Passiert large

Grieders Verlobung. Bezos Retourkutsche. Grupps Triumph.

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Jürgen Müller

Samstag, 6. November. Es läuft für Daniel Grieder. Am Donnerstag konnte der Hugo Boss-CEO super Quartalsergebnisse vorlegen und die Aktie auf einen neuen Höhenflug schicken. Jetzt berichtet BLICK von Grieders Verlobungsfeier (bei der er sich zugleich zum 60. gratulieren ließ). Den Antrag habe er seiner Zukünftigen im Juli bei einem Helikopterausflug in den Schweizer Alpen gemacht, schreibt die Boulevardzeitung. Wie es sich gehört ging Grieder dabei vor ihr auf die Knie. Immerhin war ein Fotograf dabei, um den romantischen Moment für Louise Camutos Instagram-Account festzuhalten. „‘Honey Pie, willst du meine Frau werden?‘, schrie Grieder über den Gletscher“, weiß BLICK. So ein Helikopter macht ja auch ganz schön Krach. Sie hat „Ja!“ geschrien.

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Montag, 8. November. Es läuft auch für Wolfgang Grupp. Trigema führt das Ranking der nachhaltigsten Modemarken in Deutschland an. So sehen es jedenfalls die 11.000 Verbraucher, die YouGov für seinen European Fashion Report 2021 befragt hat. Platz 2 belegt Jack Wolfskin, Platz 3 Adidas. In der Schweiz und in Österreich liegt H&M auf Platz 1.

Es steht uns nicht zu, diese Studienergebnisse anzuzweifeln, und wir gönnen das den genannten Marken. Aber wundern dürfen wir uns schon. Uns wären da zunächst ein paar andere Namen eingefallen, aber die standen bei YouGov gar nicht zur Auswahl. Vielleicht belohnen die Verbraucher im Fall von Trigema einfach die Haltung und ethischen Positionen, die Wolfgang Grupp lautstark wie kein anderer vertritt. Da kann er sogar mit einem Affen werben, wo das Gros der Industrie mit Pelzverzicht zu punkten versucht. Relativiert wird das Ergebnis zudem durch die Tatsache, dass schon 13,8% Nennungen für den ersten Platz ausreichten. 45% der Befragten hatten keine Meinung und 14% fanden, dass keine der abgefragten Brands nachhaltig ist.

Interessant an der Studie ist, als wie wenig wichtig die Konsumenten letztlich Nachhaltigkeit bei Bekleidung ansehen. Mit lediglich 12% belegt Mode Platz 8, weit hinter Lebensmitteln (40%), Energie (38%) oder Gesundheit und Pflege (22%). Und wenn es um Auswahlkriterien beim Kleiderkauf geht, liegen Preis (68%), Qualität (61%) und Passform (56%) weit vor Material, Herstellungsort oder ökologischem Fußabdruck.

Kann es also sein, dass die Sustainability-Bemühungen der Branche vergebliche Liebesmüh sind? Danach gefragt, finden es europaweit zwar 42% der Verbraucher wichtig, ethisch und nachhaltig produzierte Kleidung zu kaufen. Aber was ist mit den anderen 58%? Nachhaltigkeit zu vernachlässigen, ist trotzdem keine Option. Es ist wohl so, dass sich die Kunden einfach keinen Kopf darum machen (möchten).

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Dienstag, 9. November. Twitter freut sich an dem 6‑Sekunden-Clip, in dem Jeff Bezos‘ Freundin Lauren Sánchez Leonardo DiCaprio anschmachtet, als wähnte sie sich am Bug der Titanic. Dem Amazon-Gründer bleibt in dieser Szene nur die Statistenrolle. Bezos twittert tags darauf ein Foto von sich, ohne T‑Shirt, in roten Shorts, mit geschwelltem Bizeps auf einem Schild lehnend mit der Aufschrift “Gefahr! Steile Klippe – Tödlicher Absturz“: “Leo, komm her, ich will dir etwas zeigen…“ Vorsicht vor dem Wolf of Online!

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Donnerstag, 11. November.  Die TW veröffentlicht ihre jährliche Studie „Working in Fashion“. Anders als den von YouGov befragten Verbrauchern ist den Beschäftigten in Industrie und Handel Nachhaltigkeit durchaus wichtig: Acht von zehn (79%) legen Wert drauf, dass ihr Arbeitgeber ein positives Image hat. 84% wollen in einem Unternehmen arbeiten, das seine Corporate Social Responsibility ernst nimmt.

Tun wir’s also für unsere Mitarbeitenden.

Zwei weitere Aspekte sind bemerkenswert: Erstens die extrem hohe Bedeutung, die ein sicherer Arbeitsplatz hat. Für 98% ist das wichtig. Wohl ein Reflex auf die extreme Unsicherheit, die die Coronakrise über die Branche gebracht hat. Und zweitens die gestiegene Bedeutung von flexiblen Arbeitsmodellen: 79% ist das sehr wichtig. 90% der Beschäftigten wollen auch nach Corona zumindest teilweise von zuhause oder mobil arbeiten können. Jeder Zweite möchte mindestens 60% seiner Arbeitszeit im Homeoffice bleiben.

Auch das ist eine Corona-Folge, die bleiben wird – betriebliches Long Covid sozusagen: Flexible Arbeitsformen und Arbeitszeiten sind zu einem zentralen Wettbewerbsfaktor im Recruiting geworden. Klar, dass das je nach Tätigkeit Grenzen hat und organisatorisch Komplexität bringt. Aber es kann sich kein Unternehmen mehr leisten, sich diesem Thema nicht zu stellen und keine Policy dazu zu entwickeln. Wer sich dem komplett verweigert, wird am Arbeitsmarkt als unzeitgemäß wahrgenommen und schadet damit seiner Employer Brand.