Dieses Buch musste mal geschrieben werden. Modedesigner ist nach wie vor ein Traumberuf für viele junge Menschen. Gleichzeitig dürfte die Diskrepanz zwischen Vorstellung und Wirklichkeit bei kaum einem Job so groß sein. Wenn wir über Modedesigner reden, dann haben wir nicht selten den exaltierten Kreativen vor Augen, der mit genialem Strich eine Kollektion hinwirft, zweimal im Jahr auf dem Laufsteg Blumen in Empfang nimmt und abends bei Beckmann launige Anekdoten aus dem Leben der Reichen und Schönen zum Besten gibt. Dass die Praxis sehr viel anders aussieht, schwant einem spätestens nach dem ersten Praktikum. Da geht es dann nicht mehr um kreative Selbstverwirklichung, sondern darum, den Markt und den Massengeschmack zu bedienen. Immer im Konflikt mit den Kaufleuten, die Verkäuflichkeit fordern, den Produktmanagern, die auf die Marken-CI pochen und den Controllern, die einen immer zu engen Kostenrahmen vorgeben.
Yasmin Boeck räumt in ihrem Buch „Traumberuf Modedesigner“ (Stiebner Verlag, München, 22 Euro) mit vielen Vorurteilen auf und informiert kenntnisreich über die Möglichkeiten von Studium und Ausbildung, über Wege in den Job und über die Berufsperspektiven von Modedesignern. Meine Kollegin Bettina Maurer hat sie für die aktuelle TW interviewt. „Heute geht es maßgeblich um Schnelligkeit, Effizienz und Umsatz“, sagt Boeck. „Als Designer hat man immer weniger Zeit, neue Ideen zu entwickeln. Schnelligkeit geht jedoch oft zu Lasten der Kreativität. Gutes Design ist Qualität, und die muss erarbeitet werden. Das braucht Zeit, doch das Bewusstsein dafür fehlt in vielen Firmen.“
Boeck hat selbst Modedesign studiert, an der Hochschule für Künste in Bremen. Danach versuchte sie sich wie so viele ihrer Kommilitonen mit einer eigenen Kollektionen. Mit der sich kein Geld verdienen ließ. Sie verdingte sich als Designerin für Corporate Fashion, u.a. für Aral, BP, Möve und Vorwerk. Das macht sie auch heute noch. Daneben hat sie Einzelhandels-Erfahrung gesammelt. So leitete sie ein paar Jahre lang die Designer-Boutique Böttcherstraße in Bremen. Zwischen 2000 und 2002 hatte sie in der Hansestadt zudem einen Lehrauftrag für Modedesign. All diese Erfahrungen flossen in ihr Buch ein.
Modedesign mag ein Traumberuf sein. Aber es ist kein Beruf für Träumer.
Übermorgen ist übrigens der TW Young Professionals' Day. In einer Talkrunde wird es um "Kreativität in Zeiten von Fast Fashion" gehen. Wir haben mit über 750 Teilnehmern und 50 Unternehmen eine Rekordbeteiligung! Wer sich kurzfristig noch anmelden will, ruft am besten Diana Schramm an: 069 7595 1204.
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