P&C Düsseldorf meldet Insolvenz in Eigenverwaltung an, und die Branche reagiert mit Schock und Überraschung. Geschockt sind vor allem die Lieferanten, weil nach Galeria ein zweiter Großkunde aus den guten, alten Zeiten schwankt und man keine Alternativen aufgebaut hat. Verwundert sind vor allem die Händler, weil sie in P&C die Benchmark für Modehandel nach alter Schule gesehen haben.
Schock und Verwunderung hilft aber nicht, die wesentliche Frage ist doch: Was kann man daraus lernen? Hier drei Denkfehler, die wahrscheinlich weiter verbreitet sind als es gut tut:
Format versus Kundin: Es geht um relevante, betriebswirtschaftlich sinnvolle Kundenzugänge, nicht um Formate oder Kanäle. Wer die Logik dreht und mit dem Format (Laden) beginnt, muss an anderer Stelle der Erdanziehung ein Schnippchen schlagen. Bei 50% Brutto-Marge und 30% Mietkosten vom Umsatz (als Fixkosten) kommt mit rückläufigen Frequenzen und dadurch sinkenden Umsätzen der Niedergang des stationären Formats von ganz allein. Die Stellschrauben der Retail-Physik sind bekannt: Bestandskunden-Traffic, Capture- und Conversion-Rate, Durchschnitts-Bon, Brutto-Marge, Miete/Kosten. Sinkende Frequenzen und keinen Trick im Ärmel? Das Immer-so-weiter wird nicht funktionieren.
Digitalisierung versus Strategie: Stationäre Konzepte konnten in der Prä-Internet-Zeit über Jahrzehnte funktionieren, weil das Angebot lokal begrenzt war und Kund:innen aus dem vor Ort Verfügbaren sämtliche Kaufentscheidungen treffen mussten. Seit 25 Jahren ist das anders und es gibt heute im World Wide Web jederzeit und bei voller Preistransparenz wortwörtlich alles. Deshalb reicht es nicht, sein auf lokalem Gebietsschutz basierendes, aber ansonsten überall verfügbares Angebot ins Netz zu stellen. Es geht nicht um die Elektrifizierung des Ladenlokals oder darum, endlich einen Online-POS zu haben. Es geht statt dessen um eine kontextual wettbewerbsfähige Proposition. Und da sich im Netz der Kontext ändert, muss auch die Proposition darauf angepasst oder neu entwickelt werden: die breiteste Auswahl, die relevanteste Kuration, die spannendsten Services, die schnellste Lieferung, der beste Preis – was auch immer es ist, es muss Wert stiften und in Abgrenzung zum Wettbewerb im Netz besser sein. Aus Sicht der Kund:in, nicht der Geschäftsführung. Und wem dazu nichts Überzeugendes einfällt, sollte nicht in Technologie investieren, sondern allem voran in die Proposition als Teil einer ehrlichen Strategie.
Strategie versus Plan: Eine Strategie definiert das Spielfeld und wie man darauf gewinnen wird. Fashion für den gehobenen Mainstream ist als Spielfeld verlockend groß, allein die großen Gegenspieler aus Hamburg und Berlin haben sich darauf aber schon ordentlich breit gemacht. Wer da gewinnen oder auch nur halbwegs ernsthaft mitspielen möchte, muss eine Zahlungs- und Wechselbereitschaft bei den Kund:innen triggern. Das geht nur durch ausreichend große Mehrwerte in Abgrenzung zu den Wettbewerbern. Je später man zur Party kommt, desto besser muss man eben tanzen können. Die Entwicklung einer eigenen Technologie für den Online-Shop und Click & Collect, eine neue Bild-Sprache, ein neues Logo oder eine neue Web-Adresse – das alles sind diskutable Pläne, sie definieren aber eben nicht das Spielfeld und wie man darauf gewinnt. Ohne eine ehrliche Strategie arbeitet man zwangsläufig am Ziel vorbei, verbrennt Ressourcen, Zeit und die Motivation der Teams. Wegschauen funktioniert bei dem Thema nicht, der Markt sorgt für Transparenz. So kompliziert, wie es klingt, ist es aber auch nicht. Einfach mal machen.