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Im Bett mit Aldi

XNatür­lich ver­kauft Stef­fen Schraut sei­nen Aldi-Deal offen­siv: “Davon pro­fi­tie­ren auch unse­re Part­ner.” Ob die das auch so sehen? Das ist so wie der Fremd­ge­her, der sei­nem Part­ner anschlie­ßend erklärt: „Ich habe es für uns getan.“ Zwei­fel­los bringt eine Koope­ra­ti­on mit einem Gigan­ten wie Aldi Bekannt­heit. Aber das allein ist noch lan­ge kein Erfolgs­fak­tor. Micha­el Mich­alsky kennt nach drei Staf­feln GNTM auch jedes Kind, sei­ne Mode kauft den­noch kein Fach­händ­ler. Die Fra­ge ist, ob Stef­fen Schraut sei­ner Mar­ke mit­tel­fris­tig nicht einen Bären­dienst erwie­sen hat. Aldi ist nicht H&M.

Den­noch ist die Ent­schei­dung, mit Aldi ins Bett zu stei­gen, natür­lich legi­tim und wahr­schein­lich auch wirt­schaft­lich nicht ver­kehrt. Wer als Desi­gner in Deutsch­land wirk­lich gro­ßes Geld ver­die­nen will, kommt im klas­si­schen Fach­han­dels­sys­tem nicht weit. Die bekann­tes­ten deut­schen Mode­de­si­gner – Wolf­gang Joop, Tho­mas Rath, Micha­el Mich­alsky, Harald Glööck­ler, Gui­do Maria Kret­schmer – leben in ers­ter Linie von ihrer Medi­en­prä­senz, die sie über PR-Koope­ra­tio­nen und als Auf­trags­de­si­gner, als Enter­tai­ner und Tes­ti­mo­ni­al und ger­ne auch via Tele­shop­ping mone­ta­ri­sie­ren. Und – machen wir uns nichts vor – die inter­na­tio­na­len It-Brands wie Off-White oder Vete­ments ver­die­nen das meis­te Geld eben­falls mit Koope­ra­tio­nen und nicht mit Kla­mot­ten.

Schon eher fragt man sich unter die­sem Blick­win­kel, was Aldi gerit­ten hat, sich mit Stef­fen Schraut zusam­men­zu­tun. Er ist nun mal kei­ne Hei­di Klum, pro­mi­nenz­mäs­sig, nicht ein­mal eine Sophia Tho­m­al­la. Vie­le Aldi-Kun­den wer­den gar nicht auf Anhieb rea­li­sie­ren, dass das zwei­te Model in den Wer­be­mo­ti­ven der Desi­gner ist. Bis­lang fun­gier­te das Label als kom­mer­zi­el­le Ein­stiegs­preis­la­ge und gut kal­ku­lier­ba­rer Best­sel­ler-Lie­fe­rant im Pre­mi­um- und Luxus­fach­han­del. Schraut füll­te damit lan­ge Zeit sehr erfolg­reich eine Lücke. Seit ein paar Sai­sons posi­tio­niert er sich als Desi­gner. Die Image­an­zei­gen in der Hoch­glanz­pres­se machen sich nun bezahlt.

Für Aldi ist Stef­fen Schraut mit sei­nen 7,99–29,99 Euro-Basics ein Pre­mi­um-Pro­dukt. Indem er das Non­food-Sor­ti­ment auf­wer­tet, macht er den Dis­coun­ter als Adres­se für Beklei­dung bei Kun­den hof­fä­hig, die bis­lang allen­falls ihren Cham­pa­gner dort kauf­ten. Er reiht sich ein in erfolg­rei­che Dis­coun­ter-Kam­pa­gnen mit Pro­mis wie eben Hei­di Klum und Sophia Tho­m­al­la, Ana­sta­cia und Jet­te Joop. Aldi und Lidl konn­ten u.a. über sol­che Koope­ra­tio­nen ihren Markt­an­teil am Mode­han­del, wie die TW in ihrer aktu­el­len Aus­ga­be sehr schön ana­ly­siert, in den ver­gan­ge­nen Jah­ren ordent­lich aus­bau­en.

Stef­fen Schraut wird bei Aldi sicher­lich in weni­gen Tagen Stück­zah­len ver­kau­fen, die ihm sei­ne Fach­händ­ler über vie­le Sai­sons hin­weg nicht abge­nom­men haben. Hin­zu kommt, dass der Mul­ti­la­bel-Luxus­han­del seit Jah­ren auf dem Rück­zug ist und das Poten­zi­al für Anbie­ter wie Stef­fen Schraut nicht grö­ßer wird. Dass er sei­ner Mar­ke womög­lich einen Bären­dienst erwie­sen hat, muss ihn kom­mer­zi­ell erst­mal nicht küm­mern.

Und sonst?

… ist Jeff Bezos laut aktu­el­ler For­bes-Lis­te nun der reichs­te Mann der Welt. Der Tag wird kom­men, wo er Wal-Mart auch als welt­größ­ten Ein­zel­händ­ler ablö­sen wird. Ob das der Grund dafür ist, dass Ale­xa aus dem Lachen gar nicht mehr her­aus­kommt? Nut­zer berich­ten, dass das Ama­zon-Gerät bis­wei­len unauf­ge­for­dert vor sich hin­ki­chert. Ein tech­ni­scher Feh­ler, wie Ama­zon bestä­tigt hat.

… redet die Welt nach der Cha­nel-Show nicht über Lager­felds Ent­wür­fe, son­dern über die neun Eichen, die der Meis­ter für die Deko­ra­ti­on fäl­len ließ, was bei Natur­schüt­zern auf Kri­tik stieß. Die Gala kür­te ihn dafür sogar zum “Ver­lie­rer des Tages”. Lager­feld will dafür nun 100 neue Bäu­me pflan­zen. Als Gärt­ner war der 84jährige bis­lang nicht bekannt.

… ist das Pro­blem oft das Sel­fie und nicht die Nase. Es ist wohl tat­säch­lich so, dass die Zahl der Nasen­kor­rek­tu­ren im Sel­fie-Zeit­al­ter zuge­nom­men hat. Jens Baet­ge, plas­ti­scher Chir­urg, riet ges­tern in der SZ, statt eine Ope­ra­ti­on anzu­ge­hen erst­mal das Foto­gra­fie­ren zu üben.

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