Passiert large

Ranschmeisse in München. Duell in Wimbledon. Entscheidung in Halle.

ImgEs war nicht nur eine Preis‑, sondern auch eine PR-Schlacht. Gewerkschaft und Greenpeace nutzten Amazons Prime Day für öffentlichkeitswirksame Aktionen. Verdi rief zu Streiks auf. Die Umweltaktivisten kaperten das Logistikzentrum in Winsen an der Luhe, um gegen die Retourenvernichtungspraxis des Online Retailers zu protestieren. Amazons PR-Stelle konterte und verkündete, in Deutschland 2800 neue Arbeitsplätze schaffen zu wollen. Und beim CSD in München fuhr ein Glamazon-Wagen mit. Der Onlineretailer war nicht das einzige Unternehmen,  das sich bei diesem sommerlichen Karneval mit großem Wumms zu Diversity bekannte. Und dass die Industrie Vielfalt in ihren Reihen fördert, ist ja auch gut und richtig. Die demonstrative LGBTQ-Ranschmeisse ist trotzdem irgendwie schleimig. Genauso übrigens wie die Meldung, dass Chanel jetzt eine „Head of Inclusion“ ernannt hat. Die Einstellung des neuen Logistikchefs oder den Namen der Buchhaltungsleiterin hat man in Paris schließlich auch nicht publiziert.

Während die Münchner Amazon-Kollegen am Sonntag ihren Rausch ausschliefen, zeigte sich ihr Chef mit neuer Freundin entspannt beim Wimbledon-Finale der Männer. Es bleibt ja auch nach Auszahlung der Gattin genug übrig für Erdbeeren und Champagner. Einen Tag davor hatten sich die Damen die Bälle um die Ohren gehauen. Und auf der Tribüne duellierten sich Kate und Meghan. Die eine trug nach Recherchen der GALA ein dunkelgrünes Dolce & Gabbana-Kleid, die andere einen gemusterten Rock von Hugo Boss zur weißen Bluse von Givenchy. Während Kate und Meghan bei ihrem Auftritt 2018 mit ihren Outfits nicht nur punkten konnten, sondern auch ein farblich aufeinander abgestimmtes Duo darstellten, wirken sie 2019 modisch voneinander getrennt, schreiben die Mode-Experten des People-Magazins. Was läuft da jetzt nur wieder schief im Hause Windsor?

Während Wimbledon den Tennisfreunden wohl ewig ein Begriff sein wird, sind die Gerry Weber Open bekanntlich seit diesem Jahr Vergangenheit. Wo Hunderte Mitarbeiter ihren Hut nehmen mussten, ist das Sponsoring eines Tennisturniers weder bezahl- noch vermittelbar. Es ist eine Tragödie, die sich in Halle/Westfalen abgespielt hat. Gerry Weber war eine der großen Erfolgsgeschichten in der deutschen Modeindustrie. Unternehmerische Hybris und ein börsengetriebener Expansionswahn haben diesen nach wie vor relevanten Eckpfeiler vieler DOB-Sortimente ins Wanken gebracht. Seit dieser Woche, rechtzeitig zur anlaufenden Orderrunde ist für Klarheit gesorgt: Die Familie Weber wird keine Rolle mehr spielen, lässt sich Insolvenzverwalter Gerloff zitieren. Das hört sich fast an, als sei da jemandem ein Stein vom Herzen gefallen.

Die von den neuen Investoren eingebrachte Finanzspritze von knapp 50 Millionen verschafft dem Unternehmen erstmal Luft. Wichtiger noch war das Signal zur Orderrunde, dass es in Halle weitergeht. Die wirkliche Herausforderung wartet auf das Unternehmen indes nach der Sanierung: Wird es Gerry Weber gelingen, mit seiner Marke neue Zielgruppen anzusprechen? Oder neue Marken für jüngere Zielgruppen aufzubauen, wenn „Gerry Weber“ mit der heutigen Kundin aussterben sollte?

Diese Herausforderung hat Gerry Weber nicht allein.

Und sonst?

… war es die Woche der Deals: Thomas und Michael Röther arrondieren ihr Markenportfolio um Timezone und Orwell. Die Augsburger Schmid-Gruppe will die 40 K&L‑Filialen übernehmen. Ebay verkauft Brands4Friends. Anders Holch Povlsen investiert nach der Einstellung der von Bestseller mitgetragenen B2B-Plattform Fashion Trade in den Wettbewerber Fashion Cloud.

… wurde mit Carlos Crespo der neue Inditex-CEO vorgestellt. Die Beförderung des bisherigen COOs zeugt von dem herausragenden Stellenwert, den dessen Themen Digitalisierung und Sustainability beim größten Modehändler der Welt haben. Das ist auch ein Signal für den Markt.

.… läuft Stella McCartney von Kering zu LVMH über. Bernard Arnault scheint keine Gelegenheit auszulassen, seinen Rivalen Pinault zu piesacken. Dabei könnte er sich zurücklehnen. Der LVMH-Inhaber hat laut Forbes gerade Bill Gates überholt: Der 70jährige ist jetzt mit 105 Milliarden Dollar der zweitreichste Mensch auf dem Planeten. Die Nummer 1 war gerade in Wimbledon.

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