bar als Ren­ner. Gut, dass der DFB sei­ne Ent­schei­dung, das umstrit­te­ne Leib­chen vom Markt zu neh­men, dann doch revi­diert hat.

….. „Ich habe kei­ne Angst, eine Par­ty zu ver­pas­sen. Ich bin die Par­ty“, sag­te Rober­to Caval­li einst. Seit ver­gan­ge­nem Frei­tag fei­ert der Desi­gner im Him­mel.

….. „Ich kann bestä­ti­gen, dass es für das nord­ame­ri­ka­ni­sche Geschäft kei­ne Plä­ne gibt, Insol­venz anzu­mel­den”, so Esprit-CEO Wil­liam Pak in WWD. Die For­mu­lie­rung ist mög­li­cher­wei­se der Über­set­zung geschul­det. Ande­rer­seits: Dass Insol­ven­zen geplant wer­den, ist neu­er­dings bekannt­lich nicht mehr unüb­lich. Die Schlie­ßun­gen in der Schweiz und in Bel­gi­en sind womög­lich Vor­be­rei­tun­gen einer grö­ße­ren Ver­än­de­rung. Laut TW gibt es Über­nah­me­ge­sprä­che für das euro­päi­sche Esprit-Busi­ness.

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