Es ist schon sagenhaft, welches Theater Richard Baker da aufführt. Zur Verkündung seines neuesten Deals zeigt sich der HBC-Eigentümer entspannt in der Kulisse eines WeWork-Offices, in einer camelfarbenen Strickjacke von Commes des Garcons, so hipstermäßig wie die global reisenden Ich AGs, die die Büros des Co-Working-Space-Anbieters bevölkern sollen. Mit der milliardenschweren Beteiligung durch und dem Immobilienverkauf an Finanzinvestor Rhone Capital hat Baker HBC erst mal Luft verschafft. Dass damit im Konzern nun alles in Ordnung ist, wie Baker beteuert, kann man bezweifeln. Die Nachrichten der vergangenen Monate bis hin zum Abgang von CEO Jerry Storch sprechen eine andere Sprache.
Für Galeria Kaufhof ist die Krise des Mutterkonzerns bitter. Dass Baker und nicht Benko zum Zuge kam, war in Köln seinerzeit mehrheitlich begrüßt worden. In nur zwei Jahren haben die Kanadier nun aber aus einem funktionierenden und profitablen Unternehmen einen Krisenfall gemacht. Es entbehrt nicht der Ironie, dass es den Kollegen aus Essen im selben Zeitraum gelungen ist, aus den Negativschlagzeilen zu verschwinden. Dass der von den neuen Eigentümern brüsk abservierte Mister Kaufhof Lovro Mandac kürzlich über die Bild-Zeitung nachgetreten hat, ist nicht sehr fein, aber verständlich.
HBC hat sich über Mieterhöhungen und nach einem Bericht des Manager-Magazins wohl auch über einen Griff in die Kasse bei der deutschen Tochter bedient. Die hatte in einem insbesondere für das Bekleidungsgeschäft schwierigen konjunkturellen Umfeld extrem zu strampeln. Während das Management gegenüber den Lieferanten von Upgrading sprach, liefen im Radio die Rabatt-Aktionen. Die inkonsistente Preispolitik wurde als einer der Gründe für den Abgang von CEO Olivier van den Bossche genannt. Bald darauf musste Ober-Aufseher Don Watros gehen. Im Sommer verunsicherte die Herabstufung durch Kreditversicherer die Lieferanten. Der neue HBC Europe-Chef Wolfgang Link überraschte die Belegschaft schließlich mit der Forderung nach einem Sanierungstarifvertrag. Dafür musste die Bestätigung des designierten neuen Kaufhof-Chefs Roland Neuwald auf Betreiben der Arbeitnehmervertreter erstmal vertagt werden.
Sich derart mit sich selbst zu beschäftigen, kann sich kein Unternehmen auf Dauer leisten. Die aktuellen Herausforderungen des Marktes und der rasante Strukturwandel verlangen im Gegenteil nach einer entschiedenen Führung und beherztem Handeln.
Man kann nur hoffen, dass die Milliarden-Kapitalspritze für HBC auch für die deutsche Tochter Druck aus dem Kessel nimmt. Und dass man sich in Köln möglichst bald dem Tagesgeschäft zuwenden kann. Das allein wird schwer genug. Galeria Kaufhof muss mit jährlichen Mietsteigerungen zwischen 2 und 3,5 Prozent rechnen. Das schreiben die Verträge Medienberichten zufolge für 20 Jahre vor. Und ob die geplante Büro-Umwandlung von drei der sieben Etagen von Galeria Kaufhof in Frankfurt (einem der umsatzstärksten Häuser) das richtige Signal ist?
Und sonst?
… hat Gerry Weber jetzt öffentlichkeitswirksam einen Think Tank fürs Digitale gegründet. Ja – das Internet geht nicht mehr weg.
.… meldet Kering großartige Ergebnisse für seine Töchter. Gucci legt im 3. Quartal um sagenhafte 43 Prozent zu. Alessandro Michele hat hoffentlich eine Umsatzbeteiligung verhandelt. Saint Laurent wächst um 18 und Puma um 16 Prozent. Dass die Raubkatze wieder einen Lauf hat, ist perfektes Timing. Der seit langem kolportierte Verkaufsplan soll aktuellen Presseberichten zufolge 2018 umgesetzt werden.
.… schaltet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft & Menschenrechte neuerdings Anzeigen in der TW, um ans CSR-Gewissen der Branche zu appellieren. Der Umsatz ist dem Verlag zu gönnen und Schäubles schwarze Null dürfte das auch nicht gefährden. Aber es ist schon die Frage, ob sich nicht Sinnvolleres mit Steuergeldern anfangen ließe.