Nicht nur Lucy Siegle stirbt für Mode

Schätzungsweise 1,7 Millionen Tonnen Mode konsumieren die Briten im Jahr. Macht rund 28 Kilogramm pro Einwohner. Die Durchschnittsfrau hat heute vier Mal so viel Kleidungsstücke im Schrank wie 1980, darunter bis zu 20 Teile, die sie noch nie angezogen hat. Im Jahr 2007 wurden in jeder Sekunde drei Paar Jeans verkauft.

Ein paar originelle Rechnungen hat Lucy Siegle da angestellt. Nun soll man einem berühmten Landsmann der britischen Journalistin zufolge keiner Statistik glauben, die man nicht selbst gefälscht hat. Aber unplausibel sind die Fakten nicht, die Siegle für ihr neues Buch „To Die For“ zusammengetragen hat. Für Deutschland käme man wahrscheinlich zu ähnlichen Ergebnissen.

Denn es ist offensichtlich: Die Menschen kaufen mehr als früher. Sie kaufen häufiger als früher. Sie kaufen unüberlegter als früher. Wer heute Mode kauft, macht sich meist keine Gedanken darüber, wie lange ein Teil halten wird und soll. Früher oder später landet es in der Mülltonne. Eher früher. Auch richtet sich der Modekonsum heute kaum mehr nach den Jahreszeiten, und er korreliert nur bedingt mit dem Einkommen. Sich modisch zu kleiden, ist heute kein Privileg derer mehr, die es sich finanziell leisten können.

Diese „Demokratisierung der Mode“ ist dem Siegeszug der Fast Fashion-Anbieter zu verdanken, und Lucy Siegle analysiert treffend, wie Topshop, H&M und Zara mit schneller Trendreaktion, häufig wechselnden Kollektionen und immer aggressiveren Preisen die Bedürfnisse der Verbraucher gleichermaßen bedient und verändert haben. Und den Weg bereitet haben für Discount-Formate wie Primark, deren Billig-Chic heute selbst in Kreisen sozial akzeptiert ist, die es nicht nötig haben. Soweit, so bekannt.

Natürlich weist die Autorin, in England eine bekannte Umweltjournalistin, auf die Schattenseiten dieser Entwicklung hin: Umweltverschmutzung, Lohndumping und unmenschliche Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern. Irgendeiner zahlt immer den Preis. So ist der Buchtitel „To Die For“ durchaus doppeldeutig gemeint. Siegles Credo: Weniger und lieber teurer kaufen, und vor allem bewusster kaufen.

Wer nicht auf die deutsche Übersetzung warten will (die es womöglich gar nicht geben wird):  Hier kann man To Die For bestellen.