Snocks gruender felix bauer und johannes kliesch

Wir haben einfach mal gemacht

Auf einen Kaffee mit…. Felix Bauer und Johannes Kliesch. Die Snocks-Gründer über ihre Erfolgsgeschichte, ihre neuesten Pläne und das Start-up-Business in Deutschland.

Ihr habt mit Snocks eine phänomenale Erfolgsstory hingelegt und den Umsatz allein im vergangenen Jahr auf 32 Millionen Euro verdreifacht. Hättet Ihr bei der Gründung 2016 gedacht, wo Euch der Weg mal hinführen würde?

Johannes Kliesch: Wir hatten den Traum, finanziell unabhängig zu sein. Dafür haben wir alles gemacht. Wir hatten keinen Plan, von wegen Strategie-Board und Meilensteine und so. Wir haben einfach mal gemacht, gemacht, gemacht.

Das heißt, es hätte auch was anders werden können als Socken?

Felix Bauer: Für uns war nur klar, wir wollen E‑Commerce machen. Das Produkt stand gar nicht fest. Wir haben viel ausprobiert. Am Anfang haben wir stark auf Sneaker-Produkte gesetzt. Mit Shoecleaner, Schnürsenkel, Schuhtasche und so. Wir haben schnell gemerkt, dass das gar nicht funktioniert hat. Dann haben wir unsere Boxershorts gelauncht, das war super. Es war am Anfang aber nicht die Rede davon, dass wir eine Unterwäschemarke namens Snocks aufbauen wollten. Wir haben einfach mal gemacht.

Was waren die größten Überraschungen auf diesem Weg? Unerwartete Erfolge? Fehlschläge?

JK: Wir haben bis heute selten an unserem Erfolg gezweifelt. Es war sicher ein sehr wesentlicher Timing-Faktor, dass es von Anfang an funktioniert hat. Das gab uns die Energie, weiterzumachen. In der zweiten Woche kam Umsatz rein, im zweiten Monat haben wir dann direkt einen Kredit über 50.000 Euro aufgenommen.

FB: Das Geld war schon ein limitierender Faktor. Da tat es manchmal weh, wenn zuviel Kapital in Ware gebunden war, die sich nicht so schnell drehte wie erhofft.

Ihr seid mit einem Commodity-Produkt in einen Markt eingebrochen, der an sich sehr gut besetzt ist. Warum gelingt Euch, was ein Falke oder die anderen Sockenhersteller nicht hinbekommen? Habt Ihr das bessere Produkt? Oder einfach nur besser als andere begriffen, wo heute die Frequenz ist, und wie man die abfischt?

FB: Ein Key Factor war am Anfang, dass wir mit ganz wenigen Produkten sehr fokussiert in einen Vertriebskanal gegangen sind und alles auf dieses Geschäft optimiert haben. Wie müssen die Fotos aussehen? Wie groß darf die Verpackung sein? Was ist der beste Preispunkt? Wie sorgen wir für stetige Warenverfügbarkeit? Und so weiter. Es gibt nicht den einen Faktor, sondern etliche kleine Sachen, die wir alle optimiert haben. So konnten wir alle Energie darauf konzentrieren und unsere großen Konkurrenten wie Falke, Adidas oder Nike vermeintlich ausspielen.

Die Anti-Loch-Garantie war eine clevere Idee von Johannes, um schlechte Bewertungen für unseren Service bei Amazon zu vermeiden.

Ihr gebt eine Anti-Loch-Garantie. Wie oft wird diese von Kunden in Anspruch genommen? Und was macht Ihr mit den löchrigen Socken?

JK: Etwa zwei Prozent unserer Kunden nutzen das. Manchmal mehr, manchmal weniger.

Immerhin. Wieviele Paar sind das denn am Tag?

JK: Das sind schon mal 100 Einsendungen und mehr.

FB: Die Anti-Loch-Garantie war eine clevere Idee von Johannes, um schlechte Bewertungen für unseren Service bei Amazon zu vermeiden.

Während der Pandemie ging alle Welt Joggen. Die Leute tragen bei jeder Gelegenheit Sneaker. Und Onlinehändler florierten im Lockdown ebenso. Ihr spielt auf all diesen Feldern. Seid Ihr nicht auch glückliche Krisengewinner?

JK: E‑Commerce hat ja vorher schon geboomt. Dafür haben wir jetzt das Lieferketten-Thema. Corona hatte positive und negative Einflüsse. Aber uns hat die Krise sicher weniger negativ tangiert als etwa die Gastronomie.

Aktuell sind die Online-Anbieter alle unter Druck: Zalando meldet Umsatzminus und Verluste, Amazon und all die anderen teilweise heftige Kurseinbrüche. Wie entwickelt sich das Business für Euch aktuell?

JK: Man muss sagen, uns geht’s echt gut. Wir sind zufrieden. Für E‑Commerce-Verhältnisse waren wir, glaube ich, kein crazy Corona winner, deshalb geht es jetzt für uns auch nicht so krass nach unten. Wir hatten im April und Mai 100% Wachstum im Vergleich zum Vorjahr. Aber wir sind wie gesagt nicht frei von den Lieferketten-Themen, die auch die anderen in der Industrie haben.

Alle reden von Preiserhöhungen. Ihr auch?

FB: Wir haben letztes Jahr bereits unsere Preise erhöht. Jetzt werden wir die Preise halten. Mal sehen, was 2023 ist.

Wir haben mit Cathay einen Partner gefunden, der extrem gut zu uns passt. Wir waren mit denen neulich Essen, da gab es sechsmal Käs-Spätzle und sechsmal ein Helles dazu. Die sind auf unserer Wellenlänge

Bislang seid Ihr aus eigener Kraft gewachsen. Jetzt habt Ihr mit Cathay Capital einen Finanzinvestor an Bord geholt. Warum?

FB: Wir hätten auch ohne Investor weitermachen können. Es gab diverse Gründe, darunter auch ein paar persönliche. Unsere Eltern gehen demnächst in Rente, da können wir jetzt für einen komfortablen Übergang sorgen. Auch werden die Zahlen, Summen und Risiken immer größer. Wir merken schon, dass wir mit der steigenden Verantwortung nicht mehr so risiokoaffin sind. Mit dem Kapitalpolster können wir besser Entscheidungen treffen und das Unternehmen schneller voranbringen.

Dass Finanzprofis mitreden, hat aber auch Nachteile, oder?

FB: Das stimmt. Wir haben uns deswegen gründlich umgesehen und mit Cathay einen Partner gefunden, der extrem gut zu uns passt. Wir waren mit denen neulich in München Essen, da gab es sechsmal Käs-Spätzle und sechsmal ein Helles dazu. Die sind auf unserer Wellenlänge und nur ein paar Jahre älter als wir. Das sind auch keine Kontrollfreaks, die wissen ganz genau, dass sie uns machen lassen müssen, sonst verlieren wir den Spaß an der Sache. Das hat menschlich gepasst, und ist auch inhaltlich eine gute Ergänzung.

Was verändert sich nun bei Snocks?

FB: Wir werden für eine bessere Warenverfügbarkeit sorgen können. Dann werden wir das internationale Wachstum voranbringen. Unsere Produktpalette wird weiter ausgebaut. Dann gibt es neue Werbekanäle zum Aufbau unserer Marke. Und unsere Organisation muss auch weiter aufgebaut werden.

Welche Kategorien kommen denn dazu?

FB: Nächstes Jahr kommt Activewear. Diesen Sommer kommt ein Sneaker raus. Aber auch da gilt: Wenn es funktioniert, rollen wir das schnell aus. Wenn nicht, dann kappen wir das schnell wieder.

Socken und Unterwäsche sind ja vergleichsweise versandfreundliche Produkte, da habt Ihr kaum Retouren. Das wird sich ändern, wenn Ihr in Oberbekleidung geht. Das schreckt Euch nicht?

FB: Das ist uns schon klar. Schau’n wir mal.

Eure Kundenansprache war bislang sehr rational. Die ganze Marketingkommunikation war transaktional angelegt. Jetzt steckt Ihr Geld den Markenaufbau. Warum?

JK: Es stimmt. Wir haben es mit Performancemarketing relativ weit gebracht. Aber wenn wir jetzt über die 100 Millionen Euro Umsatz kommen wollen, dann müssen wir als Brand deutlich geschärfter sein und stärker wahrgenommen werden. Ab einem gewissen Punkt reicht der Ansatz, ich mache aus einem Euro drei, nicht mehr aus. Da sind unsere Möglichkeiten ausgeschöpft.

Ich bin kein Fan davon, über die Start-up-Kultur zu meckern. Das ist zunächst mal etwas Positives, und negative Seiten gibt es bei allen Entwicklungen.

Habt Ihr Vorbilder?

JK: Nimm Adidas. Die haben es geschafft, aus dem Sport kommend eine großartige Lifestyle Brand aufzubauen.

Euer Markenkern ist das Machertum, „Why not?“ der Slogan. Das erinnert tatsächlich ein bisschen an „Impossible is nothing“.

JK: Das haben wir uns nicht abgeschaut, sondern das ist tatsächlich unsere DNA und die Haltung von Felix und mir. Das haben wir im vergangenen Jahr in Workshops mit Jung von Matt herausgearbeitet.

Ich habe Deine Keynote neulich auf dem OMR-Festival gesehen, Johannes, da hast Du über Eure Erfahrungen mit Media-Kanälen auch im Hinblick auf Eure Branding-Pläne gesprochen. Facebook ist nicht gut dabei weggekommen. Haben die sich schon bei Dir gemeldet?

JK: Ich bin am gleichen Tag noch dem Europa-Chef von Facebook in die Arme gelaufen. Wir verstehen uns gut. Aber hey, that’s Business! Und wenn Meta die richtigen Schritte geht, kann sich das ja wieder ändern.

In Deutschland wird ja viel geklagt über zu wenig Start-up-Kultur und fehlenden Gründer-Elan. Würdet Ihr Euch dem anschließen?

JK: Auf dem OMR-Festival waren 70.000 Leute. Die stehen für Start-up und digitale Innovation. Da sind wir definitiv weiter als vor fünf Jahren. Es hat sich extrem viel getan. Von der älteren Generation wird das teilweise mit Skepsis betrachtet. Aber in Felix und meinem Umfeld ist Start-up definitiv die große Sache. Eben nicht nur studieren, sondern auch gründen.

Die meisten Start-ups werden heute ja nicht gegründet, um Produkte zu verkaufen, sondern die Firma. Wie seht Ihr das?

JK: Ja. Aber das ja nichts Verwerfliches. Es ist halt ein anderes Geschäftsmodell. Nicht jeder hat ein so starkes Why dahinter, dass er die Welt verändern kann. Das muss auch gar nicht sein. Wir mit unseren Socken werden die Welt auch nicht krass verändern. Ich bin kein Fan davon, über die Start-up-Kultur zu meckern. Das ist zunächst mal etwas Positives, und negative Seiten gibt es bei allen Entwicklungen.

Wir haben kein Exit-Szenario. Wir machen Snocks jetzt gerade mal fünf Jahre und wissen nicht, was in fünf Jahren sein wird.

Wie sieht denn Euer Exit-Szenario aus?

FB: Wir haben kein Exit-Szenario. Wir sind sehr engagiert bei dem, was wir da machen und wollen unser Unternehmen im nächsten Schritt auf 150 Millionen Umsatz bringen. Unser Finanzinvestor wird in spätestens sieben Jahren seinen Anteil weiterverkaufen. Wir sind nicht gebunden, mit zu verkaufen. Wir machen Snocks jetzt gerade mal fünf Jahre und wissen nicht, was in fünf Jahren sein wird.

Neben Snocks engagierst Du Dich auch in der Beratung, Johannes, mit Snocksulting. Lastet Dich der Handel nicht aus?

JK: Das ist genauso Felix‘ Firma wie meine. Wir sind zu Dritt dort, unsere Cousine Romy ist die Geschäftsführerin. Romy macht 98 Prozent der Arbeit. Sie war davor bei Deloitte und ist von ihrem skill set her der perfect fit. Ich unterstütze sie dabei, indem wir meine personal brand die im Übrigen der ganzen Firma gehört – nutzen, um Snocksulting nach vorne zu treiben. Das bedeutet aber nicht, dass ich in Beratungsgespräche involviert wäre. Es ist ein lukratives Geschäft für uns. Wäre Romy nicht da, hätten wir das nicht gemacht.

Die Startup-Show, die Du mit Marcus Diekmann planst, kostet aber schon etwas Zeit, oder?

JK: Klar. Wenn man ein neues Projekt anstößt, dann erfordert das schon Engagement. Aber auch hier gilt: Marcus und ich sind die Aushängeschilder, und im Hintergrund gibt es viele Leute, die das dann umsetzen. Mein absoluter Traum und meine Leidenschaft ist Snocks. Ich liebe Snocks und unser Team, und das wollen wir ganz groß machen.

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