Karstadt sorgte diese Woche wieder mal für Schlagzeilen. Das Geschäft läuft Medienberichten zufolge unter Plan. "Selbst wenn wir Rückenwind hätten, würden wir unsere Ziele nicht über Nacht erreichen", sagte Karstadt-CEO Andrew Jennings der FTD . "Wir haben aber keinen Rückenwind, wir haben Gegenwind." Im Herbst war es bekanntlich Fön, der ein richtiges Wintergeschäft verhindert hat. Ansonsten wiederholte Jennings sein Mantra von der konsequenten Umsetzung. Das hat er bislang noch in jedem Interview angekündigt. Dazu gehört eine Lieferantenkonzentration (z.B. 20% weniger Marken im Textilbereich) sowie eine Verschlankung des Sortiments. So wird sich Karstadt etwa aus dem Multimediageschäft zurückziehen. Was für Außenstehende angesichts der Wettbewerbssituation im Elektronikmarkt ein längst überfälliger Schritt ist (Kaufhof hat ihn auch hinter sich), ist für eingefleischte Warenhausmacher mit ihren Vorstellungen von Frequenzbringern und Verbundverkäufen ein Sakrileg. Die Medien haben den winzigen Info-Brocken, den Jennings ihnen hingeworfen hat, allesamt aufgenommen. Mancher "Experte" fragte sich, wie das Unternehmen mit einem weniger breiten Angebot mehr Umsatz machen wolle. Als ob Jennings die frei werdenden Flächen in den Häusern mit Ruhezonen für Rentner oder Kinderspielplätzen füllen wollte. Etwas irritierend ist allerdings seine Formulierung vom "Schälen der Zwiebel". Eine Anlehnung an Grass? Ach nein, der hat sie ja gehäutet. "Wir dringen zum Innern von Karstadt vor", konkretisiert Jennings. Was er da wohl finden wird?
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Esprit ist ein anderes großes Sorgenkind der Branche. CEO Ronald Van der Vis hatte vorige Woche erneut schlechte Zahlen verkünden müssen. Der Gewinneinbruch – immerhin 70% – fiel weniger drastisch aus als befürchtet. Die Börse belohnte das mit einem Kurssprung von über 25%. Man braucht das nicht zu verstehen. Ronald van der Vis wird es jedenfalls recht sein. Die Anleger gehen offenbar schon mal davon aus, dass mit Esprit gute Geschäfte zu machen sind. Jetzt muss er nur noch den Handel überzeugen. Diese Woche gingen die Ratinger in Hamburg und Wien den nächsten Schritt: Dort wurde erstmals das neue Store-Design realisiert. Das muss einem – wie auch die Gisele-Kampagne – nicht gefallen. Aber es ergibt sich zumindest ein kongruentes Bild, wie Esprit künftig am Markt auftreten wird. Und Gisele hat sicher dazu beigetragen, dass die Marke wieder stärker wahrgenommen wird.
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In der Woche, in der alle auf die Nachricht vom Einstieg von Raf Simons bei Dior warteten, hat der andere Dünne die Mode-Schlagzeilen beherrscht. Hedi Slimane legt die Kamera vorerst aus der Hand und designt jetzt wieder für Yves Saint Laurent. Es ist wie in der Politik oder beim Fußball – wenn der alte Minister oder Trainer es nicht mehr bringt, oder es irgendwie frischen Wind braucht, rollen die Köpfe. Nur manchmal sind sie selbst schuld (Wulff – die Freunde, Daun – das Koks, Galliano – der Hitler). Es ist schon paradox: Einerseits sind die Designer heute für die Linie einer Marke unverändert wichtig, für die Markenkommunikation geradezu unverzichtbar. Gleichzeitig sind sie austauschbarer denn je geworden, ja die schnell gelangweilte Öffentlichkeit verlangt von Zeit zu Zeit geradezu einen Wechsel. Den besten Beitrag zum aktuellen Designerkarussell hat übrigens Suzy Menkes für die New York Times geschrieben. "Designer aufzubauen bedeutet Investment. Wie viel leichter ist es da, sie in die Schuhe eines toten Mannes oder einer toten Frau zu stecken und wie eine Marionette zu führen."
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Und nächste Woche?
Am Dienstag legt Charles Vögele seine Bilanz 2011 vor. Am Mittwoch folgt Adidas. Und ab heute Abend geht es auf Arte das ganze Wochenende über um Mode, mit etlichen Dokumentationen und Portraits. Jetzt muss nur noch das Wetter schlecht werden.
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