Auf den ersten Blick überrascht es, dass Sie ein Buch über Mode schreiben. Wie kamen Sie auf die Idee?
Irrtum. Es ist kein Buch über Mode, sondern darüber, was Kleidung mit uns Menschen macht.
Beim Lesen des Buchs wird deutlich, dass Mode Sie tatsächlich Ihr ganzes Leben begleitet und Sie sich auch intensiv damit beschäftigen. Was bedeutet Mode für Sie?
Mode bedeutet mir gar nichts. Mich interessieren die Erinnerungen und Erlebnisse, die wir mit bestimmten Klamotten verbinden.
Warum ist es nicht egal, was wir tragen?
Weil Kleidung mit uns zu tun hat, unseren Stil ausdrückt, etwas über uns aussagt.
Hat sich im Laufe der Jahre Ihre Orientierung an Modetrends verändert?
Mode interessiert mich nicht und ich bin noch nie irgendwelchen Trends nachgelaufen.
In einem Kapitel schreiben Sie im Vergleich mit Ihrer Mutter und Tante, dass man Stil nicht lernen kann. Man hat ihn oder hat ihn nicht. Wie definieren Sie Stil?
Man muss ein Gefühl für die eigene Person haben, wissen, ob man eher der sportliche, der elegante, der weibliche, der burschikose Typ ist. Wenn man da sicher ist, ist es schon – fast! – Stil. Aber es gehört mehr dazu, das stimmt.
Haben Sie jemals ein Stilvorbild gehabt?
Nein. Mir gefallen Menschen, die ihren Stil gefunden haben, zum Beispiel Frida Kahlo oder Coco Chanel, über die ich ja auch schreibe. Da stimmt alles. Aber deshalb muss es nicht auch für mich stimmen.
Der Kamelhaarmantel ist nicht nur Titel Ihres Buches, sondern bekommt sogar ein ganzes Kapitel gewidmet, in dem Sie schreiben, dass er ein für allemal von der Bildfläche verschwinden sollte. Was sagen Sie dazu, dass Camel gerade wieder schwer im Trend ist?
Die Geschichte „Männer in Kamelhaarmänteln“, die dem Buch den Titel gibt, ist eine Liebeserklärung an meinen toten Vater, der Kamelhaarmäntel sehr lässig trug. Die engen taillierten, kniekurzen Mäntelchen, die heute getragen werden, haben keine lässige Eleganz. Das ist etwas zu bieder.
In einem Kapitel schimpfen Sie über den Hoodie…in letzter Zeit waren klobige Sneaker, übergroße Daunenjacken und XXL-Sweatshirts mit großen Lettern im Luxusmarkt die Umsatztreiber, allesamt Themen, die auf den ersten Blick nicht gerade geschmackssicher sind. Können Sie diese Trends nachvollziehen, und was halten Sie davon?
Ich sehe, dass das angesagt ist, ist aber nicht mein Fall. Und Kapuzenpullover für draußen sind sinnvoll, warum man sie aber im Theater trägt? Keine Ahnung.
Was sagen Sie dazu, dass Kinder heute häufig denselben Look tragen wie Ihre Eltern und umgekehrt?
Das ist mir noch nie aufgefallen.
Gibt es etwas, was Sie der Modebranche schon immer mal gerne sagen wollten?
Nein. Das ist nicht mein Thema.
Interview: Sabine Spieler.
"Wir vergessen die Namen, die Geschichten, aber fast nie vergessen wir die Kleider." In "Männer in Kamelhaarmänteln" befasst sich Elke Heidenreich mit der schönsten Nebensache der Welt. Wenn sie von Kleidern erzählt, dann erzählt sie vom Leben selbst: von sich mit 16, von Freundinnen und Freunden, von Liebe und Trennung. Geschichten, komisch und traurig, in denen jeder sich wiedererkennt.