Sonntag, 17. Oktober. War früher alles besser? Ende des19. Jahrhunderts hatten Läden in Deutschland in der Regel an sieben Tagen der Woche zwischen 5 und 23 Uhr geöffnet. Diese Zeiten sind lange vorbei. Das erste Ladenschlussgesetz trat am 1. Oktober 1900 in Kraft, seit 1919 gilt die Sonntagsruhe. So sind wir heute an diesem Tag nicht nur gezwungen, unseren Konsum online zu befriedigen, sondern haben überdies Zeit, das Interview mit Breuninger-CEO Holger Blecker in der Welt am Sonntag zu lesen. Der natürlich für eine weitere Liberalisierung der Öffnungszeiten eintritt. „Wir müssen die Geschäfte aufmachen dürfen, wenn die Kunden es verlangen, und die Sonntagsöffnung zählt für die meisten dazu.“
Dabei kann gerade Breuninger auch mit der derzeitigen Regelung sehr gut leben. Als einer der wenigen stationären Player hat die Stuttgarter Department Store-Gruppe ein florierendes Online-Business aufgebaut. Das ist zuletzt um 50% gewachsen und soll dieses Jahr 700 Millionen Euro Umsatz einbringen. Bis in vier Jahren rechnet Blecker mit 1,5 Online-Milliarden. Die Verkaufshäuser werden dann voraussichtlich nur noch gut ein Viertel zum Breuninger-Umsatz beitragen. Das ist mal eine gelungene digitale Transformation.
Für die Konkurrenz, die mit dem Digitalen immer noch fremdelt, hat Holger Blecker zugleich eine tröstliche Botschaft: „Gut aufgestellte Händler, die ihre Kunden sehr gut kennen, werden weiter Erfolg haben, das ist keine Frage der Größe.“
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Montag, 18. Oktober. Auf der anderen Seite des Kanals, in Großbritannien, kaufen Investoren aus dem Mittleren Osten nicht nur Fußballvereine, sondern auch Kaufhäuser. So soll der Staatsfonds von Katar an Selfridges interessiert sein. Die Eigentümerfamilie ist nach dem Tod des Firmenpatriarchen Galen Weston angeblich verkaufswillig. Für die Kataris ergibt sich die Chance, die großartigen Selfridges-Stores in Birmingham und Manchester und insbesondere das Flagship an der Londoner Oxford Street ihrer Sammlung von Kaufhaus-Ikonen beizufügen. Zu der gehört neben Harrods auch das Pariser Nobelhaus Printemps. Neue Konkurrenz für die thailändische Central Group, die in den vergangenen Jahren munter europäische Warenhausunternehmen aufgekauft hat, darunter La Rinascente in Italien, Globus in der Schweiz sowie die deutsche KadeWe Group. Irgendwie scheint Größe für manchen doch ein Wert an sich.
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Dienstag, 19. Oktober. Kering verkündet ein tolles Umsatzwachstum, aber alle reiten auf Gucci herum. Die Marke, die für über die Hälfte des Konzernumsatzes steht, legte in Q3 nur noch um 3,8% zu. Der einstige Shooting Star geht den Weg aller angesagten Modemarken. Dass aus einem hype-getriebenen exponentiellen Wachstum früher oder später ein degressives Wachstum wird, hat nicht nur mathematische Ursachen. Der Tag wird kommen, wo Gucci ein Minuswachstum melden (ergo: schrumpfen) wird.
Im Ranking der Modesuchmaschine Lyst ist die Marke nach langer Zeit gerade auf Platz 2 zurückgefallen (hinter Aufsteiger Balenciaga). In der Münchner Maximilianstraße bilden sich zwar nach wie vor regelmäßig Schlangen vor dem Gucci-Laden. Das liegt aber auch daran, dass die Storemitarbeiter keinen reinlassen. Sowas kennt man in München ja früher vom P1. Dessen goldene Zeit ist auch lange vorbei. Mal sehen ob der Gucci-Film mit Lady Gaga, der am 24. November in die Kinos kommt, den Hype wieder ein wenig anfachen kann. Auch die Aktivitäten zum 100. Jubiläum werden sich womöglich auszahlen.
Es würde dennoch nicht verwundern, wenn Kering-Chef Francois-Henri Pinault im stillen Kämmerlein nicht schon manchmal über potenziellen Ersatz für Kreativchef Alessandro Michele nachgedacht hat.
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Übernahmegerüchte gibt es nicht nur bei den Department Stores, sondern auch bei den Online Stores. Farfetch soll an YNAP interessiert sein. Der aktuelle Eigentümer Richemont soll mit Yoox und Net a porter nicht glücklich sein, wofür auch die zahlreichen Managementwechsel bei den fusionierten Luxury Playern sprechen. Dass Richemont und Alibaba mit Farfetch in China gemeinsame Sache machen und YNAP außen vor blieb, hatte im vergangenen Jahr bereits Spekulationen genährt, dass dies nur die Ouvertüre zu einem größeren Deal ist.
Aus Sicht von Farfetch wäre es ein smarter Move. Mit einem GMV von zusammen rund 5 Milliarden Euro entstünde der mit Abstand dominanteste Player im globalen Luxus-Onlinehandel, der alle Geschäftsmodelle unter einem Dach vereint – angefangen beim klassischen, kuratierten Multílabel-Business (Net a Porter, Mr. Porter), über Marketplace (Farfetch) bis hin zum Offprice-Geschäft (Yoox). An so einem Riesen kämen selbst Luxury-Konzerne wie Kering und LVMH, die das Geschäft auch online am liebsten ausschließlich selbst machen würden, nicht vorbei.
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Mittwoch, 20. Oktober. Die jährlich vom EHI publizierte Liste der umsatzstärksten Onlineshops in Deutschland führt erneut Amazon an. Der US-Riese ist hierzulande mit 13,8 Milliarden Euro dreimal größer als die Nummer 2 (Otto). Platz 1 bei den Bekleidungsanbietern belegt Zalando vor H&M und Bonprix.
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Donnerstag, 21. Oktober. Anlässlich der gestern gestarteten Frankfurter Buchmesse diskutiert die Branche über Lieferengpässe beim Papier. Ein Grund ist, dass die Papierproduzenten die steigende Nachfrage nach Verpackungsmaterial im Zuge des extremen Online Shopping-Wachstums bedienen müssen. Letztes Jahr das Klopapier, dieses Jahr Kartons – für Inhalte bleibt offenbar immer weniger übrig. Gottseidank gibt es ja noch Kindle und Tolino.