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Sport belebt. Luxus verliert. VF kassiert.

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Jür­gen Mül­ler

Mon­tag, 15. Juli. So rich­tig zufrie­den kön­nen wir mit der Euro­pa­meis­ter­schaft nicht sein. Sport­lich nicht –  auch wenn wir den Spa­ni­ern den Sieg natür­lich gön­nen – und geschäft­lich nicht. Im Ein­zel­han­del fiel das Som­mer­mär­chen aus, auch weil der Som­mer in wei­ten Tei­len ins Was­ser fiel. Immer­hin: Von der EM als einem "bele­ben­den Ele­ment" spricht der Han­dels­ver­band HDE. Jen­seits der Aus­tra­gungs­or­te war davon indes nichts zu spü­ren. Pro­fi­tiert haben TV-Sen­der, Flug­ge­sell­schaf­ten und die Bahn, auch wenn Letz­te­re sich mit dem zusätz­li­chen Umsatz einen gehö­ri­gen inter­na­tio­na­len Repu­ta­ti­ons­scha­den ein­ge­han­delt haben dürf­te.

Und natür­lich haben die Sport­ar­tik­ler ihr Geschäft gemacht. Neben dem offi­zi­el­len Aus­rüs­ter Adi­das auch Puma, der die Check24-Tri­kots gelie­fert hat. Ver­mut­lich wer­den die Juris­ten im Vor­feld sehr genau geprüft haben, ob der kla­ge­freu­di­ge Her­zo­gen­au­ra­cher Nach­bar die­se inof­fi­zi­el­len DFB-Tri­kots nicht anfech­ten kann. Das anfangs umstrit­te­ne pink­far­be­ne Aus­wärts­tri­kot erwies sich im Übri­gen als "Knal­ler", wie Inter­sport-Chef Alex­an­der von Preen bestä­tig­te. Adi­das leg­te unter ande­rem des­halb im zwei­ten Quar­tal um 9% auf 5,8 Mil­li­ar­den Euro zu, die Kern­mar­ke sogar um 16%, man ver­dop­pel­te sein Betriebs­er­geb­nis in Q2 annä­hernd auf 346 Mil­lio­nen Euro. Die Her­zo­gen­au­ra­cher hoben des­we­gen ihre Jah­res­pro­gno­se an, zumal die Geschäf­te die­ses Jahr ja zusätz­lich von Olym­pia befeu­ert wer­den dürf­ten. Was die Bör­se prompt mit einem zwei­stel­li­gen Kurs­sprung belohnt hat. Eine Ana­lys­tin bezeich­ne­te Adi­das bereits als „Most Valuable Play­er“.

Bin­nen Jah­res­frist ist der Adi­das-Kurs um 35% gestie­gen, was mit dem Run auf Retro-Snea­k­er wie Sam­ba und Gazel­le und sicher­lich auch mit CEO Björn Gul­dens Rück­be­sin­nung auf die Sport-Kul­tur zu tun hat. Der Nike-Kurs hat dage­gen im sel­ben Zeit­raum 31% ein­ge­büßt – wegen haus­ge­mach­ter Pro­ble­me, die offen­bar auch Sport-Groß­ereig­nis­se nicht lin­dern kön­nen. Zu allem Über­fluss wur­den sowohl die EM wie auch die Copa Amé­ri­ca von Adi­das-Teams gewon­nen. Soll­ten wir dem deut­schen Team, wenn es dem­nächst in Nike auf­läuft, weni­ger die Dau­men drü­cken?

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Diens­tag, 16. Juli. Bur­ber­ry tauscht sei­nen CEO aus. Die Swatch Group ent­täuscht mit nega­ti­ven Halb­jah­res­er­geb­nis­sen. Hugo Boss kas­siert nach einem schwa­chen Quar­tal sei­ne Jah­res­pro­gno­se. Die schlech­ten Nach­rich­ten sor­gen für einen wei­te­ren Kurs­rutsch bei den Luxus­ak­ti­en. Seit März hat LVMH 21% ver­lo­ren, Kering 25%, Her­mes 16%, Pra­da 19%. Riche­mont hat sich mit ledig­lich 9% Minus eini­ger­ma­ßen gut geschla­gen und liegt immer noch 17% über dem Kurs am Jah­res­an­fang. Dass LVMH-Chef Ber­nard Arnault sich in Genf ein­ge­kauft hat, ist womög­lich eine zusätz­li­che Kurs­stüt­ze. Ansons­ten scheint sich die enor­me Abhän­gig­keit des Luxus­sek­tors von Chi­na zu rächen. Der Markt der Mit­te schwä­chelt, und die Per­spek­ti­ven sind ange­sichts der welt­po­li­ti­schen Groß­wet­ter­la­ge nicht posi­tiv. Von wegen Luxus geht immer.

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Mitt­woch, 17. Juli. VF ver­kauft Supre­me an Essil­or­Lu­xot­ti­ca. Ein biss­chen erklä­rungs­be­dürf­tig ist die­ser Deal schon. War­um gibt Mar­ken­samm­ler VF die erst vor vier Jah­ren für 2,1 Mil­li­ar­den Dol­lar erwor­be­ne dama­li­ge Kult­mar­ke wie­der ab? Und dann auch noch zu einem gerin­ge­ren Preis? Was will der Bril­len-Gigant mit einer Street­wear-Mar­ke? Und wel­che Fol­gen hat das alles für Supre­me selbst?

Die Ana­lys­ten fan­den den Deal jeden­falls gut: der VF-Kurs schnell­te um 14% nach oben, und das war wahr­schein­lich auch ein Motiv für den Kon­zern, der nun sei­ne Ver­schul­dung min­dern kann. Bei Essil­or­Lu­xot­ti­ca geht es womög­lich dar­um, neben Lizenz­mar­ken mehr eige­ne Brands im Port­fo­lio zu haben. Inwie­weit bei dem Bril­len-Anbie­ter das Ver­ständ­nis für die Füh­rung einer hip­pen Street­wear Brand vor­han­den ist, wird sich zei­gen. Schon unter VF haben Nim­bus und Umsät­ze von Supre­me gehö­rig gelit­ten. Dass zuletzt von einem Tur­n­around die Rede war, ver­wun­dert bei einem Ver­kaufs­kan­di­da­ten nicht. Sonst wäre der Abschlag für VF noch höher aus­ge­fal­len als 600 Mil­lio­nen.