In diesem Herbst fallen die Studien wie Blätter von den Bäumen. Um 12,3 Prozent ist der Onlinehandel im dritten Quartal gewachsen, meldete der Bundesverband E‑Commerce und Versandhandel (BEVH) dieser Tage, für die Experten ein unerwartet hoher Wert. Bekleidung und Schuhe konnten sogar um 16,6 Prozent zulegen. Das flotteste Wachstum legten laut BEVH mit 20 Prozent die Pure Player hin, nicht die Omnichannel-Formate. Das ist kein Wunder, glaubt man einer ebenfalls dieser Tage publizierten Umfrage von Arithnea, nach der 87 Prozent der Konsumenten mit dem Online Shopping-Erlebnis zufrieden sind. Im Detail gibt es aber natürlich jede Menge zu optimieren, sonst hätte eine Digitalagentur wie Arithnea ja auch nichts mehr zu tun.
Angesichts solcher Meldungen fast trotzig mutet an, wenn das EHI darauf hinweist, dass der stationäre Handel in Deutschland mit annähernd 90% Marktanteil immer noch die absolut dominierende Vertriebsform ist. Allein die Top 3 machten mit 62,8 Mrd. Euro zusammen mehr Umsatz als der gesamte Onlinehandel (56 Mrd. Euro). Möglicherweise irritierend sind für die Stationären dennoch Forschungsergebnisse aus den USA, nach denen Läden ohne Ware besser verkaufen: Showroom-Konzepte wie Bonobos verzeichneten um bis zu 60 Prozent höhere Durchschnittsbons, so eine Studie der Wharton School.
Nun hat sich diese Woche mit Richard David Precht auch noch ein Philosoph in die Debatte eingemischt. Nach einem Schaufensterbummel in Solingen befand der Bestseller-Autor, dass der Onlinehandel schuld an dem traurigen Bild der Innenstädte haben und durch höhere Steuern aufgehalten werden müsse. Das veranlasste unseren Mann aus der Mönchengladbacher Webschulstraße, Prof. Gerrit Heinemann zu einer Replik in Etailment. Tenor: Handel ist Wandel. Online sei nicht der Verursacher, sondern eher der Beschleuniger für jahrelange Fehlentwicklungen in der Kommunalpolitik, die Fachmarkt- und Einkaufszentren in der Peripherie begünstigt habe. Der Innenstadtbesuch sei aus Kundensicht in der Regel das Gegenteil von Faszination und Kommunikation, sondern überwiegend purer Stress. Was die eigentliche Ursache für Frequenzrückgang und Ladensterben sei. Statt dem Traum einer Shoppingstadt hinterherzulaufen, sollten die Kommunen lieber dringend benötigten Wohnraum erlauben, meint Heinemann. „Lieber schöne Schlafstädte mit bezahlbaren Mieten statt hässliche Einkaufsstädte mit leerstehenden Läden und Wohnungsmangel.“
Zitiert werden in diesen Tagen ferner immer wieder Studienergebnisse, nach denen Unternehmen mit Frauen im Management erfolgreicher seien als jene mit ausschließlich männlichen Geschäftsführungen. Was hätte aus Zalando nur alles werden können, wenn wenigstens einer der Gründer eine Frau gewesen wäre? Und hätten Asos’ Logistikprobleme (derentwegen der Online Retailer diese Woche einen Gewinneinbruch vermelden musste) vermieden werden können, wenn… aber vielleicht waren da ja sogar Frauen involviert, wir wissen es nicht.
Im Ernst: Wenn Zalando nun eine Frauenquote auf den sechs oberen Managementebenen einführt, dann ist das natürlich in allererster Linie Kosmetik, die auf die Kundenmeinung, das Arbeitgeberimage und die Börse wirken soll. Aber weil das alles Faktoren sind, die auf den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens einzahlen, ist es wohl eine richtige Entscheidung.
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