Passiert large

Billig geht immer

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Jür­gen Mül­ler

Frei­tag, 15. Novem­ber. Der Tod von Fritz Knapp bewegt die Bran­che. Bis ges­tern haben weit über 3000 Pro­fis auf den Lin­ke­dIn-Post von New Yor­ker reagiert. Von 'gelik­ed' soll­te man in die­sem Zusam­men­hang bes­ser nicht spre­chen.

Gegan­gen ist nicht nur ein unge­mein erfolg­rei­cher Unter­neh­mer und groß­her­zi­ger Mensch, son­dern auch ein kan­ti­ger Klar­tex­ter – wenn er sich denn mal der Öffent­lich­keit stell­te. Die begeg­ne­te ihm meist in Per­son mei­nes Ex-Kol­le­gen Jörg Nowi­cki, der auch einen respekt­vol­len Nach­ruf in der TW geschrie­ben hat.

Ich habe Fritz Knapp vor mehr als 20 Jah­ren zum Inter­view getrof­fen, zu dem ihm eine PR-Agen­tur über­re­det hat­te. Anlass war die Eröff­nung des Köl­ner Flag­ship Stores. Knapp hat­te wenig Lust, gab sich maul­faul und tau­te erst im Ver­lauf des Gesprächs auf. Chris Rüg­ges Foto des mür­ri­schen New Yor­ker-Chefs, das bei die­sem Anlass ent­stan­den ist, wur­de jetzt wie­der aus den Archi­ven geholt.

Knapp hin­ter­lässt nicht nur ein Mil­li­ar­den­ver­mö­gen, son­dern auch Fra­ge­zei­chen. Er hat sei­ne Fir­ma sehr direkt geführt, "wie eine Pom­mes­bu­de", zitiert das Mana­ger-Maga­zin einen lei­ten­den Mit­ar­bei­ter. Wie geht es wei­ter bei New Yor­ker, einem 2,6 Mil­li­ar­den-Unter­neh­men mit 23.000 Beschäf­tig­ten und 1200 Filia­len in 49 Län­dern? Nicht nur in Braun­schweig, auch andern­orts in der Bran­che wer­den sich per­spek­ti­visch sol­che Fra­gen stel­len.

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Diens­tag, 19. Novem­ber. Von wegen Luxus läuft. Bil­lig geht immer! Das zei­gen diver­se Nach­rich­ten in die­ser Woche.

Wäh­rend schlep­pen­de Geschäf­te bei den Luxus­kon­zer­nen zur­zeit für Ner­vo­si­tät und etli­che Wech­sel auf den Chef­eta­gen von LVMH und Kering sor­gen (u.a. neue CEOs bei Saint Lau­rent und Balen­cia­ga), schal­ten die Bil­lig­hei­mer auf aggres­si­ves Wachs­tum. So plant Dec­a­th­lon, wie heu­te bekannt wird, in Deutsch­land 60 Neu­eröff­nun­gen bis 2027, größ­ten­teils in Innen­städ­ten. Der Wool­worth-Ver­kauf wur­de nach LZ-Recher­chen zwar gera­de abge­bla­sen, was das Unter­neh­men indes nicht davon abhält, wei­ter zu wach­sen. Aus den der­zeit 750 Stores in Deutsch­land, Öster­reich und Polen sol­len per­spek­ti­visch 5000 wer­den. Auf dem Vor­marsch hier­zu­lan­de ist auch der nie­der­län­di­sche Non­food-Dis­coun­ter Action, der in den ers­ten drei Quar­ta­len die­ses Jahr um über 20% gewach­sen ist. 189 neue Filia­len gin­gen bis Ende Sep­tem­ber ans Netz, aktu­ell sind es 2755 Läden in zwölf Län­dern.

Die finanz­star­ken Dis­coun­ter sto­ßen in die Lücke, die ihnen der Fach­han­del und die Waren­häu­ser vie­ler­orts lässt. Kri­sen­be­dingt kommt es in vie­len Fuß­gän­ger­zo­nen zu Leer­stand, und das macht auch die Ver­mie­ter lang­sam aber zuneh­mend kon­zes­si­ons­be­reit.

Und dann ist da noch die Bil­lig­kon­kur­renz aus dem Inter­net. Shein setz­te in Deutsch­land nach den gera­de ver­öf­fent­lich­ten Ergeb­nis­sen vom Markt­ein­stieg im Mai bis Dezem­ber 2022 ins­ge­samt 1,3 Mil­li­ar­den Euro um. Aus dem Stand! Inzwi­schen dürf­ten wir über meh­re­re Mil­li­ar­den reden, die anders­wo in den Kas­sen feh­len. Der lan­ge kol­por­tier­te Bör­sen­gang soll jetzt im Früh­jahr 2025 über die Büh­ne gehen. Nicht zuletzt des­we­gen dürf­te sich Ama­zon mit der die­ser Tage erfolg­ten Frei­schal­tung sei­ner Chi­na­wa­re-Platt­form Ama­zon Haul beeilt haben.

"Bald könn­te es wie­der Spaß machen, Kla­mot­ten zu kau­fen", schreibt indes der Spie­gel. Eine Head­line der Kate­go­rie "Mann beisst Hund"? Der Arti­kel befasst sich mit der nie dage­we­se­nen Plei­te­wel­le in der deut­schen Mode­bran­che und ver­rührt die Insol­ven­zen von Esprit und Esca­da über Gale­ria, Hall­hu­ber, Ger­ry Weber bis hin zu Rene Lezard, Görtz und Lala Ber­lin zu einem ein­zi­gen gro­ßen Kri­sen­brei. "Die gute Nach­richt", so die Autoren: "Das Beben könn­te zu mehr Qua­li­tät füh­ren und dazu, dass es künf­tig wie­der so etwas wie ein Shop­ping­er­leb­nis gibt. König und Köni­gin Kun­de dür­fen zurück auf den Thron."

Abwar­ten. Jetzt freu­en sich die Köni­ge erst­mal auf die anste­hen­de Black Week.