…hat das Wall Street Journal Magazin da abgeliefert. Selten ein so tief recherchiertes und ausführliches Portrait über einen Modemanager gelesen.
Millard Drexler ist der Mann, der mit Gap eine der ganz großen Erfolgsgeschichten im weltweiten Modehandel geschrieben hat. In den 80er und 90er Jahren machte er aus einem kalifornischen 400 Millionen-Betrieb einen internationalen Multi, der heute in über 3000 Filialen mehr als 14 Mrd. Dollar Jahresumsatz erwirtschaftet. Nach seinem Rauswurf bei Gap heuerte er im Jahr 2003 bei J.Crew an, einer Ikone des US-Einzelhandels, die zu jener Zeit ziemlich abgewirtschaftet hatte. Drexler schaffte es binnen kürzester Zeit, das Unternehmen wieder profitabel zu machen und auf einen Wachstumskurs zu bringen. Selbst im schwierigen Jahr 2009 hat J.Crew 11% Umsatz zugelegt, auf 1,58 Mrd. Dollar, freilich auch dank Flächenexpansion. Im gerade abgeschlossenen ersten Quartal liegt man 20% über Vorjahr.
Für jeden am Einzelhandelsgeschäft Interessierten lohnt es sich, sich mit J.Crew zu beschäftigen. Ich habe mir die Läden gerade wieder in New York angesehen. Drexler hat auf seinen Erfahrungen bei Gap aufgebaut und vermeidet gleichzeitig die Fehler seines alten Arbeitgebers. Ähnlich wie Gap konzentriert sich J.Crew auf qualitativ hochwertige Basics, preislich ist die Marke aber im ertragreicheren und wachstumsstärkeren Premiumsegment positioniert, und modisch erlaubt man sich – insbesondere bei den Damen – ein wenig mehr Extravaganz. Der Sortimentsschwerpunkt liegt wie bei Gap auf exklusiven Eigenlabels, nur ergänzt Drexler das Angebot um authentische, die J.Crew-Heritage unterstützende Fremdmarken wie z.B. Alden-Schuhe, Levi's 501-Jeans, Timex-Uhren oder Red Wing Boots. Statt wie Gap eine identische Linie am POS durchzuziehen, variiert Drexler den Auftritt der Marke und leistet sich individuelle Läden wie den kleinen, aber feinen The Liquor-Store in Tribeca sowie The Men's Shop in SoHo und den DOB-Store No. 1035 an der Madison Avenue, wo das J.Crew-Sortiment mit exklusiven Linien, Vintage-Produkten und hochwertigen Fremdmarken in einer authentischen Umgebung präsentiert wird. Kürzlich eröffnete J.Crew gar ein exklusives Brautmode-Geschäft. Im Hintergrund operiert eine schnelle und kostengünstige vertikale Organisation. Als originärer Versender ist J.Crew überdies multichannelfähig. So vereint J.Crew Attraktivität im Verkauf mit Effizienz im Back-office – fast so etwas wie eine Blaupause für Erfolg im Modehandel.
Wahrscheinlich braucht es einen leidenschaftlichen Produktfanatiker wie Mickey Drexler, um so ein Konzept umzusetzen. Ich habe ihn einmal erlebt. Vor zwei Jahren beim World Retail Congress in Barcelona trat er gemeinsam mit Philipp Green auf, einem anderen Superstar des weltweiten Modehandels (u.a. Topshop). Die beiden plauderten anekdotenreich über ihr Leben, ihre Erfahrungen, ihre Prinzipien. Wie sie da so auf der Bühne saßen, wirkten sie wie Waldorf & Statler aus der Muppet Show. Ich weiß nicht mehr, was die beiden so alles erzählt haben. Aber es war unheimlich beeindruckend.