Nicht nur Autos sind hybrid, das Konsumverhalten ist es leider auch. Dass Klimaschutz und Nachhaltigkeit wichtig sind, wird jeder Vernunftbegabte unterschreiben. Aber an den Ladenkassen ist das Thema bislang nicht wirklich von Relevanz. Man würde gerne mal wissen, wieviele Schulschwänzer nach der Freitagsdemo noch schnell bei Primark vorbeischauen.
Manche in der Industrie sehen es womöglich immer noch als einen vorübergehenden Trend – nach dem Motto: Grün ist das neue Schwarz. Auf den Berliner Messen konnte man jedenfalls den Eindruck bekommen, dass überall Neonyt war. Auf etlichen Ständen wurde Öko plakatiert. Es ist schwer zu glauben, dass all diese Modeunternehmen von einer Saison auf die andere zu Umweltschutzorganisationen mutiert sind.
Relevant für Unternehmen ist das Thema, soweit es die GuV tangiert. Und da ist es leider so, dass höhere ökologische und soziale Standards zunächst zusätzliche Kosten in Produktion, Supply Chain und Vertrieb bedeuten. Diese Kosten auf die Preise umzulegen, lässt der Wettbewerb nicht zu. Und ein Systemwechsel (Stichwort: Fashion-on-demand) bleibt vorerst noch weitgehend Theorie.
So beschränkt sich die Industrie darauf, die Reputationsrisiken zu minimieren. Und sie versucht, Profilierungschancen zu nutzen. Diese werden indes in dem Maße geringer, wie alle – mehr oder weniger glaubwürdig – auf den grünen Zug aufspringen.
Aus diesem Grund werden wir bei Klimaschutz und Nachhaltigkeit erst wirklich vorankommen, wenn sich die Rahmenbedingungen für alle ändern. Da ist der Gesetzgeber gefragt. Was bei der global aufgestellten Bekleidungsindustrie, wo nicht zuletzt auch die Produktionsländer gegeneinander konkurrieren, leichter gesagt als getan ist. Trotzdem muss man hier ansetzen. Eine nationale Initiative wie das „Textilbündnis“ ist ehrenwert, springt aber zu kurz. Und international bleibt es leider allzu oft bei Lippenbekenntnissen. Erinnert sich einer an den entsprechenden Passus bei der Hamburger G20-Abschlusserklärung?
Schon eher helfen wird, wenn ein Kapitalmarktriese wie Blackrock das Thema auf seine Agenda setzt und – wie gerade in Davos geschehen – Klimarisiken zu Investitionsrisiken erklärt. Das ist eine Sprache, die die CEOs verstehen.
Und sonst?
… will die Ispo Ende Juni ein „Davos des Sports“ veranstalten, so Messechef Klaus Dittrich, wo es um die Ziele der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung gehen soll. Die Münchner wollen ihre Messe zur globalen Sportplattform ausbauen, auf der es neben dem Geschäft auch um gesellschaftlich sinnvolle Dinge von Gesundheit bis Umweltschutz gehen soll.
… wird die Copenhagen Fashion Week künftig keine Brands mehr zulassen, die nicht 17 definierten Mindestanforderungen an Sustainability genügen. “Wir müssen uns ehrgeizige Ziele setzen, aber wir dürfen auch keine setzen, die unmöglich zu erreichen sind”, so CEO Cecilie Thorsmark gegenüber BoF. “Dann verlieren wir die Unterstützung der Industrie und haben absolut keine Wirkung mehr.“
… geht es bei der Munich Fabric Start kommende Woche in München um „Thrivability“, ganzheitliche Nachhaltigkeit. Eine coole Idee ist das neu entwickelte Icon-Leitsystem, das die in den Trendforen präsentierten Materialien unter nachhaltigen wie technischen Aspekten kennzeichnet und damit für Transparenz sorgt.
… ist Jeff Bezos nicht nur von mbs gehackt, sondern auch von den eigenen Mitarbeitern angeschossen worden: Die „Amazon Employees for Climate Justice“ kritisieren die Klimaziele des Konzerns als unzureichend. Die Angestellten veröffentlichten den offenen Brief, obwohl der Konzern ihnen mit der Entlassung gedroht hatte.