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Im Einkauf liegt der Segen?

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Jür­gen Mül­ler

Mon­tag, 23. Sep­tem­ber. Was bleibt von Mai­land?

Da sind die Bil­der von den Men­schen­men­gen vor Guc­ci und Dol­ce & Gab­ba­na. Die­se wur­den am Wochen­en­de nur noch vom Mas­sen­an­sturm auf dem Okto­ber­fest über­trof­fen. Fehl­te nur noch, dass in Mai­land einer „G’näht is!“ ruft.

Da war Madon­na, die voll­ver­schlei­ert in der Front Row bei Dol­ce & Gab­ba­na aus­sah, als besuch­te sie eine sizi­lia­ni­sche Toten­mes­se. Spä­tes­tens bei den Begrü­ßungs­küss­chen von Dome­ni­co und Ste­fa­no konn­te man sicher sein: Madon­na lebt.

Und da war der mas­kier­te Phil­ipp Plein beim Ope­ning-Event sei­nes Plein-Hotels, das kurio­ser­wei­se trotz­dem noch nicht eröff­net ist. Der “King of Bling ent­wi­ckelt sich nicht nur sti­lis­tisch, son­dern auch mit sei­nen ver­ba­len Super­la­ti­ven immer mehr zu einer Art Donald Trump der Mode.

Und sonst?

Haben wir in Mai­land womög­lich das Ende der Mode­ge­schich­te erreicht und sind nun dazu ver­dammt, die Ver­gan­gen­heit end­los zu recy­clen. So sieht das jeden­falls Ange­lo Flac­ca­ven­to in BoF. Vie­les habe aus­ge­se­hen, als hät­ten die Desi­gner einen Kata­log mit den bes­ten und schlech­tes­ten Ent­wür­fen des letz­ten Jahr­hun­derts durch­pro­biert und will­kür­lich Tei­le aus­ge­sucht, so Flac­ca­ven­to. “Kei­ne Ori­gi­na­li­tät, kei­ne Risi­ko­be­reit­schaft”, was womög­lich auch mit der aktu­el­len wirt­schaft­li­chen Lage der Luxus­in­dus­trie zusam­men­hängt. “Die ita­lie­ni­sche Mode hat ihre Iden­ti­tät ver­lo­ren und braucht eine ent­schlos­se­ne­re krea­ti­ve Klas­se.“

Der ent­schlos­sens­te Ita­lie­ner zeigt indes lie­ber in Paris. Am Sonn­tag debü­tiert Ales­san­dro Miche­le für Valen­ti­no. Müs­sen wir mit einer Art Guc­ci 2.0 rech­nen? Nein. Denn Ales­san­dro Miche­le hat auch bei Guc­ci stets bloß Ales­san­dro Miche­le gemacht.

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Diens­tag, 24. Sep­tem­ber. Der Ein­kauf wird bei Gale­ria jetzt Teil des Mar­ke­tings, mel­det die TW. Der bis­he­ri­ge Ein­kaufs­chef Edo Beu­ke­ma zieht sich zurück, neue Chief Com­mer­cial Offi­ce­rin wird Ale­xa Deters, die zudem Mar­ke­ting, CRM und Social Media ver­ant­wor­tet. Auf den ers­ten Blick ist das eine kurio­se Per­so­na­lie, denn neben dem CEO war die Posi­ti­on des Chef-Ein­käu­fers in der obers­ten Hee­res­lei­tung der Waren­haus­kon­zer­ne seit jeher gesetzt. Die Top-Ein­käu­fer aus Essen und Köln gehör­ten mit ihren gro­ßen Bud­gets über Jahr­zehn­te zu den wich­tigs­ten Akteu­ren in der Bran­che.

Was nun als stra­te­gi­scher Move ver­kauft wird, kann natür­lich auch mit der per­so­nel­len Kon­stel­la­ti­on und den Spar­zwän­gen bei Gale­ria zusam­men­hän­gen. Wer Flä­chen­ver­mie­tun­gen, Con­ces­si­ons und Depot­ver­ein­ba­run­gen aus­baut, inves­tiert ja nicht in eine schär­fe­re Ziel­grup­pen­aus­rich­tung oder in die Attrak­ti­vi­tät der Flä­chen. Son­dern mini­miert in ers­ter Linie den Kapi­tal­ein­satz.

Ande­rer­seits ist es ein inter­es­san­tes Signal. Die meis­ten gro­ßen Han­dels­be­trie­be sind tra­di­tio­nell ein­kaufs­ge­steu­er­te Ver­an­stal­tun­gen. “Im Ein­kauf liegt der Segen”, die­sen Spruch haben Gene­ra­tio­nen von Han­dels­ma­na­gern ver­in­ner­licht. Gleich­zei­tig reden sie auf Kon­gres­sen davon, dass im Fokus allen Tuns und Han­delns natür­lich der Kun­de ste­he. Das muss kein Wider­spruch sein, ist es in der Pra­xis aller­dings viel zu oft. Schon lan­ge gilt: Mehr als Grö­ße im Ein­kauf ist die Nähe zum Kun­den erfolgs­ent­schei­dend. Je grö­ßer ein Unter­neh­men ist, des­to mehr ist dies eine Fra­ge von effi­zi­en­ten Pro­zes­sen. Die­se müs­sen von den Kun­den­be­dürf­nis­sen aus­ge­hen und nicht von den Lie­fe­ran­ten­be­zie­hun­gen.

Da sich die Ein­kaufs­macht von Gale­ria nach den diver­sen Insol­ven­zen und Schrumpf­ku­ren ziem­lich rela­ti­viert hat, besinnt man sich nun womög­lich auf den Ver­kauf und stärkt das Loka­le. Ob das mit einem Ange­bot funk­tio­niert, das mit hoher Wahr­schein­lich­keit nicht aus einem Guss bestehen wird?

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Mitt­woch, 25. Sep­tem­ber. Das Markt­platz­ge­schäft, das die Onli­ner aus ganz ähn­li­chen Grün­den wie die Waren­häu­ser for­cie­ren und das wäh­rend der Coro­na-Kri­se auch vie­len sta­tio­nä­ren Han­dels­part­nern den Hin­tern geret­tet hat, scheint fest­zu­ste­cken. Gleich drei Nach­rich­ten las­sen die­se Woche auf­hor­chen:

Zalan­do ver­eint ab sofort alle sei­ne Part­ner­ak­ti­vi­tä­ten – Who­le­sa­le, Part­ner­pro­gramm, Con­nec­ted Retail, Mar­ke­ting- und Logis­tik­dienst­leis­tun­gen – unter „Zalan­do-Part­ners“. Zunächst mal bringt man das alles auf eine Web­site, wel­che inhalt­li­chen Ver­än­de­run­gen anste­hen, ist noch nicht klar. Aber ganz offen­sicht­lich scheint man in Ber­lin Hand­lungs­be­darf im Part­ner-Busi­ness gese­hen zu haben.

Bei Otto haben 1178 Markt­platz­part­ner gekün­digt, nach­dem der Kon­zern die Gebüh­ren erhöht hat, schreibt das Han­dels­blatt. Die Ham­bur­ger hat­ten die Pro­vi­si­ons­an­pas­sun­gen im Som­mer damit begrün­det, dass man bewusst einen stär­ke­ren Anreiz für Sor­ti­men­te set­zen wol­le, die qua­li­ta­tiv hoch­wer­tig sei­en und nach­hal­ti­ge Kri­te­ri­en erfüll­ten. Bei Otto bestä­tigt man gegen­über der TW die Kün­di­gun­gen: Es habe in die­sem Jahr ins­ge­samt 1423 Abgän­ge gege­ben, im glei­chen Zeit­raum sei­en aber auch 1303 neue Part­ner­schaf­ten abge­schlos­sen wor­den.

Mög­li­cher­wei­se schaut man in Ber­lin und Ham­burg nei­disch nach Seat­tle. Ama­zon hat, wie in Exci­ting Com­mer­ce zu lesen ist, zuletzt tau­sen­den Lie­fe­ran­ten gekün­digt, um sie auf den Markt­platz zu zwin­gen, der inzwi­schen weit mehr als die Hälf­te des GMV aus­macht: „Mit Wir­kung vom 9. Novem­ber 2024 wird unse­re Lie­fe­ran­ten­be­zie­hung been­det wer­den. Wir wer­den nach die­sem Datum kei­ne neu­en Ver­trä­ge abschlie­ßen oder bestehen­de Ver­trä­ge ver­län­gern”, so die knap­pe Mit­tei­lung. “Wenn Sie Ihre Pro­duk­te wei­ter­hin auf Ama­zon ver­kau­fen möch­ten, laden wir Sie ein, Ihre Arti­kel als unab­hän­gi­ger Ver­käu­fer ein­zu­stel­len.“

Im Ein­kauf liegt der Segen? Bei Ama­zon lie­gen die Prio­ri­tä­ten offen­sicht­lich woan­ders.