Langsam haben wir uns aus dem Sommerloch herausgearbeitet. Zwar schafft es der Gasangriff von Abercrombie & Fitch immer noch auf die Titelseiten (in Hamburg beschwerten sich Bürger über den penetranten Parfum-Gestank, den die dortige A&F‑Filiale verbreitet; in London hat man den Amerikanern den olfaktorischen Terror inzwischen wohl untersagt). In Schwabing sprengte man mit der Fliegerbombe auch eine Boutique in die Luft. Und selbst die zu engen Trikots der Fußballprofis waren der SZ noch eine halbe Seite wert (die Pellen führen angeblich zu mehr Toren, die verschwitzten Shirts lassen sich indes wohl nur noch mit fremder Hilfe vom Körper schälen).
Aber es gibt auch richtige Nachrichten. In Hamburg hebt Michael Otto seinen Sohn auf den Schild. In Rottendorf macht Bernd Freier seine CEO einen Kopf kürzer. In Celle geht der CBR-CFO. In Fürth will Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz ihr unseliges Arcandor-Abenteuer mit Josef Esch endgültig abschließen. Und nicht nur in Osnabrück trauert man um den außergewöhnlichen Unternehmer Dieter Rauschen.
Die spannendste Nachricht vermeldete die FTD: Douglas steht vor dem Verkauf. Mode ist zwar das kleinste Geschäftsfeld des Konzerns, aber fast jeder Modehändler hat irgendeine Filiale der Hagener Holding zum Nachbarn, und schließlich sind Düfte und Schmuck ja auch der Mode unterworfen. Douglas also vor dem Verkauf? Der US-Investor Advent, der Branche durch sein Engagement bei Takko bekannt, will nach Recherchen der FTD die Anteile der Douglas-Großaktionäre Oetker und Müller (leider weder verwandt noch verschwägert mit mir) übernehmen. Das Übernahmeangebot könnte diese Woche erfolgen, so die FTD. "Zwischen Oetker und Kreke passt kein Müller", hatte Douglas-CEO Henning Kreke noch vor Monaten konstatiert. Tja.
Verlierer in dem Machtpoker ist, wie es aussieht, die Familie Kreke, die gut 12 Prozent der Aktien besitzt. Wenn ein Investor übernimmt, droht der Douglas Holding die Zerschlagung: Mit den Douglas-Parfümerien und den Christ-Juweliergeschäften verfügt der Konzern über zwei starke Formate. Darauf hatte angeblich zuletzt auch LVMH-Chef Bernard Arnault ein Auge geworfen; mit seinen Sephora-Parfumerien konnte er wegen Douglas hierzulande niemals richtig landen. Die Hussel-Süßwaren-Shops, Keimzelle des Krekeschen Handelsimperiums, hält die Familie auch aus Traditionspflege. DOB-Filialist AppelrathCüpper ist nach schwierigen Jahren auf dem Weg der Besserung. Dafür ist das Buchgeschäft Thalia in kürzester Zeit vom Star zum Sorgenkind geworden. Einzeln könnten die Gesellschaften mehr wert sein als der Konzern als Ganzes. Die Krekes hatten, wie man hört, versucht, das Heft in der Hand zu behalten und selbst mit Finanzinvestoren verhandelt.
Bitter ist das Ganze insbesondere für Jörn Kreke, dessen Lebenswerk Douglas ist. Vor elf Jahren hat er den Vorstandsvorsitz an seinen damals 36 Jahre alten Sohn Henning Kreke abgegeben und übernahm den Aufsichtsratsvorsitz. Zuletzt traf ich ihn vor vier Jahren bei einer Preisverleihung in Berlin. In einem Interview, das ich 1996 mit ihm geführt habe, ging es um die Perspektiven des Fachgeschäftes. Krekes Aussagen sind auch heute noch aktuell:
"Unsere erste und wichtigste Chance ist, dass wir das, was wir tun, gut machen. Wir müssen uns fragen, was wollen unsere Kunden von uns, und was können wir vielleicht noch besser machen. (…) Es interessiert den Kunden nicht, ob ein Laden Herrn Meier gehört oder Herrn Douglas. Er bedauert es vielleicht, wenn ein inhabergeführtes Geschäft aufgeben muß, aber er kommt nicht auf die Idee, dass er vielleicht daran Schuld ist, weil er da nicht eingekauft hat. Die besten Geschäfte haben die besten Chancen – egal wem sie gehören. (…) Erfolgreiche Fachgeschäfte werden sich als hochspezialisierte Nischenanbieter weiterentwickeln, die sich auf ein ganz bestimmtes Sortiment oder eine ganz spezielle Zielgruppe fokussieren, und die zum großen Teil vertikal integriert sind. (…) (Die Kunden suchen) Kommunikation, wollen Leute sehen und Leute treffen. Der Handel und die Städte und die Einkaufszentren müssen das Forum dazu bieten. Der stationäre Handel ist, wenn er es richtig macht, in einer guten Position gegenüber den neuen Medien."
Aber jetzt schweife ich ab. Schuld an der jüngsten Entwicklung bei Douglas ist letztlich Erwin Müller. Der Inhaber der gleichnamigen Drogeriemärkte kauft seit Ende 2009 Douglas-Aktien auf. Wenn man dem FTD-Bericht folgt, hat er sich dabei verspekuliert und versucht jetzt mit Advent Verluste zu begrenzen.
Müller habe ich auch einmal getroffen. Der gelernte Friseur ist – notorisch öffentlichkeitsscheu – der einzige Unternehmer, der jemals vor mir reissaus genommen hat. Wirklich. Bei einer Eröffnung in Reutlingen habe ich ihn für ein Statement verfolgt, an irgendeinem Geländer habe ich ihn schließlich gestellt. Gesagt hat er: nichts.