Gundel

„Ein schwarzer Tag für den Einzelhandel“

Die weltberühmte Trendforscherin und Retail-Expertin Gundel Ekeldoort über den heutigen Black Friday, Erlebnisse am Point of Sale und die Preispolitik des Einzelhandels.

Gun­del Ekel­doort, Sie ken­nen ja bestimmt Frei­tag…

Den Kerl aus Robin­son Cru­soe?

Nein. Ich mei­ne die Schwei­zer Fir­ma, die Taschen aus alten LKW-Pla­nen her­stellt. Frei­tag wird am heu­ti­gen Black Fri­day alle sei­ne Läden schlie­ßen und auch online kei­ne Ware ver­kau­fen. Um ein Zei­chen zu set­zen für Nach­hal­tig­keit und gegen den Kon­sum­ter­ror. Wir schlie­ßen uns die­sem Pro­test an und ver­zich­ten auf die wöchent­li­che PAS­SIERT-Kolum­ne. Statt­des­sen füh­ren wir ein Inter­view mit Ihnen zum The­ma Black Fri.…

Es ist ein schwar­zer Tag für den Ein­zel­han­del!

Wie­so das?

Der Black Fri­day ent­larvt die Idee des Erleb­nis­han­dels als Illu­si­on. Dass die Leu­te in die Läden kom­men, um etwas zu erle­ben, gehört zu den Lebens­lü­gen des Ein­zel­han­dels. Das schöns­te Erleb­nis ist für die meis­ten Kon­su­men­ten immer noch, ein Schnäpp­chen zu machen.

Ein­spruch! Läden sind auch sozia­le Treff­punk­te.

Ja genau. Wes­we­gen immer mehr Leu­te online ein­kau­fen. Wie Ama­zon kommt die­se gan­ze Black Fri­day-Geschich­te aus USA. So wie Hal­lo­ween oder die­se Gen­der Reve­al-Par­ties. Und ist nicht sogar der Weih­nachts­mann eine Erfin­dung von Coca Cola? Wäre ich woke, wür­de ich das als kul­tu­rel­le Aneig­nung geis­seln.

Aus Ame­ri­ka kom­men aber auch ganz coo­le Sachen: das T‑Shirt, die Jeans oder der gan­ze Hip­hop-Style…

Die Jeans hat der deut­sche Aus­wan­de­rer Levi Strauss erfun­den. Hip­hop wäre ohne Kraft­werk undenk­bar. Selbst Trump hat deut­sche Wur­zeln.

Wir kom­men vom The­ma ab. Wie­so heißt es eigent­lich „Black Fri­day“?

Da crash­te 1929 die Bör­se.

Das hat doch mit der heu­ti­gen Rabatt­ak­ti­on nichts zu tun.

Damals wie heu­te ver­lie­ren alle viel Geld.

Aber die Ver­brau­cher spa­ren doch beim Ein­kau­fen!

Wenn Sie denn Din­ge kau­fen wür­den, die sie wirk­lich brau­chen. Bei Lidl gibt es einen „Snack­helm“, den man mit Süßig­kei­ten fül­len kann. Nur 9,99 statt 24,99 Euro. Das erin­nert mich an die Kan­ni­ba­len, die das Hirn aus den geöff­ne­ten Schä­deln ihrer Fein­de löf­feln. Und wer braucht ein Bal­kon­kraft­werk-Kom­plett­set für 299 Euro? Bei mir kommt der Strom aus der Steck­do­se. Über den 200 Euro-Rabatt für das Haar­ent­fer­nungs­ge­rät Lumea von Phil­ipps habe ich mich aller­dings schon gefreut.

Wozu brau­chen Sie denn ein Haar­ent­fer­nungs­ge­rät?

Haben Sie schon mal einer Ente unter die Ach­seln geschaut?

“Was früher mal Mondpreise waren sind heute regelrechte Marspreise” 

Aber der Ein­zel­han­del ver­dient schon Geld mit dem Black Fri­day? Es hat sich mitt­ler­wei­le her­um­ge­spro­chen, dass dazu extra Ware geor­dert wird und nicht sel­ten Mond­prei­se auf­ge­ru­fen wer­den.

Dass die Kon­su­men­ten sich in die­sem Herbst zurück­ge­hal­ten haben, hat nicht nur mit dem Wet­ter zu tun, son­dern auch mit den Preis­stei­ge­run­gen im Ein­zel­han­del. Es ist alles teu­er gewor­den in den Läden, wegen der Kos­ten­stei­ge­run­gen bei Roh­ma­te­ria­li­en, bei Ener­gie und in der Sup­p­ly Chain. Was frü­her mal Mond­prei­se waren sind heu­te regel­rech­te Mars­prei­se. Aber ein Gutes hat der Black Fri­day immer­hin…

Näm­lich?

Die Akti­on lie­fert einen Anlass, Prei­se zur Unzeit ohne Gesichts­ver­lust auf brei­ter Front redu­zie­ren zu kön­nen. Die Läger sind voll, und es muss Geld in die Kas­sen. Aber der bot­tom line tut das nicht gut.

Frü­her gab es dafür die Schluss­ver­käu­fe Ende Janu­ar und Ende Juli.

Die Prei­se haben sich vom Sai­son­den­ken ver­ab­schie­det. So wie ja auch die Lie­fer­ryth­men nichts mehr mit den Jah­res­zei­ten zu tun haben. Statt­des­sen setzt die Bran­che auf Drops. Doch die sind irgend­wann auch gelutscht. Das alles liegt aus­nahms­wei­se mal nicht an der Kli­ma­kri­se, son­dern ist haus­ge­macht.

Was kann man tun?

Ich set­ze mich heu­te mit einem Papp­schild vor den Bun­des­tag. Die Gre­ta hat sich ja nun selbst gründ­lich des­avou­iert. In die­ses Vaku­um wer­den wir mit Black Fri­days for Future sto­ßen.

Jetzt mal im Ernst, Frau Ekel­doort: Was kommt nach dem Black Fri­day? Fei­ern wir dem­nächst auch den Sin­gles Day?

Den haben die Chi­ne­sen doch auch bloß von uns kopiert. Am 11.11. las­sen wir es hier­zu­lan­de schon seit jeher kra­chen.