Dass die Integration von zLabels in die Zalando-Organisation einer neuen, "komplementären Sortimentsstrategie" folgt, wie Zalando gestern verkündet hat, ist bestenfalls ein Teil der Wahrheit. Natürlich steht der Online Retailer mit seinem Private Label Business in direkter Konkurrenz zu seinen Markenpartnern. Wenn man Plattform-Partnerschaften denn ernst nimmt, ist es konsequent, diesen potenziellen Konfliktherd zu eliminieren. Insofern hat man die negative Nachricht von der Abwicklung einer Tochterfirma mit 550 Mitarbeitern, die nach TW-Angaben zuletzt rund ein Zehntel zu Zalandos 5,4 Milliarden-Umsatz beigetragen hat, positiv verkauft: als Invest in die Lieferantenbeziehungen. Zalando positioniert sich damit erneut als "der Gute", während man "dem Bösen" (Amazon) jederzeit den Abverkaufsdatenmissbrauch zum eigenen Vorteil zutraut.
Der andere, wahrscheinlich ausschlaggebende Grund für das zLabels-Aus dürften die enormen Kosten gewesen sein, die die Eigenmarkenorganisation verursacht hat. Wenn überhaupt, dann wurde hier entschieden zu wenig Geld verdient. Auch das Drittkundengeschäft bei Asos & Co. hat wohl nicht die Stückzahlen gebracht, um das Geschäft wirklich lohnend zu machen. Zahlen werden dazu nicht veröffentlicht. Aber unter dem Druck der Börse hat Kostenmanagement sicher einen anderen Stellenwert als in der Start-up-Phase. Die betroffenen Mitarbeiter sollen jetzt nach Möglichkeit in anderen Bereichen unterkommen und ausgeschriebene Positionen füllen. De facto werden im Konzern dennoch erstmal ein paar Hundert Stellen abgebaut.
Dass Zalando mit diesem Schritt angeblich sein Eigenmarken-Sortiment schärfe, gehört indes in den Bereich der Investor Relations-Poesie. Wenn mit einem "geschärften Sortiment" eigenständige, profilierte, konsistent auf bestimmte Zielgruppen ausgerichtete Angebote gemeint sein sollten, dann wird hier jetzt eher das Gegenteil passieren. Die Multilabel-Einkäufer werden ihr Sortiment um selbst gelabelte Produkte arrondieren, sichere Basics riskanten Fashion-Teilen vorziehen, auf Marge statt auf Marke setzen. Man wird auf die Ware nicht verzichten, lediglich auf einen Gutteil der Leute, die diese Ware bisher beschafft haben. Wer weiß, ob hier demnächst nicht auch Anders Holch Povlsens Bestseller-Organisation aushelfen wird. Der Zalando-Großaktionär verfügt über die notwendigen Ressourcen in Produktentwicklung und Beschaffung.
Mit zLabels gibt Zalando jedenfalls den ambitionierten Versuch auf, selbst echte Marken zu etablieren. Das hätte eines langen Atems und beträchtlicher Invests bedurft. Man geht denselben Weg wie P&C, der seine Exclusive Brands-Organisation, wie man hört, unlängst ebenfalls weitgehend zurückgefahren hat und Eigenmarken wie Review wieder im Zentraleinkauf managt.
Gescheitert ist nicht zuletzt auch der Ansatz von zLabels-Chef Jan Wilmking, die Supply Chain neu zu denken. Die Ideen bleiben die Richtigen. Womöglich sind die Branchenstrukturen und insbesondere die Menschen aber noch nicht so weit für diese Revolution. Vielleicht ist das Thema bei einem echten Vertikalen aber auch einfach besser aufgehoben.
Nun werden sich wieder all jene bestätigt fühlen, die dem Einzelhandel seit jeher die Kompetenz und das Verständnis für Markenentwicklung und Markenführung absprechen. So wie Retailer nicht ohne Schadenfreude die gescheiterten Filialisierungsstrategien der Brands zur Kenntnis nehmen. Und da ist ja auch was dran. Retail und Wholesale sind nunmal zwei paar Stiefel. Hinzu kommt, dass unprofilierte Eigenmarken im Internet womöglich schwieriger zu vermarkten sind als in Läden, wo man als Kunde vor Ort die Möglichkeit des unmittelbaren Qualitätsvergleichs hat. Online zählt dagegen mehr noch als stationär der bekannte Namen, der ja immer auch ein bestimmtes Qualitätsversprechen bedeutet, auf das der Kunde vertrauen können sollte.
In einem Multilabel-Environment bleibt also vielleicht wirklich jeder besser bei seinem Leisten. Das löst indes nicht den Renditenachteil, den der Multilabel-Vertrieb gegenüber den Vertikalen hat.
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