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Michael Otto tritt ab. Thrasio insolvent. SportScheck verkauft. Inditex triumphiert.

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Jür­gen Mül­ler

Mon­tag, 11. März. Zei­ten­wen­de bei der Otto Group: Micha­el Otto zieht sich 2026 zurück, sein Sohn Ben­ja­min Otto über­nimmt dann den Vor­sitz im Stif­tungs- und Gesell­schaf­ter­rat. CEO Alex­an­der Bir­ken wird ein Jahr zuvor bereits Auf­sichts­rats­vor­sit­zen­der, Petra Scharner-Wolff neue CEO.

Micha­el Otto wird dann 45 Jah­re an der Spit­ze des Kon­zerns gestan­den haben. In der schnell­le­bi­gen Ein­zel­han­dels­bran­che ist allein das eine Leis­tung. Vor­bild­lich ist Ottos jahr­zehn­te­lan­ges gesell­schaft­li­ches Enga­ge­ment und sein glaub­wür­di­ges Ein­tre­ten für den Umwelt­schutz, zu einer Zeit, als ‘Nach­hal­tig­keit’ und ‘Cor­po­ra­te Social Respon­si­bi­li­ty’ noch nicht zum Stan­dard­vo­ka­bu­lar von Mana­gern gehör­ten.

Micha­el Ottos größ­te Leis­tung ist, dass es die Otto Group über­haupt noch gibt. Necker­mann, Quel­le, Klin­gel – alle gro­ßen Ver­sand­häu­ser sind vom Markt ver­schwun­den (oder von Otto geschluckt wor­den), nicht nur, aber ins­be­son­de­re weil sie anders als Otto die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on nicht geschafft haben. “Natür­lich habe ich auch vie­le Feh­ler im Lau­fe der Jahr­zehn­te gemacht”, sagt Micha­el Otto im – per­fekt getim­ten – Inter­view mit dem aktu­el­len Mana­ger-Maga­zin. “Aber erfreu­li­cher­wei­se waren am Ende mehr rich­ti­ge als fal­sche Ent­schei­dun­gen dabei.”

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Diens­tag, 12. März. Das Han­dels­blatt beschäf­tigt sich mit der Plei­te des Ama­zon-Aggre­ga­tors Thra­sio und den Fol­gen. Der US-Kon­zern, der gut 200 Mar­ken auf­ge­kauft hat, die vor­nehm­lich über Ama­zon ver­trei­ben, hat sich über­nom­men. Das sei kei­ne Kri­se des Geschäfts­mo­dells, son­dern auf Manage­ment­feh­ler und die ver­än­der­ten Bedin­gun­gen am Kapi­tal­markt zurück­zu­füh­ren, sagen Exper­ten.

Das eigent­li­che Geschäfts­mo­dell von Unter­neh­men wie Razor, Sel­ler X oder der Ber­lin Brands Group ist frei­lich nicht der Auf­bau eines nach­hal­tig funk­tio­nie­ren­den Han­dels­ge­schäfts, son­dern die Krea­ti­on eines Inves­to­ren­ve­hi­kels, das dann meist­bie­tend ver­kauft wer­den soll. Das mag in der Tat nicht gefähr­det sein. Doch zunächst wird sich der Markt nun kon­so­li­die­ren, was nicht der Iro­nie ent­behrt: Die Über­neh­mer wer­den selbst über­nom­men. Die Revo­lu­ti­on frisst ihre Kin­der.

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Mitt­woch, 13. März. Sport­Scheck ist geret­tet. Nach­dem die Insol­venz den Deal mit Fraser/Sports Direct plat­zen ließ, greift nun Cis­al­fa zu. Das hat eine gewis­se Logik. Der ita­lie­ni­sche Sport­fi­lia­list hat im ver­gan­ge­nen Novem­ber bereits die 50 Vos­win­kel-Filia­len von der Inter­sport über­nom­men. In Heil­bronn wird man heil­froh dar­über sein, dass Sport­Scheck nun höchst­wahr­schein­lich in der Fami­lie bleibt. Die Fra­ge ist, ob die Ita­lie­ner lang­fris­tig zwei Ket­ten in Deutsch­land betrei­ben wer­den, oder ob nicht doch über kurz oder lang eine Fusi­on ansteht.

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Don­ners­tag, 14. März. Wäh­rend der Mode­han­del in Deutsch­land eine Insol­venz nach der ande­ren ver­zeich­net, mel­det Indi­tex ehr­furcht­ge­bie­ten­de Ergeb­nis­se: Der Umsatz wuchs 2023 um gut 10 Pro­zent auf bald 36 Mil­li­ar­den Euro. Wich­ti­ger noch: das EBITDA stieg über­pro­por­tio­nal um mehr als 13 Pro­zent auf fast 10 Mil­li­ar­den. Die Spa­ni­er ver­die­nen inzwi­schen bot­tom­li­ne mehr als die größ­ten Mode­händ­ler in Deutsch­land topli­ne umset­zen: 5,4 Mil­li­ar­den. Selbst online ver­kauft Indi­tex mit 9,1 Mrd. Euro mitt­ler­wei­le fast so viel Zalan­do (10,1 Mrd. Euro), und vor allem wächst der E‑Com der Spa­ni­er rasant, im Unter­schied zu den Ber­li­nern. Man hat die Kos­ten im Griff behal­ten und die Prei­se erhö­hen kön­nen. Und das alles, wo doch Kri­se ist.

Natür­lich wis­sen wir nicht, wie es Indi­tex in Deutsch­land geht. Den­noch bleibt die Fra­ge, war­um hier­zu­lan­de nie­mand so ein fan­tas­ti­sches Geschäfts­mo­dell ent­wi­ckeln konn­te.

Wie zum Hohn wid­met die TW den Trend­the­men der Ver­ti­ka­len in der aktu­el­len Aus­ga­be immer­hin acht Sei­ten. Frü­her waren die­se Ver­ti­ka­len mal die Kopis­ten.