Es war ein heißer August, jedenfalls in nachrichtlicher Hinsicht. Wer hat nicht alles für Schlagzeilen gesorgt…
Allen voran Donald Trump, natürlich. Der irrlichert mehr denn je durch die Weltpolitik, was unterhaltsam wäre, wenn es sich lediglich um ein Medienphänomen handelte. Das Grönland-Übernahmeangebot ist nur eine weitere Farce. Sein Druck auf die US-Notenbank und die Zollpolitik gegenüber China tangiert die Weltwirtschaft insgesamt und das mit China so eng verbandelte Textilgeschäft insbesondere. Das ist durch die Hongkong-Krise ohnehin betroffen. Die Wirtschaftsmetropole ist nicht nur der zentrale Hub, wenn es um die Beschaffung geht, sondern zugleich ein wesentlicher Absatzmarkt für die Luxusindustrie: Analysten zufolge stand die Stadt zuletzt für etwa 5% des globalen Luxus-Umsatzes und damit auf einer Stufe mit Paris. Die exportstarke deutsche Modeindustrie trifft der nahende Brexit indes noch härter. Boris Johnson steuert auf den No Deal zu.
Schlechte Nachrichten musste auch Francois Pinault vernehmen, dessen Cash Cow zu lahmen scheint. Gucci steht nach dem stürmischen Wachstum der vergangenen drei Jahre für die Hälfte des Kering-Umsatzes und rund 80% des Gewinns. Im letzten Quartal ging es nicht mehr um 30%, sondern nur noch um 13% nach oben. So eine „Krise“ würden sich viele Wettbewerber mal wünschen. Einerseits. Auf der anderen Seite zeigt das abflachende Wachstum Handlungsbedarf an. Denn es gilt die gerade für den Modemarkt typische Regel: Je schneller es mit einer Marke nach oben geht, desto rapider folgt für gewöhnlich der Absturz.
Den hat auch Thomas Middelhoff hinter sich, weswegen er anlässlich der Veröffentlichung seines neuesten Buches auf Bußgang durch die Talkshows ist. Stephen Greenblatt hatte das nicht nötig. Ihm reicht, dass sich Angela Merkel mit seinem Buch im Urlaub fotografieren ließ, was „Der Tyrann“ in die Bestsellerlisten katapultierte. Wahre Influencer haben Instagram eben nicht nötig.
Das beweist nicht zuletzt Meghan Markle, die sich als Gastredakteurin für die September-Ausgabe der britischen Vogue versuchte. Ein PR-Coup erster Güte! Statt sich selbst hob die Prinzen-Gattin u.a. Greta Thunberg auf den Titel, fotografiert von Peter Lindbergh. Ob die Klimaaktivistin sich damit einen Gefallen tat? Ausgerechnet in einem Magazin aus gewiss nicht umweltfreundlichem Papier? Und was wollte die 16jährige mit dem Atlantik-Segeltörn gemeinsam mit Monaco-Jet Setter Pierre Casiraghi beweisen? Dass sich Verzicht und Luxus nicht ausschließen? Dass man mit dem Schiff nach Amerika fahren kann? Das wissen wir seitdem Kolumbus vor 527 Jahren die Santa Maria dorthin manövriert hat. So war Greta beim G7-Gipfel leider abkömmlich. Das Gruppenfoto des Fashion Pact, den Francois Pinault - angeblich auf Geheiß des französischen Präsidenten – zum Schutz von Klima und Weltmeeren gegründet hat, wäre mit ihr bestimmt noch glaubwürdiger geworden.
Auf einem Titel – dem der italienischen Vogue – ist auch Claudia Schiffer wieder mal zu bewundern. Nackt. Das ist wohl der Gang der Dinge im Unterhaltungsbusiness. Die Stylisten fanden dennoch einen Weg, einen Blazer, eine Clutch und zwei Paar Schuhe an ihr zu drapieren.
Den Höhepunkt dieses Sommers setzte ein anderes Model, die Karl und Claudia zwar nicht kennen wollten, die als GNTM-Mutter aber natürlich für Lieschen Müller das Role Model für Karriere durch Schönheit darstellt: Heidi Klum heisst jetzt Kaulitz. Toms Bruder Bill führte die Trauung durch, der Gala zufolge in einem bei der „Universal Curch of Life“ erworbenen Dress, den es online für 49,99 zusammen mit der Pastorenlizenz zu kaufen gibt. Vater Klum blieb der Hochzeit auf Capri fern, der mutmaßliche Eheanbahner Michael Michalsky musste ebenfalls draußen bleiben.
Stets für eine gute Show zu haben ist auch Philipp Plein. Der streitet sich öffentlichkeitswirksam mit Ferrari, weil die Italiener ihre Boliden nicht in der Schuhwerbung des Designers sehen möchten. Zu viel Sex, zu wenig Geschmack. Und natürlich hat uns Kurt David Roth blendend unterhalten. Der Dandy Diary-Macher (und ehemalige TW-Praktikant) schickte einen falschen Scheich zum Einkaufen ins Alsterhaus. Mit Kamerabegleitung. Jetzt wissen wir, was man sich beim Personal Shopping so alles erlauben kann, tiefe Taschen vorausgesetzt.
Der mutmaßliche Selbstmord von Jeffrey Epstein warf ein obskures Bild auf dessen Verbindung zu L‑Brands-Inhaber Leslie Wexner. Der 81jährige ist mit seiner Vicoria‘s Secret-Masche ohnehin unter Verdacht, einem überkommenen Sexismus zu frönen. Der langjährige Marketingchef Ed Razek hat nun mit 71 (!) seinen Hut genommen. Die TV-Übertragung der Engel-Show ist wegen sinkender Quoten eh abgesagt. Dafür wird jetzt die Show von Rihannas Savage x Fenty-Wäschelinie übertragen – als Amazon Prime Video.
Mark Ralea musste für Stylebop den Gang zum Amtsgericht antreten. Ein weiterer Hinweis darauf, dass auch im Online Retail die Bäume nicht zwangsläufig in den Himmel wachsen. Letztlich waren es die Stylebop-Gründer, die zu spät begriffen, dass das Online-Business ein Wettlauf um Größe ist. Schnelles Wachstum und technologischer Vorsprung lassen sich im globalen Wettbewerb nur mit ausreichend Fremdkapital bewerkstelligen. Jetzt hat der spät eingestiegene Investor Ströer den Stecker gezogen. Susanne und Christoph Botschen haben es mit Mytheresa besser gemacht. CEO Michael Kliger hat gerade Rekordergebnisse verkündet. Eigentümer Neiman Marcus erntet demnächst womöglich erneut die Früchte.
Dass Größe allein es nicht ist, führt zugleich Jose Neves vor. Die Entscheidung von Farfetch, die Off White-Mutter New Guards Group (NGG) zu übernehmen, hat die Börse gnadenlos abgestraft. Die Analysten ließen sich durch den Hype um Virgil Abloh nicht blenden. Und Neves konnte mit dem Deal auch nicht seine Ratlosigkeit bemänteln, wie das Farfetch-Geschäftsmodell jemals Gewinn abwerfen soll. Es ist zugleich fraglich, ob eine schnell aufgepumpte und letztlich substanzlose Luftnummer wie Off White nachhaltigen Erfolg verspricht. Der Gewinner ist NGG-Co-Gründer Davide De Giglio. Der hat sein Unternehmen nach nur vier Jahren für 675 Millionen Dollar verkauft. Diese Deal-Erfahrung dürfte Neves auch davon abhalten, den insolventen Barneys in New York zu übernehmen, was zuletzt kolportiert wurde.
Und sonst so?
Sind die Geschäfte hierzulande zurzeit gar nicht mal schlecht. Der Juli brachte ein kleines Umsatzplus, vor allem konnte der Modehandel signifikant höhere Preise durchsetzen, was der Rendite gut tut. Im August meldet die TW erneut Woche für Woche Zuwachs, die vergangenen beiden Wochen sogar zweistellig.
Gut, dass es kein so heißer Monat war.
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