Über die Unverträglichkeit von Kreativen und Finanzinvestoren ist viel geschrieben worden. Und mit Sicherheit sind Modeunternehmen erst in dem Maße interessant für Private Equity geworden, wie das Systemgeschäft sich im Business breit gemacht hat. Denn da basiert der Erfolg nicht auf den mehr oder weniger genialen Einfälle wankelmütiger Kreativer, sondern Kollektionsrahmenpläne, straff getaktete Kollektions- und Lieferrhythmen, ausgeklügelte IT- und Logistiksysteme und durchdachte Merchandisingkonzepte suggerieren zumindest eine gewisse Berechenbarkeit. Jedenfalls lässt sich das alles in Powerpoint-Vorträge und damit eine Sprache verpacken, die ein zahlenfixierter Finanzinvestor auch versteht. Dass das alles nichts ist, wenn das Produkt nicht stimmt, ist eine andere Geschichte.
Eine schöne Bestätigung dieser These lieferte mir Luc Vandevelde. Ich traf den ehemaligen Marks & Spencer und Carrefour-Chef Ende September in Brüssel. Das Interview wird in einer der nächsten TW-Ausgaben veröffentlicht. Vandevelde ist heute Managing Director Change Capital Partners (CCP). Zu dem Finanzinvestoren gehören die deutsche Kette Hallhuber und die französische Modemarke Paule K. CCP trat für uns erstmals in Erscheinung als Übernehmer von Jil Sander. Vandevelde kaufte die Firma 2006 von der Prada Group, um sie 2008 an den japanischen Textilkonzern Onward weiterzuveräußern.
“Ein Grund, weshalb wir uns auf Jil Sander eingelassen haben, war, dass Jil Sander nicht mehr dabei war”, erklärte er in fröhlicher Offenheit. “Viele kreative Geister sind schwierige Persönlichkeiten, die schwer zu managen sind. Die passen oft nicht in industrielle Strukturen, wo es eine gewisse Disziplin und Rationalität braucht.” Zu Jil Sander-Designer Raf Simons hatte Vandevelde dagegen einen guten Draht. Belgier unter sich. “Bevor es zum Kauf kam hatte ich einen Tag mit ihm in Antwerpen verbracht. Wir plauderten über die Mode, die Kunst und das Leben.” Die Chemie, sagt Vandevelde, muss stimmen. “Ich bin nicht sicher, ob wir den Deal ohne Raf Simons gemacht hätten. Es ist sehr schwierig, jemanden zu finden, der 100% zu einer solchen Marke passt.”