Berlin wird es zeigen: Wir haben eine knüppelharte Orderrunde vor uns! Denn der Handel hat den miesesten Herbst seit Jahren hinter sich. September und Oktober waren ein Totalausfall. Und da wird üblicherweise das Geld verdient. Das Weihnachtsgeschäft im November und Dezember fiel ebenfalls weitgehend aus. Entsprechend angespannt ist vielerorts die Liquidität. Erste Opfer hat das bereits gefordert. Natürlich spielte das Wetter eine große Rolle. Aber das ist grundsätzlich immer nur so schlecht wie die Saisonplanung des Einzelhandels daneben ist. Auch die Negativ-Nachrichten – Isis, Ukraine, Ebola, Regierungswechsel in Thüringen – waren nicht stimmungsförderlich.
Zu alledem mehren sich die Anzeichen eines wirtschaftlichen Abschwungs. Zumindest herrscht Nervosität. Die Finanzkrise ist noch lange nicht bewältigt – Stichwort Grexit. Noch profitieren wir von der seit Jahren anhaltenden deutschen Sonderkonjunktur. Beschäftigungshöchststand und Niedrigzinsen haben uns nicht zuletzt ein außergewöhnlich gutes Konsumklima beschert. Für 2014 meldet der HDE für den Einzelhandel insgesamt per Ende November ein solides Plus von 1,7 Prozent.
Es ist nicht so, dass das Modebusiness von den positiven Rahmenbedingungen besonders profitiert hätte. Die TW meldete für 2014 das dritte Minus-Jahr in Folge. Textilien stehen nicht im Fokus des Kundeninteresses. Der Preisverfall ist Symptom und Folge zugleich. Gerade mal 1,8% ihres verfügbaren Einkommens geben die Verbraucher nach gerade veröffentlichten GfK-Zahlen für Bekleidung aus. Im Jahr 2000 war die Quote noch doppelt so hoch. Der Markt ist gesättigt, Wachstum läuft über Verdrängung. Der Wettbewerb nimmt weiter zu. Der Zustrom internationaler Filialisten hält an. Primark und andere expandieren unbeeindruckt vom Klagelied der Konkurrenz. Große Brands investieren das Geld ihrer Investoren und Aktionäre in eigene Läden. Das Verkaufsflächenwachstum hat sich verlangsamt, aber es findet immer noch statt. Das Internet jagt dem stationären Handel zunehmend Marktanteile ab. Amazon meldete fürs Weihnachtsgeschäft 20 Prozent mehr Bestellungen. Schönen Gruß an Verdi! Das Medium sorgt für massive Veränderungen des Kundenverhaltens, deren Tragweite heute noch niemand wirklich einschätzen kann. Der Strukturwandel – die Konzentration, die Vertikalisierung, die Digitalisierung – geht weiter. Das alles stellt die Unternehmen vor extreme Herausforderungen. Der Veränderungsdruck wird zunehmen, wenn die Konjunktur sich eines Tages dreht.
Aber auch bei Gegenwind kann man segeln. Wenn der Gesamtmarkt leidet, heißt das noch lange nicht, dass individueller Erfolg nicht möglich ist. Dafür gibt es Beispiele überall in der Branche, nicht nur bei den Vertikalen oder im Internet. Über die Onlineshops, die wieder vom Netz gehen, schreibt ja keiner.
Es ist eine Binse und dennoch richtig: Statt auf die Gesamtkonjunktur zu setzen, gilt es, an der eigenen Firmenkonjunktur zu arbeiten. Natürlich braucht es dazu ein klares Konzept, das einen vom Wettbewerb unterscheidet. Zweitens konkurrenzfähige Kostenstrukturen, die trotz allem ein rentables Wirtschaften ermöglichen. Drittens finanzielle Reserven, die einem auch in Minus-Jahren notwendige Investitionen erlauben. Und schließlich ein kreatives Marketing, das Nachfrage stimuliert und das Profil schärft. Der Preis allein kann es nicht sein.
Klar ist: Das Geschäft wird noch anspruchsvoller, Fehler schneller und härter bestraft. Umso entscheidender ist es, gut informiert zu sein. Um die richtigen Schlüsse ziehen zu können. Die Erfolgreichen lassen keine Gelegenheit aus, den Markt zu erkunden und Chancen auszuloten. Auch das wird Berlin zeigen.
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