In Italien reiben sie sich die Augen ob des Ausverkaufs der heimischen Industrie. 2 Milliarden hat Bernard Arnault letzte Woche für 80% an Loro Piana hingeblättert. Erst im April hatte LVMH-Rivale Kering den Schmuckanbieter Pomellato gekauft. Nicht einmal Mailänder Traditions-Kaffeehäuser wie das Cova sind vor dem Zugriff der Franzosen mehr sicher. Die kriselnde und tief verunsicherte italienische Wirtschaft verscherbelt ihr Tafelsilber, scheint es. Auch Bulgari, Brioni, Bottega Venta, Sergio Rossi, Gucci, Cerruti, Sixty und die Valentino Fashion Group sind in ausländischer Hand. Ferragamo und Tod’s gelten als die nächsten Übernahmekandidaten.
Die heimischen Marken-Konglomerate wie GFT, die Valentino Fashion Group oder die IT Holding haben nie das Format der französischen Konkurrenz erreicht, sie gerieten allesamt ins Straucheln. Nur Diesel-Gründer Renzo Rossos Only the Brave-Gruppe scheint als Dachgesellschaft spitzer Labels wie Margiela, DSquared, Viktor & Rolf und Marni zu funktionieren. Patrizio Bertelli ist vor Jahren schon mit dem Versuch gescheitert, aus der Prada Group einen Multi zu machen. „Wir brauchen keine Belehrungen von außen. Unsere Position weltweit ist führend. Ohne die textile Kette in Italien mit all ihrer Kreativität würde es das internationale Modebusiness nicht geben“, tönte der Prada-Chef neulich noch in Florenz. Zur selben Zeit müssen Sergio und Pier Luigi Loro Piana bereits mit Bernard Arnault verhandelt haben.
In deren Fall mögen Nachfolgethemen eine Rolle gespielt haben. Beide Brüder sind in den Sechzigern. Und natürlich ist der Zeitpunkt kein Zufall: Die Verkaufspreise für Luxusmarken dürften aktuell auf einem Höhepunkt sein. Nach dem Luxus-Boom der vergangenen Jahre ist noch genug Wachstumsfantasie da. Gleichzeitig gibt es Indizien, dass die Wachstumsmaschine China ins Stottern gerät und die Hausse sich ihrem Ende zuneigt. So dürfte Loro Piana bei dem langfristig ausgerichteten strategischen Investor LVMH besser aufgehoben sein, als sich nach einem teuren und aufwändigen IPO-Prozess der wetterwendischen Börse auszusetzen. Im Konzernverbund lassen sich Synergien etwa beim Media-Einkauf oder bei der Anmietung von Ladenflächen heben. Man profitiert bei der Diversifikation in andere Kategorien voneinander, bei Lizenzgeschäften und auf der Finanzseite sowieso.
Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass der Wettbewerb im globalen Luxus-Business nicht zuletzt über die Finanzkraft entschieden wird. Eine Weltmarke wie Prada und auch ein Connaisseur-Label wie Brunello Cucinelli konnten nur mit Börsenkapital so schnell wachsen. Die Store-Expansion in neue Märkte, nach Russland und Asien kostet Unsummen. Die Marketing fordert immer mehr. Das boomende Online-Business verlangt Kapital und neues Know-how.
Der Wettbewerb unterliegt nicht zuletzt einem veränderten Konsumentenverhalten, zumindest in den alten, zunehmend postmaterialistisch eingestellten Märkten. Man definiert sich dort nicht mehr nur über das, was man besitzt. Sondern immer mehr über das, was man erlebt. Wer Geld hat, gibt es für exklusive Reisen oder Wellness aus. Demonstrative Luxus-Produkte verlieren demgegenüber an Bedeutung. Das ist einer der Gründe, weshalb Marken wie Armani oder Bulgari Luxus-Hotels und –Resorts eröffnen. Auch wenn diese Marken-Spreizung ihre Grenzen hat – die Anforderungen an das Management von Luxus-Marken werden künftig steigen.
Sergio und Pier Luigi Loro Piana müssen sich über solche Sachen nun keinen großen Kopf mehr machen. Als 20%-Teilhaber werden sie weiterhin den besten Cashmere der Welt produzieren. Und Bernard Arnault kann eine weitere Perle in seine Kette einreihen.
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Und sonst?
… lästerte Wolfgang Joop über die hochschwangere Kate, sie sähe immer aus „wie eine aufgemotzte Stewardess“. Promi-Dissen ist natürlich eine ziemlich billige Art, sich ins Gespräch zu bringen. Abgesehen davon hat Joop nicht ganz unrecht.
… gab Tomas Middelhoff dem heute erscheinenden Manager Magazin ein Interview. Ausgerechnet! Wo er als Arcandor-Chef die Hamburger seinerzeit doch mit einstweiligen Verfügungen bombardiert hatte. In dem Interview mit Sören Jensen und Arno Balzer geht er heftig mit Nicolas Berggruen ins Gericht: "Wie kann man als Stifter und Wohltäter international glaubwürdig agieren, wenn man nicht versucht, ein Unternehmen von der Bedeutung Karstadts mit allen Mitteln zu retten?" Gegenfrage: Wie kann man als Medienprofi sich derart exponieren, wenn man es selbst nicht geschafft hat, Karstadt zu retten?
… feiert S.Oliver heute Abend in Düsseldorf den Relaunch seiner angezogeneren Linie Selection. Oder sollte man in diesem Fall von Ritterschlag sprechen? Unter „Sir Oliver“ will man international durchstarten. So hieß die Boutique, mit der Bernd Freier vor über 40 Jahren in Würzburg mal klein angefangen hatte. Nicht wenige nennen das Unternehmen seit jeher so.
… komme ich nach meinem spektakulären Auftritt in OK! jetzt ganz groß raus:
…und Nein, ich bin nicht ihr Papa.
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