Es ist eine dieser Affären, die weit weg passieren, und von denen neuerdings doch die gesamte Welt erfährt. Und jedes Mal freuen sich ein paar mehr oder weniger Randständige über die Macht, die ihnen das Internet verleiht. Neulich hat Wolfgang Grupp sich abfällig über das Internet geäußert und Twitterer pauschal als Idioten beschimpft. Das zog einen Sturm der Entrüstung in den einschlägigen sozialen Netzwerken nach sich, den der Trigema-Chef geschickt parierte und in Publicity verwandelte. Man muss ihm fast raten, die Beschimpfungen zu wiederholen.
Jetzt haben es auch Miuccia Prada und Patrizio Bertelli mit einer Kampagne gegen ihr Unternehmen zu tun. Ihre ehemalige Angestellte Rina Bovrisse ist in Japan vor Gericht gezogen. Sie klagt gegen ihre Kündigung, die angeblich wegen ihres Aussehens erfolgt ist: Sie sei zu dick, habe nicht die richtige Frisur und überhaupt fehle es ihr am rechten Prada-Style. Auch andere japanische Prada-Angestellte seien in dieser Weise diskriminiert worden. Das japanische Management habe 2009 zudem Mitarbeiter genötigt, Prada-Produkte zu kaufen, um die sinkenden Umsätze zu vertuschen. Diesen Freitag sieht man sich vor Gericht.
Was auch immer an den Vorwürfen dran ist: Was die Affäre am anderen Ende der Welt für Prada gefährlich macht, ist die Tatsache, dass sie sich online in rasender Geschwindigkeit herumspricht und damit potenziell rufschädigend wirkt. In Twitter wird getweetet, was das das Zeug hält. Immerhin 733 Unterstützer hat Rina Bovrisse seit März auf Facebook gefunden. Hunderte Solidaritätsbekundungen sind dort gepostet, 262 Links verweisen auf entsprechende Fundstellen – Berichte, Videos etc. – im Netz.
Okay, Prada hat immer noch mehr Fans als Bovrisse, aktuell zeigt die offizielle Company-Seite 435.281 "gefallt mir". Und wahrscheinlich konnten die Bovrisse-Unterstützer Prada schon vorher nicht leiden und sich schon gar nicht leisten. Dem sorgsam kontrollierten und mit Millionen-Werbegeldern und noch mehr Architektenhonoraren aufgebauten Prada-Image wird durch eine solche hässliche Kampagne trotzdem eine – gelinde gesagt – unsympathische Facette beigefügt. Ist es nicht wunderbar paradox, dass ausgerechnet der Versuch, den Markenauftritt bis hin zur Optik des Personals zu kontrollieren, nun womöglich dazu führt, dass ebenjener Auftritt beschädigt wird? Marken müssen sich jedenfalls von der Illusion verabschieden, ihr Image heute noch bis ins Letzte kontrollieren zu können. Je bekannter eine Marke ist, umso größer ist das Negativ-Kampagnen-Potenzial.