Wenn nur schon überall Düsseldorf wäre. Hier zeigt Karstadt gerne seine neuen Konzepte. So auch aktuell wieder. Vorgestern wurde die große Eröffnung gefeiert, mit Management, Lieferanten, VIPs und Celebrities wie Dita von Teese. Ich konnte leider nicht mit dabei sein. Musste mit Karl Lagerfeld in München Champagner trinken.
Der scheidende Karstadt-Chef Andrew Jennings hat mit dem Haus gleichzeitig seine Vision verwirklicht und sein Erbe hinterlassen. Folgerichtig ist das Motto in diesen Wochen "Feel London". Dass der Verein Deutsche Sprache ihn zum Sprachpanscher des Jahres machte, hat Jennings offensichtlich nicht beeindruckt.
Um es vorwegzunehmen: Düsseldorf ist ein sehr schönes Haus geworden. Eine zeitgemäße Interpretation von Warenhaus, im Fokus Mode und Bekleidung, klar und sauber in der Mitte des Marktes mit Ausschlägen in Richtung kommerzielle Premium-Liga positioniert. Bekleidungssortimente belegen drei riesige Etagen, arrondiert wird das Ganze um eine starke Hausrat- und Haustextilien-Ebene sowie das Gourmet-Untergeschoss.
Im Sortiment alle neuen Marken, derer das britisch dominierte Einkaufsteam in den vergangenen Monaten habhaft werden konnte: 0039 Italy, 2nd Day, 7 for all Mankind, Accessorize, Aldo, Alysi, AllSaints, ASA, BareMinerals, Bellaluxx, Blond Amsterdam, Conran, DCK Schmuck, Doma, Donkey, Elisabeth & James, Essentiel, Farrell, Fuchs und Schmidt, Gardeur, GHD – Good Hair Day, Hunter, Jeff Banks, Joes, Kenneth Cole, Lauren by Ralph Lauren, Le coq sportif, London Fog, Maidenform, Muubaa, Matalan, R95th, Radley, Rich & Royal, Strellson, Superdry, Ted Baker, The Kase, The Kooples, Topman, Topshop, Triangle, Vero Moda, Whistles, Zadig by Zadig & Voltaire. Uff. Danke an die TW für die alphabetische Auflistung, die ich mal eben rüberkopiert habe. Ich hoffe, die Kollegen haben alle Namen richtig geschrieben. Jede Menge Fotos gibt es übrigens bei Nahtlos auf Flickr.
Im Vorfeld wurde lange darüber diskutiert, inwieweit der deutsche Markt auf diese neuen Labels gewartet hat. Wir werden sehen. Die Topshop-Eröffnung neulich im KadeWe soll vielversprechend gewesen sein. Der Ansatz, Differenzierung im Sortiment zu suchen, ist jedenfalls grundsätzlich richtig. Und so attraktiv wie die Karstadt-Eigenmarken sind die ausländischen Labels allemal.
Auch die Präsentation in Düsseldorf stimmt. Karstadt macht vor, wie man riesige Verkaufsetagen interessant aufbricht, ohne dass die Übersicht verloren geht. Das Sortiment ist größtenteils nach Marken sortiert, die Nachbarschaften sind weitgehend stimmig. Überall im Laden hübsche Details – Londoner Telefonzellen, Melonen-Schwärme an der Decke, Beatclub-Atmosphäre mit E‑Gitarren und Marshall-Verstärkern. In der jungen DOB um Topshop laute House-Musik. Am gestrigen offiziellen ersten Eröffnungstag wimmelte es überall im Haus von Hostessen, Degustationen, Wein-Bars und Schminktischen. Man hat sich Mühe gegeben. Ein Besuch in sechs Wochen wird zeigen, was von dem Elan übrig geblieben ist. Gestern war untertags wenig Frequenz. Am Samstag dürfte der eigentliche Rummel anstehen.
Aber Düsseldorf ist wie gesagt noch lange nicht überall. Man darf sich vom Glanz des Pilothauses nicht täuschen lassen; an vielen Standorten herrscht nach wie vor große Tristesse. Karstadt hat ein millionenschweres Umbau-Programm angeschoben, aber insgesamt zu wenig Geld, um schnell Wirkung im Markt zu erzielen. Eigentümer Berggruen scheint von den Verdi-Appellen nach mehr Investitionen wenig beeindruckt. Wahrscheinlich überlegt er eher, wie er aus der Karstadt-Nummer ohne weiteren Gesichtsverlust wieder rauskommt.
Die Negativberichterstattung Anfang der Woche trübt überdies die Aufbruchstimmung, die Jennings & Co verbreiten wollten. Eine Studie der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg ergab, dass die Kunden kaum eine Veränderung bei Karstadt wahrnehmen. "Die Strategie ist den Ergebnissen zufolge in wesentlichen Punkten gescheitert", lässt der federführende Professor Thomas Roeb verlauten.
Ohne Jennings' Strategie bewerten oder gar verteidigen zu wollen: Nicht nur der Ansatz der Studie und die Schlussfolgerung sind unlauter, auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung war perfide und diente wahrscheinlich vor allem dem Zweck, Roebs Lehrstuhl in die Schlagzeilen zu bringen. Was ja auch hervorragend geklappt hat. "Karstadt verkommt zum Fashion-Friedhof", schrieb die WirtschaftsWoche. Wenn überhaupt, dann kann man Jennings & Co. vorwerfen, zu wenig zu kommunizieren. Es ist ja völlig klar, dass die Kunden nichts gemerkt haben, bevor ein Konzept flächendeckend umgesetzt ist und Wirkung erzielen kann. Die interessiert das ja auch nicht wirklich. Bis sich die Neuerungen bei Karstadt bis zum letzten Verbraucher herumgesprochen haben, dürften Jahre vergehen. In Frankfurt sprechen die Leute heute noch von Hertie, wenn sie zu Karstadt auf der Zeil gehen. Und wenn Journalisten von Karstadt schreiben, fließt ihnen das Attribut "angeschlagener" Warenhauskonzern quasi automatisch aus der Feder. Das ist ja das Tragische an der verfahrenen Situation dieses Unternehmens und zeigt, was für einen langen Atem jeder Investor haben muss.
Von vier angegebenen Prominenten ordneten übrigens in der Studie 38 Prozent der Befragten die Marke Karstadt "Angela Merkel" zu und 19 Prozent "Inge Meysel". Letztere war ein starke und charismatische alte Dame. Erstere ist vielleicht ein wenig langweilig, aber sie wird am Ende definitiv eine Gewinnerin sein.
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Und sonst?
Diskutiert die Nation nach dem TV-Duell vor allem über die Halskette der Bundeskanzlerin. Die war Schwarz-Gold-Rot. Ist in Belgien etwa auch Wahl? "Es muss ein Schmuck durch Deutschland gehen", scherzte einer via Twitter.
Und dann macht Gisele Bündchen auf Carla Bruni. Das Model intoniert einen Rockklassiker für H&M. Noch sieht Gisele besser aus als sie singt. Aber das wird sich ja vielleicht eines Tages ändern. Und hier kommt Gisele:
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