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Was H&M, LVMH und Amazon verbindet

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Gleich drei Glo­bal Play­er haben in den ver­gan­ge­nen Tagen Jah­res­er­geb­nis­se ver­öf­fent­licht. Und die­se Unter­neh­men ver­bin­den nicht nur die beein­dru­cken­den Zah­len:

Da ist zunächst mal H&M. Die Schwe­den rol­len ihr Geschäft welt­weit mit unver­än­dert hohem Tem­po aus. Der Umsatz stieg 2014/15 ins­ge­samt um 19 Pro­zent auf 180,9 Mil­li­ar­den Kro­nen, das sind fast 20 Mil­li­ar­den Euro. 125 neue Läden kamen dazu. Mit Brands wie Cos oder &other Sto­ries hat der Kon­zern wei­te­re, immer mehr erstar­ken­de Stand­bei­ne auf­ge­baut. In 23 Län­dern gibt es mitt­ler­wei­le auch H&M‑Onlineshops.

Dass die Schwe­den in Deutsch­land nur 2% gewach­sen sind, hat die TW gleich kri­tisch notiert. Das taugt aller­dings nur bedingt als Beru­hi­gungs­pil­le für die Kon­kur­renz. Immer­hin hat H&M damit in einem bes­ten­falls sta­gnie­ren­den Markt wei­ter Antei­le gewon­nen. Das Abrut­schen der Kon­zern-Han­dels­mar­ge von 58,8% auf 57,0% und der Net­to­um­satz­ren­di­te von 14,6% auf 11,3% irri­tiert natür­lich die Ana­lys­ten. Der Kurs ist ent­spre­chend unter Druck. Unter den wäh­rungs­be­dingt höhe­ren Beschaf­fungs­kos­ten lei­det aller­dings die gan­ze Bran­che. Trotz alle­dem hat H&M sei­nen Betriebs­ge­winn abso­lut erneut stei­gern kön­nen – die umge­rech­net rund 2,9 Mil­li­ar­den Euro hät­ten wir alle ger­ne in den Büchern.

Unge­rührt sei­nen Weg geht auch LVMH. Ber­nard Arnaults über­ra­schend opti­mis­ti­sche Bilanz­prä­sen­ta­ti­on am Diens­tag hat der Aktie denn auch einen schö­nen Schub gege­ben. Das unter­durch­schnitt­li­che Wachs­tum der Modes­par­te wird durch die flo­rie­ren­den ande­ren Geschäfts­fel­der – ins­be­son­de­re Uhren/Schmuck und Retail (Sepho­ra, DFS, Bon Mar­ché) – mehr als aus­ge­gli­chen. Auch dass der Wachs­tums­mo­tor Chi­na stot­tert, scheint kein Pro­blem für den Luxus­gü­ter-Kon­zern. Der schwa­che Euro hat LVMH dafür ein flo­rie­ren­des USA- und Japan-Geschäft beschert. Fast 36 Mil­li­ar­den Euro hat LVMH 2015 umge­setzt, ein Plus von 16%, 6,6 Mil­li­ar­den (abzüg­lich des Her­mès-Ver­kaufs­er­lö­ses 3,57 Mil­li­ar­den) blie­ben unter dem Strich hän­gen.

Arnault straft damit die Skep­ti­ker Lügen, die dem Luxus­ge­schäft eine Kri­se pro­phe­zei­en. Ich habe mich dazu schon vor über drei Jah­ren aus­ge­las­sen. Dass die Rus­sen und Chi­ne­sen nicht mehr die Wachs­tums­brin­ger sind, Bra­si­li­en in einer Rezes­si­on steckt und in die Luxus-Haupt­stadt Paris nach den Anschlä­gen weni­ger Tou­ris­ten zum Ein­kau­fen kom­men, ist gleich­wohl Fakt. Die Kol­le­gen von Riche­mont und vor allem Pra­da haben schlep­pen­de Geschäf­te in Chi­na ein­ge­räumt, auch die letz­ten Bur­ber­ry-Zah­len waren nicht toll. In zwei Wochen legt mit Kering LVMHs größ­ter Kon­kur­rent sei­ne Jah­res­er­geb­nis­se vor.

Und schließ­lich hat auch Jeff Bezos sei­ne 2015er Zah­len für Ama­zon prä­sen­tiert. Der Online-Gigant hat im ver­gan­ge­nen Geschäfts­jahr erst­mals die 100 Mil­li­ar­den-Hür­de genom­men. Um mehr als 20 Pro­zent auf rund 107 Mil­li­ar­den Dol­lar stie­gen die Erlö­se, 10,6 Mil­li­ar­den ent­fie­len auf Deutsch­land (dop­pelt so viel wie Kar­stadt und Kauf­hof zusam­men). Ama­zons Umsatz hat sich damit in den ver­gan­ge­nen sechs Jah­ren mehr als ver­drei­facht. Und Gewinn gab’s oben­drein, immer­hin 596 Mil­lio­nen Dol­lar. Die Ana­lys­ten hat­ten gleich­wohl mehr erwar­tet, wes­halb der Ama­zon-Kurs erst­mal auf Tal­fahrt ging.

Das braucht Bezos nicht wirk­lich zu inter­es­sie­ren. Für Ama­zons Zukunft viel wich­ti­ger sind Pro­jek­te wie der Auf­bau einer eige­nen Paket­zu­stel­lung, Plä­ne wie Same Day Deli­very oder eine mög­li­che sta­tio­nä­re Expan­si­on. Und natür­lich der Aus­bau bestehen­der Cate­go­ries wie etwa Beklei­dung. Sie­he dazu frü­he­re Pro­fa­shio­nals-Bei­trä­ge. Um 91% hat Ama­zon sei­ne Sor­ti­ments­brei­te im Mode­be­reich in den ver­gan­ge­nen zwölf Mona­ten aus­ge­baut, hat die Invest­ment­bank R.W.Baird aus­ge­rech­net. Rund 30 Mil­lio­nen Mode-Arti­kel sind danach auf der Platt­form zu haben. Schon in die­sem Jahr könn­te Ama­zon einer Pro­gno­se von Cowen & Com­pa­ny zufol­ge den Waren­haus-Gigan­ten Macy’s als Num­mer 1 im US-Beklei­dungs­markt ablö­sen.

H&M, LVMH und Ama­zon ste­hen pro­to­ty­pisch für den Sie­ges­zug von Ver­ti­ka­li­sie­rung, für die Sehn­sucht nach Luxus und den Mega­trend der Digi­ta­li­sie­rung. Man soll­te sich indes hüten, vom Erfolg die­ser Unter­neh­men auf die Über­le­gen­heit des jewei­li­gen Geschäfts­mo­dells und das Schei­tern aller ande­ren zu schlie­ßen. Es gibt erfolg­rei­che und es gibt erfolg­lo­se Ver­ti­ka­le. Etli­che Luxus-Brands ope­rie­ren in den roten Zah­len. Eben­so wer­den wahr­schein­lich 90 Pro­zent der Online-Pure Play­er wie­der vom Markt ver­schwin­den. Es gibt kei­ne guten oder schlech­ten Betriebs­ty­pen. Son­dern nur gute und schlech­te Unter­neh­men.

Inter­es­sant ist des­halb die Fra­ge: Was haben H&M, LVMH und Ama­zon gemein­sam? Alle drei sind inter­na­tio­na­le Play­er, die mit star­ken Mar­ken und effi­zi­en­ten Pro­zes­sen den direk­ten Zugang zum Kon­su­men­ten haben. Alle drei den­ken glo­bal, und über­zeu­gen ihre Kun­den – jeder auf sei­ne Wei­se – lokal. Sei es im Store, bei der Bestel­lung am Bild­schirm oder bei der schnel­len und beque­men Lie­fe­rung. Alle drei sind kapi­tal­star­ke bör­sen­fi­nan­zier­te Kon­zer­ne, die fami­li­en­do­mi­niert und inha­ber­ge­führt sind und von daher einen lang­fris­ti­gen – um nicht zusa­gen: nach­hal­ti­gen – Hori­zont haben.

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