Nach dem Paukenschlag der vergangenen Woche bemüht man sich bei Kaufhof um Entspannung. Im Kölner Stadtanzeiger – wo sonst – gab CEO Olivier Van den Bossche Beruhigungspillen aus: Keine neuen Schließungen. Die Zentrale bleibt in Köln. HBC bringt neue Ideen, neue Marken und neue Formate wie zum Beispiel Saks Off 5th. Zu Lovro Mandac kein Kommentar. Er selbst hat vor zu bleiben. Fazit: Kaufhof bleibt Kaufhof. Was soll er anderes sagen? René Benko hat auch Zeitung gelesen und versucht die Verunsicherung für sich zu nutzen. Schließlich bleibt ein kleines Zeitfenster, bis der Deal mit den Kanadiern nächsten Mittwoch in trockenen Tüchern ist. In einem Schreiben an die Metro habe der Karstadt-Inhaber sein Interesse an einer Kaufhof-Übernahme bekräftigt und eine kurzfristige Wiederaufnahme der Gespräche angeboten, schreibt die WirtschaftsWoche. Dass Benko seine Exit-Option nicht aufgibt, spricht für seine Hartnäckigkeit. Oder ist es Alternativlosigkeit?
Ansonsten drehte sich diese Woche in den Wirtschaftsnachrichten alles um VW. Der Abgang Winterkorns mutet wie der späte Höhepunkt der Krise an, die mit dem Vertrauensentzug durch den Patriarchen Piech begonnen hatte. Jetzt mal ehrlich: Wer hat die Angaben der Autohersteller zu Verbrauch und Schadstoffausstoß ihrer Vehikel jemals geglaubt? Solche Glaubwürdigkeitsdefizite gibt es auch in anderen Branchen. Alle, die im Modebusiness mit Öko, Biobaumwolle und Sozialverträglichkeit werben, sollten nochmal genau prüfen, ob in ihrer Lieferkette wirklich alles mit rechten Dingen zugeht.
Die Autoindustrie lernt aber umgekehrt auch vom Modebusiness. So trat Daimler-Chef Dieter Zetsche bei der IAA schlipslos auf die Bühne, und mit ihm die komplette Sindelfinger Führungscrew. Die britische BBC machte Zetsche dafür zum "Rockstar der Autoindustrie". Er musste dafür noch nicht einmal eine S‑Klasse zertrümmern. Zetsche hat sich das offene Hemd aber nicht beim Deutschen Modehandelskongress abgeschaut, wo dieser Look seit Jahren Mainstream ist, sondern bei einer Pilgerfahrt ins Silicon Valley. Das war hoffentlich nicht die einzige Erkenntnis, die er von dort mitgebracht hat. "Das Hemd ohne Krawatte ist nun mal ein wichtiges Signal für die Start-up-Kultur", sekundierte Bosch-Chef Volkmar Denner in der letzten FAS. Weil er "Ideen agil und schnell wie ein Start-up an den Markt bringen" will, hat der Autozulieferer den Krawattenzwang jetzt offiziell abgeschafft. Auf Anregung des CEOs: "Ich weiß, dass in der Start-up-Szene Schlipsträger als rückständig gelten." Offensichtlich hat Denner Oliver Samwers Auftritt bei der Rocket-Hauptversammlung nicht mitverfolgt. Dass die Manager ihre Krawatte im Schrank lassen, macht die Schwäbische Alb noch lange nicht zum Silicon Valley.
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