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Luxus-Deals: Ausverkauf in Italien

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Jürgen Müller

Nach Corona teilt sich der Luxusmarkt mehr denn je in Jäger und Gejagte. Auf der einen Seite die Global Player, die mit dem längst wiedererstarkten China-Business auf den alten Wachstumspfad zurückgekehrt sind und sich anschicken, die Scharte von 2020 schon in diesem Jahr und damit schneller als erwartet auszubügeln. Die Börse honoriert das mit rasant steigenden Kursen: Kering +39%, LVMH +56%, Hermès +63%, Richemont +77% in den vergangenen zwölf Monaten.

Auf der anderen Seite sind da die kleineren, meist familiengeführten Player, die nach dem historischen Corona-Einbruch immer noch ihre Wunden lecken und nicht über die Reserven eines Konglomerats verfügen, um die künftigen Herausforderungen (Digitalisierung in Vertrieb und Kommunikation, Sustainability in der Supply Chain, China-Expansion etc. pp.) allein zu meistern. Besonders viele finden sich in Italien. Jüngstes Beispiel: Zegna, das sich jetzt über die New Yorker Börse refinanziert. Der Weg über einen SPAC wirkt für eine so stolze Marke irgendwie würdelos, bietet aber einen vergleichsweise einfachen und vor allem schnellen Zugang zu frischem Kapital. Immerhin behält die Familie Zegna die Kontrolle. Anders als die Etros, die die Mehrheit an ihrem Unternehmen nach 55 Jahren an LVMHs Investmenttochter L Catterton abgeben. Überhaupt ist Bernard Arnault zurzeit besonders umtriebig. Der Firmenjäger hat Witterung aufgenommen. Im Juni stockte LVMH seine Anteile an Pucci auf 100% auf. Diese Woche sicherte sich der Konzern die Kontrolle über Off-White (und bindet Virgil Abloh ähnlich wie Phoebe Philo näher an sich; nicht dass noch ein Emporkömmling wie Kering LVMH seine Ausnahmetalente abspenstig macht). Off-White wurde übrigens von der italienischen New Guards Group groß gemacht und wird operativ von dort aus geführt; seit 2019 gehört die Firma dem britischen Online-Marktplatzbetreiber Farfetch.

Natürlich beginnt jetzt wieder das Wehklagen der Italiener über den Ausverkauf ihrer traditionsreichen Modeindustrie an internationale Multis und das Unvermögen, es insbesondere den Franzosen gleichzutun. Gucci, Versace, Fendi, Bottega Veneta, Sergio Rossi, Loro Piana – allesamt vom Ausland kontrolliert. Lediglich Diesel-Gründer Renzo Rosso hat mit seiner OTB Holding eine Gruppe aus Nischen-Brands aufbauen können, zu der seit kurzem auch Jil Sander gehört. Pradas Versuch, in den Nullerjahren mit dem Zukauf von Jil Sander einen Konzern aufzubauen, war seinerzeit gnadenlos gescheitert. Die Valentino Fashion Group wurde 2012 aufgelöst. Und ein Stone Island macht aus Moncler noch keinen Konzern.

Und so träumen die Italiener weiter von einem nationalen Champion à la LVMH. Ein paar attraktive Targets würde der Markt schon noch hergeben: Dolce & Gabbana (das zuletzt mit Kering in Verbindung gebracht wurde), Brunello Cucinelli (börsennotiert), Ferragamo, Tod‘s und natürlich Armani, wo der 87jährige Gründer Gerüchten zufolge mit der Agnelli-Familie verhandelt. Deren Beteiligungsgesellschaft Exor hat mit Louboutin und Shang Xia bereits zwei Luxus-Pferde im Stall.

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Und sonst?

…zeigt Jeff Bezos, wie schnell ein PR-Coup auch nach hinten losgehen kann. Nach seinem geglückten Weltraum-Ausflug bedankte er sich bei den Kunden und Mitarbeitern von Amazon, „denn Ihr habt das alles bezahlt.“ Angesichts von Naturkatastrophen und Umweltprobleme wären uns allerdings sinnvollere Verwendungszwecke für unser Geld eingefallen, Jeff!